Finaler Entscheid zur Einbahnstraße in Werther startet mit Donnerschlag

Werther. Viele hatten vor der Sitzung prophezeit, dass es ungemütlich werden würde, und genau das wird es: Die finale Entscheidung, ob die Einbahnstraße bleibt oder nicht, wird zum Showdown der verschiedenen Lager. Unversöhnlich stehen sie sich gegenüber und schenken sich in diversen Fraktionserklärungen nichts. Von "Desaster" ist da die Rede, von "Kindergarten", von "störrischem Beharren" und von einem "Beton-Block aus SPD, UWG und Grünen". Am Ende muss eine geheime Abstimmung die Entscheidung bringen. Hatten die Einbahnstraßengegner zu diesem Zeitpunkt noch gehofft, sie könnten damit mögliche Wackelkandidaten auf ihre Seite ziehen, werden sie enttäuscht: Die Einbahnstraßenbefürworter stehen wie eine Bank, der Verkehrsversuch wird zur Dauerlösung. Es ist kurz nach 18 Uhr am Donnerstagabend, eine angespannte Stille liegt über dem Ratssaal. Noch bevor Bürgermeister Veith Lemmen überhaupt in die Tagesordnung einsteigen kann, stellt Jürgen Schäfer (WDGA) einen Antrag zur Geschäftsordnung. Mit der Forderung, die Einbahnstraßendiskussion sofort von der Tagesordnung zu streichen. Wie bitte? Man hätte eine Stecknadel fallen hören, als er seinen Vorstoß begründet. In der verkürzten Fassung liest sich das so: Der Antrag von SPD, UWG und Grünen auf Verstetigung der Einbahnstraße sei dem Bürgermeister nicht fristgerecht 14 Tage, sondern erst 13 Tage vor der Sitzung zugegangen. Das sei laut Geschäftsordnung nicht zulässig. Am Posteingangsstempel, datiert auf den 1. September und wie eine Behördenurkunde zu bewerten, gebe es keinen Zweifel. Weshalb, so Schäfer, der Bürgermeister den Punkt unverzüglich von der Tagesordnung zu nehmen habe. Sollte er dies nicht tun, behalte sich die WDGA das Recht auf Akteneinsicht und eine Klärung durch die Kommunalaufsicht vor. Raunen im Ratssaal - was sagt der Bürgermeister? Raunen im Ratssaal. Diesen Schachzug hat niemand erwartet. Was sagt der Bürgermeister? Der bleibt gelassen und erwidert, die Anschuldigungen entbehrten jeder Grundlage. Der Antrag sei fristgerecht per Mail bei ihm eingegangen. "Übrigens haben auch Sie schon Anträge auf anderem Weg als per Post an uns geschickt", kontert Lemmen. Falls die WDGA den Punkt gestrichen haben wolle, könne sie ja einen Antrag stellen. Und sie könne auch gern die Kommunalaufsicht einschalten. Damit ist das Thema vom Tisch und die eigentliche Debatte eröffnet. Die beginnt mit einer Fraktionserklärung der SPD. Georg Hartl verweist auf die anfänglichen Schwierigkeiten der Einbahnstraße, auf den Schilderklau und die Farbschmierereien. Doch er betont, dass lediglich der Widerstand von Werbegemeinschaft, WDGA und Freien geblieben sei. "Sie haben dem Versuch nie eine Chance gegeben", beklagt er. Dabei habe schon die erste Verkehrsuntersuchung gezeigt, dass das Sicherheitsgefühl bei Radfahrern und Fußgängern deutlich gestiegen ist. Auch die Anwohner hätten sich positiv geäußert. Und zu sagen, die beiden Umfragen bildeten eine Mehrheitsmeinung ab, sei bei 11.200 Einwohnern schlicht falsch. "Nein, wir haben uns nicht leichtfertig über den Bürgerwillen hinweggesetzt", betont Hartl. "Leitschnur unserer Entscheidung waren die schwächeren Verkehrsteilnehmer. Letztlich mussten wir Sicherheitsgefühl und Aufenthaltsqualität gegen die Bequemlichkeit der Autofahrer abwägen." "Helm auf, ducken und ab durch die Mitte!" "Wir stehen zu unserer Entscheidung", pflichtet Thorsten Schmolke (Grüne) bei. Man habe sich mit kaum einem anderen Thema so intensiv auseinandergesetzt wie mit diesem. Die ganzen Streitigkeiten darüber seien ihm zuwider. "So kann man nicht miteinander umgehen!" Auch Uwe Gehring hält sich kurz, man müsse heute Abend entscheiden, sonst werde der Kreis Gütersloh die Schilder wieder abschrauben. Er bemängelt allerdings die Infoarbeit des Rathauses und bezeichnet sie als "schlecht". Die Gegner der Einbahnstraße kontern. Ralf Eckelmann (CDU) nennt die Haltung der Antragsteller "störrisch, ignorant, sogar arrogant gegenüber den Bürgern von Werther" und spricht von einem "Hohn für alle, die sich an den Umfragen beteiligt haben". Der Verkehr habe sich nur verlagert, Verlierer sei neben den Anliegern von Bahnhofstraße und Tiefenstraße aber auch das Klima. Eckelmann rechnet vor, dass durch die ganzen Umfahrungen mindestens 15 Tonnen CO2 im Jahr mehr emittiert würden als bisher. "Und alternative Lösungsvorschläge wurden abgewatscht. Wie wollen die Antragsteller den Verlierern des Entscheids gegenübertreten?" Eckelmann kennt die Antwort: "Helm auf, ducken und ab durch die Mitte!" Gegner der Einbahnstraße kontern mit bissigen Worten Bissig auch die Worte von Jürgen Schäfer (WDGA): Die Antragsteller würden von Klimaschutz reden, aber für Umwege sorgen, hätten sich für Ziele wie Verkehrsreduzierung oder Aufenthaltsqualität das völlig falsche Projekt ausgesucht, könnten die Bürgermeinung nicht akzeptieren und würden sogar noch überheblich sagen, die Leute würden sich schon daran gewöhnen. Auch die Freien beklagen die Art des Umgangs mit der Bevölkerung. Jan-Holm Sussieck erklärt: "Da nehmen Bürger an einer offiziellen Befragung teil und werden dann von einer voreingenommenen und verbohrten Ratsmehrheit für belanglos erklärt. Es gehört einiges dazu, sich bei zwei dermaßen eindeutigen Umfragen die Ergebnisse schönzurechnen." Man könne sich glücklich schätzen, dass die Protestpartei in Werther das Profil der WDGA hat. "Denn der Frust, den es erzeugt, wenn Politiker glauben, in Fragen wie dieser über höhere Einsichten als die Bevölkerung zu verfügen, ist absehbar", hofft Sussieck, dass nicht irgendwann Rechtsradikale in Werther Mandate gewinnen. Und dann kommt, was sich bereits im Vorfeld angedeutet hat: Die WDGA beantragt geheime Abstimmung. Namentlich werden die Ratsmitglieder aufgerufen, und als alles vorbei ist, machen sich Olaf Wöhrmann (UWG) und Hannes Dicke-Wentrup (Freie) - absichtlich zwei Vertreter der verschiedenen Lager - an die Auszählung. Das Ergebnis ist eindeutig, Wackler gibt es keine: 18 Vertreter von SPD, UWG und Grünen stimmen für den Erhalt der Einbahnstraße, sieben stimmen dagegen, es gibt eine Enthaltung. Verwaltung würde bei einem Bürgerbegehren Hilfestellung geben Kein gutes Ende für die Werbegemeinschaft, die mit mehreren Vertretern der Sitzung beiwohnt. Ein versöhnliches Angebot kommt vom Bürgermeister. Er verspricht, dass die Verwaltung der Kaufmannschaft "mit Rat und Tat" zur Seite stehen werde, sollte sie nun tatsächlich ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen. Was ein solches Verfahren kosten würde, kann er an diesem Abend nicht sagen.

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