Marderhund, Schildkröte und Co.: Welche Exoten im Altkreis Halle leben

Steinhagen. Aufregend - im positiven Sinne - ist es für Passanten, wenn sie eine Schildkröte durch den Steinhagener Bürgerpark oder die Versmolder Hessel schwimmen sehen, wenn ein Mandarin-Erpel Werthers Entenpopulation aufmischt oder wenn possierliche Nutrias und Waschbären auf den Straßen und in den Gärten des Altkreises auf Nahrungssuche gehen. Für den Biologen sind dieses Exoten ebenso spannend, allerdings auch nicht unproblematisch. Bernhard Walter von der Biologischen Station Gütersloh/Bielefeld erläutert, welche Arten Schaden anrichten, welche harmlos sind und wie man mit ihnen umgehen sollte. Farbenfroher Gast: Die Mandarin-Ente "Mandarin-Enten haben wir schon seit mehr als zehn Jahren, zum Beispiel im Versmolder Bruch", weiß Bernhard Walter. Allerdings hätten sie sich dort nicht groß ausgebreitet. "Sie haben offenbar nicht das Potenziel dazu. Mittlerweile sind sie fast verschwunden." Auch in Parks, Schlossgräften und ähnlichen Gewässern seien die aus Ostasien importierten Vögel häufiger zu finden. "Aber sie sind keine große Gefahr", so Walter. Wie fast alle "Neozoen" handele es sich dabei um vorsätzlich oder aus Versehen aus Gefangenschaft entlassene Tiere. "Fast alle exotischen Arten hierzulande gehen auf Flüchtlinge zurück." Problematisch werde das immer dann, wenn die neuen Arten einheimische verdrängten oder die Umwelt erheblich beeinflussten. Überraschung im Park: Die Schildkröte "Die amerikanischen Schildkröten kommen mit dem Klima hier klar", sagt der Biologe. "Aber sie können sich nicht vermehren." Die Bio-Station habe sich schon mit der Frage beschäftigt, woran das liegt, habe aber keine Antwort gefunden. "Aber ich habe hier noch nie eine wilde Jungschildkröte gesehen", sagt Walter. Wer eine sehe, solle ihn bitte anrufen. "Man findet sie aber auch so im größeren Stil. Es gibt mittlerweile sehr viele Teiche mit Schildkröten", sagt Berhard Walter. Einzeln, zum Teil auch zu mehreren würden die kleinen Schildkröten heimische Parks besiedeln. "Und sie können sehr alt werden." Opportunistischer Nachbar: Der Waschbär "Das Problem ist, dass der Waschbär ein opportunistischer Nahrungssucher ist. Von Kirsche bis Kröte frisst der alles", sagt der Chef der Bio-Station. "Das kann Arten schon erheblich dezimieren." Teilweise sei der Waschbär im Kreis schon stark vertreten, so zum Beispiel im Versmolder Bruch oder auf den Hörster Feuchtwiesen. Schwierig sei, dass Waschbären sehr vielseitige Beutegreifer seien. Amphibien würden gefressen, aber auch Vogelnester ausgeräubert. "Seltene Arten wie der Wespenbussard oder der Baumfalke verlieren Gelege, das sehen wir nicht gerne", so Walter. "Der Waschbär kommt überall hin, ist sehr intelligent und kann mit seinen Händen vieles aufmachen - der ist schon sehr flexibel." Er sei auch schon in den Siedlungen gesehen worden, wo er zum Beispiel Katzenfutter von Terrassen oder Balkonen räubere. "So einen Beutegreifer gab es hier vorher einfach nicht." Possierlich oder ekelig? Das Nutria "Nutrias sind sehr verbreitet", sagt Bernhard Walter. Dabei gebe es immer mal wieder Populationshöhepunkte, die in strengen Wintern wieder zusammenbrechen, wie die Erfahrung zeige. Mit deutlichen Minustemperaturen komme die sogenannte "Biberratte" aus Südamerika nicht zurecht. In der Landwirtschaft ist das Nutria sehr unbeliebt, weil es Uferböschungen zum Einsturz bringt und auch schon mal Schäden in Maisfelder anrichtet. Heimische Arten verdrängt es aber nicht. Es gebe aber schon Fälle, in denen Nutrias zum Beispiel Röhrichtbestände schwer geschädigt hätten, weiß der Experte. Familientreffen in Europa: Die Kanada- und die Nilgans "Es gibt ja eigentlich keine heimische Gans", weiß Ornithologe Walter. Blessgänse, Graugänse und Co. seien Wandervögel. Die Hausgans wiederum stammt von der Graugans ab. Eindeutige "Neozoen" seien aber Kanada- und Nilgans, die ihre Herkunft schon im Namen tragen. "Die haben sich schon relativ stark im Kreis ausgebreitet", sagt Walter. Die Kanadagans käme zum Beispiel aus Parkanlagen und verbreite sich in der Natur. Wenn Gänse Nester anderer Arten besetzen - und dafür gebe es genug Beispiele - wird das zum Problem für heimische Arten. "Die Kanadagans hat außerdem die Scheu verloren", sagt der Biologe aus Erfahrung. Das könne auch für Menschen unangenehm werden. Dazu komme, dass der Gänsekot nährstoffarme Biotope stark verändern könne. Heute seien beide Arten fest etabliert in der Gegend, das werde sich auch trotz Bejagung nicht mehr ändern. Aggressiver Neuzugang: Der Marderhund "Der Marderhund steht vor der Tür", sagt Walter. "Er sieht ähnlich aus wie der Waschbär, hat aber eine andere Biologie." Beide stammen aus der Ordnung der Hundeartigen, sind also zum Beispiel mit dem Wolf verwandt. "Aber der Marderhund ist nicht so ein Klettermaxe wie der Waschbär." Der Allesfresser sorge vor allem bei bodenbrütenden Vogelarten für Probleme. Davon gibt es auch im Altkreis einige, die zum Teil auf der Roten Liste der bedrohten Arten stehen. Ursprünglich aus China, Sibirien und Japan stammend, wurden die ersten Tiere vor Jahrzehnten in der Ukraine ausgesetzt. Mittlerweile sind sie in Deutschland angekommen.

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