Warum die Hausarztpraxen in Pium und Werther keine Schnelltests anbieten

Seit Montag besteht das Recht auf einen kostenlosen Corona-Schnelltest pro Woche. Die Kommunen müssen die Infrastruktur bereitstellen. Die Hausarztpraxen in Pium und Werther sind nicht dabei. Warum?

Probe und Testlösung werden zusammengebracht und dann auf einen Teststreifen gegeben. | © Tasja Klusmeyer

Claus Meyer
09.03.2021 | 09.03.2021, 12:30

Borgholzhausen/Werther. „Grau, teurer Freund, ist alle Theorie", lässt Johann Wolfgang von Goethe Mephistopheles zu Faust sagen. Weniger lyrisch kommt die gemeinsame Pressemitteilung der Borgholzhausener und Wertheraner Hausärzte und Hausärztinnen daher, die im Kern aber ebenfalls die Schere zwischen Praxis und Theorie thematisiert – und zwar bei den Corona-Schnelltests. In Abstimmung und weitestgehend wortgleich teilen die 13 Unterzeichner und Unterzeichnerinnen mit, dass in ihren Praxen „ab 8. März außerhalb von Reihentestungen beim Personal in Kitas und Schulen keine kostenlosen Schnelltests" angeboten werden.

Die Praxen begründen das damit, dass die personellen und zeitlichen Kapazitäten schon jetzt mit den Behandlungen und Vorsorgeuntersuchungen der Patienten sowie der Einhaltung der Hygienenotwendigkeiten ausgelastet seien. Die Praxen in Werther ergänzen zudem, dass sie durch die „Teilnahme an mobilen Impfteams in Heimen und Wohngruppen sowie Diensten in den Coronaimpfzentren" ausgelastet seien.

„Der Name „Schnelltest" suggeriert, dass es mal eben gemacht ist"

„Der Name „Schnelltest" suggeriert, dass es mal eben gemacht ist", sagt der Wertheraner Hausarzt Rolf Angermann, der mit Dr. Matthias Stratmann und Dr. Siemke Lüdorff das Team des Hausarztzentrums Werther bildet. In Wahrheit aber werde das Praxispersonal sehr gebunden, und es fehle die Kapazität, die Tests im großen Rahmen leisten zu können. „Wir haben ja die Erfahrung mit der Testung von Lehrern und Kita-Personal", erläutert Angermann. „Das nimmt Zeit in Anspruch." Zeit, die die Arztpraxen nicht hätten, denn: „Wir Allgemeinärzte sind gut damit ausgelastet, den normalen Versorgungsauftrag abzudecken", so Angermann.

 

Rolf Angermann sieht die Ärzte aktuell schon an der Kapazitätsgrenze. - © Ekkehard Hufendiek
Rolf Angermann sieht die Ärzte aktuell schon an der Kapazitätsgrenze. (© Ekkehard Hufendiek)

Zudem sei die Sachkostenerstattung strittig. Einen Preis von sechs Euro pro Test zugrundegelegt, könnten die Praxen bei einer großen Nachfrage nicht kostendeckend arbeiten. Aus Angermanns Sicht müssten Testzentren etabliert werden, wie sie es beispielsweise in Bielefeld von Organisationen oder privaten Anbietern gebe. Die Hausärzte in Borgholzhausen und Werther möchten laut Pressemitteilung „gerne die ganze Arbeitskraft dafür einsetzen, unseren Teil zur schnellen Beendigung der Pandemie beizutragen, und hoffen darauf, bald gegen Covid-19 in den Praxen impfen zu können".

Kritik an der Politik: Umsetzung wird erschwert

Kritik üben die heimischen Ärzte und Ärztinnen auch an der Politik, die mit den Rahmenbedingungen die unkomplizierte Umsetzung der Schnelltests erschwere. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laummann zeigte sich unlängst noch überzeugt, dass eine entsprechende Infrastruktur im Land schnell auf die Beine gestellt werden könne. Zusammen mit den Kommunen müsse man es regeln.

 

Fachbereichsleiter Ralf Vieweg könnte Räume zur Verfügung stellen. - © Andreas Großpietsch
Fachbereichsleiter Ralf Vieweg könnte Räume zur Verfügung stellen. (© Andreas Großpietsch)

Fachbereichsleiter Ralf Vieweg und sein Mitarbeiter Steffen Heidmann hatten im Borgholzhausener Rathaus am Montagvormittag die entsprechende Allgemeinverfügung des Landes auf dem Tisch. Im Austausch mit dem Kreis Gütersloh sollen jetzt innerhalb einer Woche Lösungen gefunden werden, wie die zugesagten Schnelltests in der Praxis organisiert und angeboten werden können, so Steffen Heidmann.

"Rund um die Uhr wird sicher nicht gehen"

Zu klären sind laut Ralf Vieweg dabei vor allem drei Dinge. Zunächst, wer testen könne. Hier sei Fachpersonal gefragt. Zweitens stelle sich die Frage nach den Räumen und drittens die nach der Zeit. „Rund um die Uhr wird sicher nicht gehen", sagt Vieweg. Zudem sei eine Woche „sportlich", um Testinfrastruktur zu konstruieren und zu installieren.

Räume könne Borgholzhausen anbieten, wenn eine dezentrale Testung vom Kreis gewollt sei. Vieweg und Heidmann wollen aber noch nicht verraten, welche das sein könnten. Rund um die möglichen Schnelltests seien ganz praktische Dinge zu klären, so Ralf Vieweg: Etwa, ob genug Platz sei, wenn sich Schlangen vor den Teststellen bildeten, oder ob genug Parkplätze zur Verfügung stünden.

„Noch ist nicht mal klar, ob und wie viele Teststellen in Betrieb gehen", teilt Kreis-Krisenstabsleiter Carsten Tannhäuser mit. In der vergangenen Woche habe der Kreis in der Krisenstabssitzung das Thema mit den Kommunen besprochen und Vorüberlegungen zum Testkonzept getroffen. Zurzeit laufe eine Abfrage bei den Kommunen. Neben einigen Apotheken solle es weitere Testangebote in den Kommunen geben.

Kreis Gütersloh: „Wir warten noch auf weitere Vorgaben des Landes"

Auch beim Kreis Gütersloh geht der Blick nach Düsseldorf. „Wir warten noch auf weitere Vorgaben des Landes", sagt Tannhäuser. Noch am Montag war eine Telefonkonferenz mit dem Land geplant. Danach könne man vermutlich weiterplanen. Wie das Borgholzhausener Rathaus sieht auch der Kreis Fragen der praktischen Umsetzung noch offen. Etwa, wie kontrolliert werden soll, „dass die Bürgerinnen und Bürger nur einmal die Woche das kostenlose Testangebot nutzen", so der Krisenstabsleiter.

Die SPD-Kreistagsfraktion möchte derweil die Corona-Bekämpfung viel offensiver und schneller angehen. Mit Bezug auf die oben zitierte Pressemitteilung des Kreises wollen die Sozialdemokraten in einer Anfrage an Landrat Sven-Georg Adenauer wissen, warum die Kreisverwaltung Gütersloh – anders als Bielefeld sowie die Kreise Herford und Minden-Lübbecke – nicht am 8. März mit den kostenlosen Schnelltests startete und warum es keine Absprache mit dem DRK gab, so wie im Kreis Coesfeld zu verfahren. Seit Montag gebe es hier an vier Standorten des Roten Kreuzes Anmeldungen zu kostenlosen „Bürgertests".