
Versmold/Warendorf. Die Jo.med MVZ GmbH mit Sitz in Warendorf hat am Mittwoch (26. Februar) beim zuständigen Amtsgericht in Münster einen Antrag auf ein Eigenverwaltungsverfahren gestellt. Das Gericht hat dem Antrag stattgegeben und die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet.
In den vergangenen Jahren hatte Jo.med seine Geschäftstätigkeit ausgeweitet und mehrere Praxen übernommen. Zwar konnte dadurch der Umsatz in den Jahren 2022 bis 2024 mehr als verdoppelt werden. Gleichzeitig führte die Expansion aber zu steigenden Kosten, sodass während der Zeit der Integration der neuen Praxen moderate Verluste erzielt wurden. Das berichtet Jo.med in einer entsprechenden Pressemitteilung. Die bislang von der Gesellschafterin – der Stiftung Josephs-Hospital – geleistete finanzielle Unterstützung kann diese aufgrund ihrer eigenen Insolvenz nicht mehr leisten.
„Die wirtschaftliche Situation der Jo.med MVZ GmbH steht im Zusammenhang mit der finanziellen Lage des Josephs-Hospitals, für das im Dezember 2024 ein vorläufiges Eigenverwaltungsverfahren angeordnet wurde. Als Alleingesellschafterin der Jo.med hat die Stiftung Josephs-Hospital das MVZ bei der strategischen Ausrichtung finanziell unterstützt. Aufgrund des eingeleiteten Insolvenzverfahrens kann die Stiftung diese Unterstützung nun nicht mehr leisten. Ziel des Verfahrens ist es, die Zukunftsfähigkeit des MVZ zu sichern und eine nachhaltige Lösung für Patienten, Mitarbeitende und Partner zu finden“, wird der frisch berufene Sanierer Dr. Dietmar Herberhold zitiert.
Sanierer soll Unternehmen mit Praxis in Versmold helfen
Noch im Januar hatte es aus Warendorf eine andere Einschätzung gegeben. „Die Jo.med GmbH ist zwar eine 100-prozentige Tochter der Stiftung Josephs-Hospital, rechtlich aber eigenständig“, betonte Sprecher Tobias Dierker auf Anfrage des „Haller Kreisblatts“ damals. Deshalb war sie von der Insolvenz des Krankenhauses zunächst nicht betroffen. Und die damalige Geschäftsführung, die aus Michael Grüter und Krankenhausvorstand Peter Goerdeler bestand, erwartete auch für die Zukunft keine Auswirkungen. Allerdings schränkte sie ein: „Eine Prognose für die Zukunft wäre aufgrund vieler nicht vorhersehbarer Faktoren unseriös.“
Das hat sich nun bewahrheitet: Herberhold, erfahrener Geschäftsführer von Krankenhäusern und Medizinischen Versorgungszentren, wurde jüngst in die Jo.med-Geschäftsführung berufen, um den Sanierungsprozess mit zu begleiten. Gemeinsam mit Peter Goerdeler bleibt er während des Verfahrens uneingeschränkt handlungs- und verfügungsbefugt.
Der Betrieb aller Praxen wird durch den Antrag nicht beeinträchtigt und läuft uneingeschränkt weiter. „Wir können und werden an allen Standorten die medizinische Versorgung ohne Ausnahmen aufrechterhalten. Alle Sprechstunden und Behandlungen werden in vollem Umfang und in gewohnter Qualität fortgeführt“, betont Herberhold. Jo.med betreibt mittlerweile elf Standorte, darunter eine gynäkologische Praxis in Versmold.
Enge Vernetzung mit Warendorfer Krankenhaus als gute Perspektive
Die Jo.med MVZ GmbH will das Verfahren der Eigenverwaltung nach eigenen Angaben nutzen, um eine nachhaltige Restrukturierung voranzutreiben und eine stabile Zukunftsperspektive für alle Beteiligten zu sichern. In diesem gerichtlichen Sanierungsprozess werden notwendige Anpassungen strukturiert erarbeitet und umgesetzt.
Um den komplexen rechtlichen Anforderungen dieses Verfahrens gerecht zu werden, erhält das Jo.med ab sofort Unterstützung durch die erfahrenen Restrukturierungsexperten Claus-Peter Kruth und Markus Freitag von der Kanzlei „AndresPartner“. Sie bringen umfassende Expertise aus zahlreichen erfolgreichen Sanierungen mit.
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„Die Eigenverwaltung hat sich als wirkungsvolles Instrument zur Neuausrichtung von Unternehmen bewährt. In den kommenden Wochen werden wir Gespräche mit allen wesentlichen Beteiligten führen und den Prozess zur Restrukturierung und Zukunftssicherung der MVZ’s weiter vorantreiben“, erklärt Claus Peter Kruth, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht und Fachanwalt für Steuerrecht.
Mitarbeitende wurden über weitere Schritte informiert
Seiner Einschätzung nach ist die Gesellschaft in Verbindung mit dem bereits auf dem Weg der Restrukturierung befindlichen Josephs-Hospitals gut für die Zukunft aufgestellt – insbesondere durch die hohe Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte und Therapeuten, die starke Vernetzung und die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit dem Josephs-Hospital.
Weitere rechtliche Unterstützung erhält Jo.med durch Rechtsanwältin Ria Brüninghoff von der Pluta Rechtsanwalts GmbH. Sie wurde vom Amtsgericht Münster als vorläufige Sachwalterin bestellt und wird das Verfahren eng begleiten. Dabei stellt sie sowohl die uneingeschränkte Fortführung der Praxen als auch die Interessen der Gläubiger sicher.
Die rund 100 Mitarbeitenden wurden heute in Warendorf bei einer Mitarbeitendenversammlung über die aktuelle Situation sowie die nächsten Schritte informiert. Die Gehälter sind für die nächsten drei Monate durch das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit abgesichert.
MVZ war in der Region zuletzt auf Wachstumskurs
Die Jo.med MVZ GmbH ist eine 100-prozentige Tochter der Stiftung Josephs-Hospital Warendorf und betreibt unter der Geschäftsführung von Dr. Dietmar Herberhold und Peter Goerdeler Arztpraxen an 11 Standorten in der Region Warendorf. Das Medizinische Versorgungszentrum arbeitet eng mit dem Josephs-Hospital sowie weiteren Gesundheitseinrichtungen zusammen.