Hündin Momo öffnet Versmolds neuer Streetworkerin viele Türen

Versmold. Eins ist der neuen Streetworkerin schnell aufgefallen. &bdquo;Es gibt anders als in vielen anderen Orten keine richtigen Hotspots“, sagt Levenia Raphael. Also keine klassischen, gleichbleibenden Stellen, an denen sich die Jugend im Ort regelmäßig trifft. Vielmehr verteilen sich die Gruppen übers Stadtgebiet; Treffpunkte änderten sich. Diese Erfahrung machten bereits die Vorgänger der aufsuchenden Jugendarbeit. Ist es also ein Problem, mit den Cliquen in Kontakt zu kommen? Levenia Raphael würde das nach den ersten Monaten ihrer Arbeit in Versmold nicht unbedingt bestätigen. &bdquo;Es ist nicht schwierig, in Kontakt zu kommen, sondern mit ihnen in Kontakt zu bleiben“, schildert die 38-Jährige. Im Oktober 2023 hat sie den zuvor vakanten Posten als Streetworkerin übernommen. Bis Sommer 2022 wurde dieser Bereich der Jugendarbeit eher stiefmütterlich behandelt: Versmold musste sich eine Stelle mit Borgholzhausen und Werther teilen. Viel zu wenig, wurde seinerzeit schnell festgestellt. Der Kreis Gütersloh sah ebenso wie die Stadt mehr Bedarf - und stockte auf. Die Stelle ist beim AWO-Kreisverband angesiedelt, der damals eine erfahrene Sozialarbeiterin anstellte. Nach nur wenigen Monaten gab diese den Posten aus privaten Gründen allerdings wieder auf. Levenia Raphael ist nun seit einem knappen Jahr die Neue. Mit 30 Wochenstunden arbeitet sie in Versmold; die übrigen neun Stunden entfallen auf ihre bisherige Tätigkeit als Schulsozialarbeiterin in Rheda-Wiedenbrück. Hündin Momo ist bei der Arbeit oft mit dabei Levenia Raphael stammt gebürtig aus Dortmund und studierte Soziale Arbeit in Münster. Verschiedene Stationen führten sie beruflich durch NRW und schließlich in den Kreis Gütersloh. Sie arbeitete unter anderem in einer intensivpädagogischen Einrichtung in Versmold und eben als Schulsozialarbeit im Südkreis. Die Arbeit als Streetworkerin in Versmold bringt eine neue Herausforderung. &bdquo;Am Anfang lief es sehr schleppend“, erzählt Levenia Raphael von den ersten Wochen. &bdquo;So langsam kann ich sagen: Ich kenne meine Pappenheimer.“ Ihre Aufgabe ist es, als Ansprechpartnerin für die Altersgruppe der 14- bis 27-Jährigen zu agieren, Kontakte zu knüpfen und ein offenes Ohr für deren Bedürfnisse zu haben. Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit ist Levenia Raphael - das steckt im Begriff der aufsuchenden Jugendarbeit - draußen unterwegs. Sie fährt zu den Bolzplätzen in der Stadt, zu Schulhöfen und durch die Innenstadt. &bdquo;Jetzt gerade auch viel zu den umliegenden Seen.“ Je nachdem, wo sich gerade Gruppen aufhalten. Dabei geht es gar nicht darum, soziale Brennpunkte auszumachen, sondern überhaupt in Kontakt zu kommen. Eine große Hilfe ist dabei Mischlingshündin Momo, die Frauchen als &bdquo;Türöffner“ bezeichnet. Imposant in der Erscheinung fällt der Mix aus Bernhardiner, Berner Sennenhund und Schäferhund, der zurzeit zum Therapiehund ausgebildet wird, einfach auf. &bdquo;Da kommt man schnell ins Gespräch“, sagt Levenia Raphael. Der Wunsch nach einem großen Hund war es auch, der die 38-Jährige dazu brachte, ins ländliche Peckeloh zu ziehen, wo Mutter und Schwester bereits wohnten. Streetworkerin bieten wöchentliche Sprechstunde Ob nun über Momo oder auch durch ihre offene Art den jungen Menschen gegenüber - mittlerweile ist Levenia Raphael vielen Cliquen bekannt. Im Erstkontakt seien die meisten in der Regel &bdquo;distanziert, aber zugänglich“, schildert die Streetworkerin ihre Erfahrung. Sie möchte bedürfnisorientiert gucken, was die Heranwachsenden in der Stadt brauchen und mit ihnen zusammen Ideen entwickeln. &bdquo;Es bringt nichts, ihnen etwas überzustülpen.“ Einige Ausflüge und Projekte hat sie bereits initiiert, eine Dorf-Fußballliga schwebt ihr zum Beispiel vor. Eine Besonderheit hat Levenia Raphael für den Ort ausmachen können. &bdquo;Die Versmolder Jugend ist sehr eingebunden in Sportvereine.“ Das sei auffällig. Deshalb möchte die Streetworkerin in den kommenden Monaten auch verstärkt mit den Vereinen in Kontakt treten, genauso wie mit den weiterführenden Schulen. Netzwerk-Arbeit mit anderen in der Jugendarbeit Tätigen ist ihr ebenso wichtig. So befindet sich die 38-Jährige im regelmäßigen Austausch mit ihrer Kollegin in Harsewinkel; die Jugendlichen beider Orte hätten einige Schnittmengen. Und auch mit dem Westside sollen gemeinsame Ideen umgesetzt werden, quasi unter Nachbarn. Levenia Raphael hat im Schulzentrum an der Schulstraße einen Extra-Raum zur Verfügung gestellt bekommen, den sie für ihre Arbeit nutzen kann. Eine Sofa-Ecke und ein Billardtisch bieten dort Aufenthaltsmöglichkeiten. &bdquo;Ich bin kein Jugendzentrum“, betont die Streetworkerin. Manchmal brauche es aber die Möglichkeit, einfach zusammenzusitzen und in Ruhe zu quatschen. Deshalb bietet sie immer mittwochs von 17 bis 20 Uhr eine offene Sprechstunde an. Jugendliche mit vielfältigen Sorgen und Problemen Die Themen der jungen Menschen seien ganz vielfältig. Ganz offen werde beispielsweise über psychosoziale Probleme gesprochen wie Zwangs- oder Essstörungen.&bdquo;Ein Riesenthema ist Politik - was ist los auf der Welt?“, schildert Levenia Raphael. Das schüre viele Unsicherheiten und Sorgen. Allgemein beschäftigten Existenz- und Zukunftsängste den Nachwuchs mehr als früher, so Raphaels Eindruck. Auf dem Weg in die Eigenständigkeit sind Geldprobleme und Wohnungsnot oft ein Punkt. &bdquo;Viele fühlen sich genötigt, länger zu Hause zu bleiben - dabei braucht es den Abkapselungsprozess von den Eltern“, sagt sie aus pädagogischer Sicht. Bei der Vielfalt der Themen ist es wichtig, Anlaufstellen und Ansprechpartner zu haben. Levenia Raphael schließt als Streetworkerin mit dem deutlich erhöhten Stundenumfang eine Lücke in der Stadt und erreicht junge Leute, für die es bisher kaum ein Angebot im Ort gab. Nicht umsonst sagt sie, dass sie auch ein bisschen &bdquo;Pionierarbeit“ leiste - mit Momo an ihrer Seite. Lesen Sie auch: Mehr Kinder mit psychischen Problemen: Versmolds Expertinnen sind alarmiert

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