Charge-Syndrom: So spricht ein stummer Junge aus Versmold mit der Familie

Versmold. Bei Familie Redecker steht der Weihnachtsbaum schon fertig geschmückt im Wohnzimmer. Ein beeindruckendes Modell eines Winterdorfs liegt ihm zu Füßen. &bdquo;So ein Baum kostet ja Geld. Dann kann er ja auch ein paar Wochen länger stehen“, sagt Familienvater Torben. Diese Aussage meint er scherzhaft. Denn der Grund für den frühen Vorboten auf das Weihnachtsfest ist ein anderer. Eigentlich beginnt die festliche Zeit für die Versmolder Familie sogar noch früher. &bdquo;Wir fangen schon im Oktober an, das Dorf aufzubauen“, sagt Alexandra Redecker. Der gemeinsame Sohn der beiden, Raphael, muss sich schrittweise an die ungewohnte Situation gewöhnen. Der Alltag des 15-Jährigen und seiner Familie ist stark eingeschränkt und auf die Bedürfnisse des Jungen zugeschnitten. Raphael leidet am CHARGE-Syndrom - eine seltene Krankheit. Bei dieser Einschränkung liegt laut dem Verein &bdquo;Charge Syndrom“ eine Hörsehbehinderung oder Taubblindheit bei den Betroffenen vor. Zusätzlich können weitere Beeinträchtigungen auftreten. Für Raphael Redecker ist ein normaler Alltag aufgrund seiner Schwächen nur sehr schwer möglich. Klare Strukturen für Versmolder Familie &bdquo;Er braucht ganz klare Strukturen“, sagt Mutter Alexandra. Ungeplante Ereignisse oder Ausflüge bringen den Jugendlichen aus dem Konzept. &bdquo;Vergangene Woche hatten wir zum Beispiel Adventsessen mit der Familie. Raphael hat einen Adventskalender bekommen“, berichtet Vater Torben. &bdquo;Das ist für gesunde Kinder schon sehr aufregend, aber Raphael war noch zwei Tage danach völlig aufgeregt.“ Dann schläft der Teenager schlecht und ist aufgedreht. Auch ein Besuch auf dem Weihnachtsmarkt oder der Kirmes Sünne Peider ist für den Versmolder anstrengend. Trotzdem: &bdquo;Wir wollen das Leben für und mit ihm so normal halten wir möglich“, sagt Alexandra. Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an Ein Beitrag geteilt von CHARGE Syndrom e.V. (@charge_syndrom) Deshalb stand für Torben Redecker auch fest, dass ein Sohn Konfirmation feiern sollte. &bdquo;Wir sind zum Konfirmandenunterricht gegangen und haben schnell gemerkt, dass Raphael dort nicht hinpasst.“ Der Schüler kann nicht sprechen, kommuniziert mit seinen Eltern und der Umgebung mit einem speziellen Tablett-PC und über darin eingespeicherte Bilder und Elemente. Eine Kachel steht für &bdquo;Papa“ oder &bdquo;Mama“. Die andere bedeutet einen Spaziergang. Etliche alltägliche Handlungen sind dort gespeichert. Der Kontakt mit Gleichaltrigen in der Konfirmandengruppe, Ausflüge und Aktionen würden Raphael überfordern. Eigentlich wollte die Familie schon aufgeben. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Aber Versmolds Pfarrer Christian Stephan nahm sich den besonderen Umständen an. Im aktuellen Gemeindebrief der evangelischen Kirche schildert Familie Redecker ihre Erfahrungen: &bdquo;Pfarrer Stephan lag es sehr am Herzen, dass auch Raphael konfirmiert wird. Er war sich sicher, dass sich andere Wege finden lassen und war bereit, mit uns gemeinsam einen nicht traditionellen Weg zu gehen.“ Der Geistliche fand eine Möglichkeit, engagierte sich über den normalen Konfirmandenunterricht hinaus. Junge aus Versmold feiert besonderes Fest Einmal im Monat bekam Raphael Einzelunterricht von Christian Stephan: Basteln, Filme, gemeinsame Lieder waren darin Thema. Nach einem Jahr war dann der große Tag gekommen. Raphael wurde am 15. Juni in einem individuellen Gottesdienst im Kreise seiner Familie konfirmiert. &bdquo;Es ist wunderschön, dass es Menschen gibt, die sich so für jemanden einsetzen“, schließt die Familie in ihrem Bericht für den Gemeindebrief. Aus der Bahn geworfen: So meistert schwerkranke Versmolderin ihren Alltag Viel Einsatz bringen Raphaels Eltern Alexandra und Torben jeden Tag, um das Leben mit ihrem Sohn zu organisieren. &bdquo;Heute ist ein guter Tag“, sagt Torben, als das HK spontan zum Termin vorbei kommt. Raphael ist da noch in seinem Schlafanzug und spielt laut mit Kinderspielzeug. Dann sucht er Kontakt zu seinen Eltern. Er zeigt etwas auf seinem Tablett-PC, dabei spielt mit einem Plastik-Spielzeug und hält ein Smartphone in der Hand. Mit dem technischen Gerät hantiert er gerne. &bdquo;Manchmal hat Raphael Kinderspielzeug in der Hand, dann wieder moderne Technik“, beschreibt es Torben. Der Junge liebt alles an Technik. Es scheint, als würde Raphael den HK-Mitarbeiter zunächst gar nicht wahrnehmen. Auch nicht, als das Foto entsteht. Das wirkt im nächsten Moment aber anders. Der 15-Jährige kommt auf den Reporter zu, schaut mit großen Augen auf die große Kamera. Natürlich möchte er einen Blick auf die entstandenen Fotos werfen - schließlich hat der Fotograf ein technisches Gerät in der Hand.

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