Mit großer Karte

Jugendliche in Versmold sind oft in Bewegung – aber machen sie Ärger?

Versmolds Streetworkerin Levenia Raphael weiß, wo sich Jugendliche aufhalten und wie sie sich benehmen. Eine Stelle überrascht.

Levenia Raphael (l.) und Kai Treptow wissen, wo sich Jugendliche in Versmold aufhalten. | © Andre Schneider

Andre Schneider
07.07.2025 | 07.07.2025, 11:04

Versmold. Um es vorwegzunehmen: Die Jugendlichen in Versmold sind nicht so schlecht wie ihr Ruf. Das meint zumindest Levenia Raphael. Sie ist seit 2022 als Streetworkerin im Einsatz. Während der Sommermonate hat sie quasi „Hochsaison“. Sie berichtet gemeinsam mit ihrem Vorgesetzten Kai Treptow über ihre Arbeit, wo sich Jugendliche aufhalten und was ihnen fehlt.

„Die Jugendlichen bauen relativ wenig Mist“, sagt Levenia Raphael. Fast täglich ist sie mit einer großen Gruppe von ihnen in Kontakt. Viele von ihnen kommen in den Raum an der Schulstraße auf dem Schulhof der Sekundarschule. Aber etliche sind unterwegs. Permanent unterwegs, an verschiedenen Plätzen in der Stadt. Dort trifft die Sozialarbeiterin ihre „Pappenheimer“.

Natürlich gebe es Vorfälle, „aber das hält sich alles in Grenzen“, sagt Raphael. Schwere Fälle von Vandalismus und Ruhestörungen seien selten. „Es ist allerdings der Maßstab entscheidend“, sagt Kai Treptow, Raphaels Chef beim Streetworker-Träger AWO. Solche Zwischenfälle wie gezündete Feuerwerkskörper oder Vandalismus merkten auch die Mitglieder des Sozialausschusses an. Dort stellte Levenia Raphael ihre Arbeit kürzlich vor – und erntete neben kritischen Fragen auch viel Lob. Von Jan Darnauer (Stadtverwaltung) zum Beispiel: „Die Jugendarbeit kann mit dem aufsuchenden Angebot sinnvoll ergänzt werden.“ Gerade in den Wintermonaten habe sich der Raum am Schulhof der Sekundarschule etabliert. „Im Sommer wollen wir aber mehr in die aufsuchende Arbeit“, so Darnauer.

Fünf Treffpunkte für Jugendliche in Versmold

Das bestätigt Levenia Raphael. „Ich bin jetzt nur noch an einem festen Tag in der Woche hier“, sagt sie bei einem Ortstermin in ihrem „Büro“. Den Großteil ihrer Arbeitszeit verbringt sie dann draußen, dort, wo sich die Jugendlichen aufhalten. Das ist zum einen besagter Schulhof. Das Areal mit seinen vielen Verwinkelungen, Sitz- und Spielmöglichkeiten sowie Überdachungen gilt als Hotspot junger Besucher ab dem Teenager-Alter. Deswegen ist Levenia Raphael hier regelmäßig anzutreffen.

Ein anderer Ort, an dem sich Jugendliche aufhalten, ist durchaus überraschend: am Combi-Supermarkt. Das hat einen einfachen, wie auch pragmatischen Grund. „Dort gibt es WLAN“, beschreibt Raphael. Die mobile Verbindung fürs Handy ist ein wichtiger Punkt für Jugendliche. Das Signal reicht bis in den Außenbereich der Bäckerei und damit direkt in den Lebensraum junger Nutzer.

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Öffentlich zugängliches WLAN gibt es zwar auch an anderen Plätzen, „das ist aber nicht besonders stabil“, weiß die Streetworkerin. Trotzdem sind auch beispielsweise am Rathaus häufig Heranwachsende anzutreffen. Diese vermischen sich dann mit der bei der Bevölkerung viel beschriebenen „Tuner-Szene“ – wenngleich es unterschiedliche Personengruppen betrifft. Auch der innerstädtische Schweinebrunnen ist gerade im Sommer ein beliebter Treffpunkt – der Eisdiele und den Sitzmöglichkeiten sei Dank. Im Stadtpark halten sich dagegen zumeist junge Erwachsene auf. „Jugendliche suchen eher Plätze, die weniger offen zugänglich sind“, sagt Levenia Raphael.

Schwieriges Versmold: Jugendliche viel in Bewegung

Levenia Raphael (l.) und Kai Treptow haben einen Anlaufpunkt für junge Menschen geschaffen. - © Andre Schneider
Levenia Raphael (l.) und Kai Treptow haben einen Anlaufpunkt für junge Menschen geschaffen. (© Andre Schneider)

Zwar ist Levenia Raphael auch in den Ortsteilen unterwegs, doch hier sind seltener Gruppen anzutreffen. Deshalb konzentriert sich ihre Arbeit auf die Kernstadt. „Es geht kaum noch jemand zu Fuß“, sagt Levenia Raphael. Viele würden E-Scooter nutzen, um möglichst schnell von A nach B zu kommen. Das erschwert die Arbeit – vor allem am Anfang war das der Fall.

Vandalismus: Jugendliche gestalten wichtiges Gebäude selbst

„Versmold ist eben ein schwieriges Pflaster“, weiß auch Kai Treptow. „Hier gibt es viele unterschiedliche Gruppen Jugendlicher.“ Deshalb war Levenia Raphaels Start in der Fleischerstadt auch gar nicht so einfach. „Manchmal sogar frustrierend“, sagt die Streetworkerin. Denn es dauerte sehr lange, bis sie einen Zugang zu einer mehr oder weniger festen Gruppe aufbauen konnte. Inzwischen betreut sie rund 30 Jungen und Mädchen. „Aller Nationen und sehr heterogen“, wie Raphael sagt.

Das offene Angebot ist also eingeschlagen. Doch Luft nach oben besteht immer noch. Denn die Jugendlichen wünschen sich einen eigenen, überdachten Raum, den sie selbst gestalten können. „Man muss solche Einrichtungen in die Verantwortung der Leute geben. Das passiert nämlich viel zu selten, aber die jungen Menschen können sie sehr wohl tragen“, sagt Levenia Raphael.

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