Versmold sticht kreisweit hervor - und betritt bei Jugendarbeit Neuland

Versmold. 426 Stammgäste zählte das Jugendzentrum an der Schulstraße im vergangenen Jahr. Damit liegt die Zahl deutlich über Vor-Corona-Niveau und deutlich über dem Kreisschnitt. "Daran sieht man, wie groß der Bedarf ist", sagt Katharina Gimbel von der Regionalstelle West, die als Jugendpflegerin beim Kreis Gütersloh unter anderem für Versmold zuständig ist. Zu den regelmäßigen JuZ-Gängern kommen viele weitere Teilnehmende an Veranstaltungen, Fahrten oder Projekten. Unterm Strich zählte das Westside in 2022 mehr als 1.700 Kontakte zu Kindern und Jugendlichen. Was Hausleiter Jens Schröder besonders freut: Es sind wieder alle Altersklassen vertreten. In der Corona-Zeit war der Kontakt zu den älteren Jugendlichen etwas verlorengegangen. Heute besuchten wieder 6- bis 18-Jährige gleichermaßen die offenen Treffs. "Die Altersmischung tut dem Haus gut", findet Schröder. Zusammen mit Katharina Gimbel vom Kreis gab der JuZ-Leiter im Ausschuss für Bildung, Integration, Generation, Kultur, Inklusion, Soziales und Sport einen Überblick über die Aktivitäten des vergangenen Jahres sowie einen Ausblick auf geplante Aktionen. Das Westside sei für eine Vielzahl an Kindern und Jugendlichen ein wichtiger Rückzugsort, an dem sie keine Erwartungen erfüllen müssten, anders als beispielsweise in der Schule. Für einige sei das JuZ auch Anlaufstelle, wenn sie sich mal "Zuhause nicht so wohl fühlen". An der Schulstraße ist Platz für ihre Themen: Beziehungen, Clique oder Lebensplanung. Und Zeit, das zu machen, worauf sie Lust haben: Snack-Mittwoch oder Crêpe-Freitag, Karaoke oder Kicker gehören dazu. Demokratie als Lebensform lernen Katharina Gimbel weiß aber auch, dass manchmal Nichtstun wichtig ist. "Das geht im Alltag oft unter", sagt sie. Aus dem gemeinsamen Chillen entstehe schließlich auch etwas. "Gute Voraussetzung, um mit den Leuten ins Gespräch zu kommen, ist, wenn sie sich wohlfühlen", sagt Jens Schröder. Dazu kommt aus Pädagogensicht eine andere wichtige Erfahrung: das Gefühl, gleichberechtigter Mitgestalter in der Gemeinschaft zu sein. "Kinder und Jugendliche müssen diese demokratische Lebensform kennenlernen und sie nicht nur als Regierungsform erleben", sagt Katharina Gimbel. Offene Jugendarbeit leistet einen wichtigen Beitrag, soziale Kompetenzen fürs Zusammenleben zu entwickeln. Das Ganze durchaus mit Erfolg, wie eine andere Entwicklung belegt. Aus Besuchern werden nicht selten Ehrenamtliche. "Das ehrenamtliche Engagement ist so hoch, wie schon lange nicht mehr", sagt Jens Schröder. Das JuZ-Team passt das Angebot im Westside sowie den Ortsteilen immer wieder auf die Bedarfe an. So soll beispielsweise als Pendant zum stark nachgefragten offenen Mädchentreff auch eine Jungen-Gruppe aufgebaut werden. Im Bockhorster Gemeindehaus gibt es neuerdings einen zweiten Öffnungstag. Auf Wunsch von Jugendlichen wurde jetzt erstmals ein queerer offener Treff eingerichtet. "Die queere Jugendarbeit kommt ins Laufen", sagt Schröder. Das JuZ möchte einen geschützten Rahmen dafür bieten. "Auch für uns ist das ein total neues Thema." Räumlich, das betont der Leiter erneut, komme das JuZ an seine Grenzen. Ein Hüttenbauprojekt im Garten soll etwas Entlastung bringen. Künftig ist so Stauraum für Material vorhanden und drinnen im bisherigen Lagerraum werden Kapazitäten frei. Bürgermeister Michael Meyer-Hermann sagte zu, die Raumsituation weiter im Blick zu behalten. Grundsätzlich sei es machbar, das Jugendzentrum zu erweitern. Bevor man darüber nachdenke, sollen aber zunächst Angebote in den Ortsteilen ausgeweitet werden. Jens Schröder sieht in einem gut ausgestatteten Spielmobil und zusätzlichem Personal eine Möglichkeit.

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