50 Tonnen ätzende Chemikalien wurden bei Steinhagener Unternehmen gelagert

Steinhagen. Nachdem das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) bereits am Montag vorsichtig Entwarnung gegeben hat, liegen seit Dienstag auch Ergebnisse eines unabhängigen Sachverständigenbüros vor. Wie Bürgermeisterin Sarah Süß erklärt, handele es sich um ein chemisches Labor, das von der Versicherung der betroffenen Firma Bestpool beauftragt wurde. Die Ergebnisse beziehen sich auf Proben, die am Donnerstag, 9. Februar, entnommen wurden. Chemische Vorgänge kurz erklärt Das Gutachten kommt zu der Feststellung, dass es sich bei dem Granulat um ein starkes Oxidationsmittel handelt, das Sauerstoff, Chlor und weitere oxidierende Substanzen wie Chlorate und Dichloroxid freisetzen kann. "Die primäre Gefahr bestand daher in der oxidierenden Wirkung und der stark alkalischen Reaktion, die bei direktem Kontakt schädigend insbesondere für Pflanzen und Tiere sein kann", heißt es in einer dazu am Dienstag veröffentlichten Pressemitteilung. Und weiter: "Durch die Reaktion der Substanz mit der Luft verbleiben Calciumchlorid, Calciumhydroxid und eventuell in geringer Konzentration Calciumchlorat. Hierbei handelt es sich um wasserlösliche Stoffe, die durch Luftfeuchtigkeit, Tau und Kohlendioxid stetig verdünnt und neutralisiert werden, so dass die schädigende Wirkung innerhalb von Tagen nachlassen sollte. Dies erfolgt entsprechend schneller bei Regen." Auf diese Zusammenhänge hatte bereits das LANUV am Montag hingewiesen. Substanz kann Metalle beschädigen Das neue Gutachten geht darüber hinaus auf die schädigende Wirkung der alkalischen Substanz auf verschiedene Materialien ein. "Chlor und chlorhaltige Verbindungen wirken zerstörend auf Metalle. Neben Stahl, Aluminium und Zink können potenziell auch Kupfer und rostträge Edelstähle betroffen sein", heißt es in der Pressemitteilung. Darin wird auch eine Handlungsempfehlung zum Reinigen von Oberflächen gegeben: "Hierbei kann auf handelsübliche Reinigungsmittel wie Neutral- und Allzweckreiniger zurückgegriffen werden. Bei größeren Flächen wie Dächern sollte reines Wasser ausreichen." Die Gemeinde Steinhagen weist darauf hin, dass sämtliche im Zusammenhang mit dem Brandereignis entstandenen Schäden von betroffenen Bürgerinnen und Bürgern dokumentiert und entsprechende Versicherungsvorgänge eingeleitet werde sollten. Dafür hat die Verwaltung Formulare auf der Website der Gemeinde Steinhagen zur Verfügung gestellt. Bezirksregierung hat keine Mängel festgestellt Nach Auskunft von Bürgermeisterin Sarah Süß gibt es "keine Anhaltspunkte, dass irgendetwas bei der Firma Bestpool nicht in Ordnung" war. Das bestätigt auch die Bezirksregierung Detmold auf Anfrage des "Haller Kreisblattes". Die Bezirksregierung Detmold ist als Obere Immissionsschutzbehörde zuständig für die Genehmigung und Überwachung für Anlagen zur Lagerung für oxidierende, also brandfördernde, Stoffe. Die Behörde hat sowohl die Errichtung als auch den Betrieb der Anlage der Firma Bestpool in der Liebigstraße am 27. September 2017 nach den geltenden Rechtsvorschriften genehmigt. 50 Tonnen Calciumhypochlorit sollen laut Feuerwehr bei Bestpool gelagert worden sein. Ist so eine Menge überhaupt gestattet?, wollte das HK wissen. Die Bezirksregierung antwortet: "Es handelt sich um einen Betrieb, in dem auch oxidierende Stoffe gelagert werden dürfen. Die erlaubten Höchstmengen sind in der Genehmigung festgelegt." Eine konkrete Zahl nennt die Behörde nicht. Nach Erteilung der Genehmigung habe die Bezirksregierung die Anlage entsprechend der gesetzlichen Vorschriften im Rahmen von zwei Umweltinspektionen überprüft und zwar in den Jahren 2019 und 2021. "Dabei wurden keine Mängel festgestellt", heißt es aus Detmold. "Die Inspektionsfristen werden dabei mit einem landesweit geltenden risikobasierten Ansatz ermittelt." Bisher keine Hinweise auf Brandstiftung Laut Polizeisprecherin Katharina Felsch laufen die Ermittlungen zur Brandursache noch. Hinweise auf eine Brandstiftung gebe es bisher nicht. Eine Verbindung zum Großfeuer bei der Firma Nolte Produktenwerk in Rheda-Wiedenbrück liege nicht vor. Hier ist inzwischen ein junger Mann wegen Verdachts auf Brandstiftung festgenommen worden. Die weiteren Ermittlungen in Steinhagen können sich nach Angaben der Polizeisprecherin noch über Wochen, wenn nicht Monate ziehen. Löschwasser wird abtransportiert Das beim Brand verwendete Löschwasser, das zunächst in Regenrückhaltebecken zwischengelagert wurde, ist inzwischen von der Firma Zimmermann Industrietechnik abgesaugt worden und lagert jetzt in Tanks. "Wir warten noch immer die Ergebnisse von Proben ab. Erst dann kann entschieden werden, wie das Wasser entsorgt wird", berichtet Bauamtsleiter Stephan Walter. Zwischenzeitlich seien die Kanäle und auch das Rückhaltebecken gespült worden, um Chlorablagerungen zu vermeiden. Die Kläranlage hat nach Auskunft von Stephan Walter die Folgen des Großbrandes "unbeschadet überstanden". Während Straßen und Zuwegungen auch am Dienstag noch gesäubert wurden, ist die Reinigung von Grünland und Ackerfläche nicht möglich, nach Einschätzung der Gutachter aber auch nicht notwendig. "Abgesehen von der eventuell akut schädigenden Wirkung auf Blätter sind keine größeren Schäden zu erwarten", teilt die Gemeindeverwaltung dazu mit.

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