Bekanntes Haller Ehepaar radelt auf den Spuren der Tour de France

Halle. Wer acht Stunden pro Tag auf einem Fahrradsattel verbringt, erleidet Schmerzen am Gesäß: Die Eheleute Frank Winter und Ingetraud Beckebanze haben sich deswegen mit Vaseline, Calendula-Balsam und gut gepolsterten Radlerhosen geschützt. So bekamen sie wenig Probleme und erreichten nach fünf Tagen erschöpft aber glücklich ihr großes Ziel: das Reihenhaus ihres befreundeten Ehepaars Christophe und Sylvie Bocquet in Halles Partnerstadt Ronchin – Vorstadt der Millionenstadt Lille. Dort ist dieses Jahr die Tour de France gestartet. Frank Winter war als Biobiker unterwegs, das heißt: ohne Akku. Seine Frau indes wählte nach eigener Aussage die niedrigste Unterstützungsstufe. 483 Kilometer Strecke durch vier Länder legten sie zurück – überquerten den Rhein und die Maas – bei bis zu 40 Grad Celsius im Schatten. &bdquo;Es war so heiß wie in der Sahelzone“, sagt Frank Winter. Um der Hitze möglichst zu entkommen, starteten sie ein paar Mal kurz nach Sonnenaufgang. &bdquo;Das meiste Gepäck war Wasser“, sagt Ingetraud Beckebanze. Sie trank drei Liter pro Tag, ihr Mann bis zu fünf Liter. Mitunter wird die Fahrt bis Frankreich zur Strapaze Eine App zur Navigation führte sie über viele wassergebundene Wegedecken. &bdquo;Du bist langsamer, aber von den Autos weg und fährst nur durchs Grüne“, sagt Frank Winter. Sattel- und Lenkertaschen bremsten zwar zusätzlich, trotzdem legte das Paar die Strecke in einer Durchschnittsgeschwindigkeit von knapp 18 Kilometer pro Stunde zurück – eine stramme Leistung. Noch mehr Frankreich-Pläne: Haller kauft ikonischen Peugeot 504 und plant Kult-Trip Die Stationen ihrer Radreise waren Haltern am See in Deutschland, Venlo in den Niederlanden, Laakdal in Belgien, Aalst in Belgien und schließlich der &bdquo;Place de Halle“ in Ronchin/Frankreich, der Partnerstadt von Halle. Von Wind und Regen wurden Beckebanze und Winter zwar verschont, doch Strapazen bereiteten Hitze, Hintern und Höhenmeter. Am Zielort angekommen, war Ingetraud Beckebanze froh, dass sie am nächsten Tag nicht weiterfahren musste. &bdquo;Mein ganzer Körper schrie nach Erholung.“ Ihr Mann Frank Winter fügt hinzu: &bdquo;Ab 500 Kilometer sagt der Hintern: Jetzt muss ich mal einen Tag Pause machen.“ Haller helfen bei einem Notfall – Niederländisch ist plötzlich gefragt Die Schmerzen sind das eine, die Erlebnisse das andere: Vieles, was während ihrer Radreise passierte, blieb unvergessen. Auch im negativen Sinne: So stürzte etwa ein belgischer Fahrradfahrer vor ihnen, als Winter und Beckebanze gerade Mittagspause machten. Der Gestürzte trug trotz der Hitze eine gefütterte Weste. Er blutete nicht, zitterte aber und konnte nicht selbstständig aufstehen. &bdquo;Der hat Glück gehabt und ist in eine Wiese gefallen“, sagt Frank Winter. Er vermute, dass der Mann überhitzt gewesen sei. Winter verständigte deswegen die Ambulanz, ohne jedoch seinen genauen Standort zu kennen. Zwischenzeitlich sprach Frank Winter dabei Englisch und sogar Niederländisch (&bdquo;Ik kan een beetje nederlands praten“). Niederländisch ist eng verwandt mit dem Plattdeutschen. Außerdem sprechen immerhin 60 Prozent der Belgier Niederländisch. &bdquo;Ich fragte, ob sie mein Handy orten können, doch das können sie bei ausländischen Handys nicht.“ Erst nach fünf Minuten kam ein weiterer Belgier vorbei und übermittelte die Standortdaten. Letztlich begleitete der eine den anderen nach Hause. Belgien ist nach Angabe von Winter und Beckebanze ein sehr fahrradfreundliches Land. Als Beispiel erzählen sie von einer Begegnung mit einer passionierten Radsportbegeisterten aus Essen. Die lernte das Haller Ehepaar am Freitag vor seiner Zielankunft zufällig kennen. Und als sie zusammen eine Baustelle erreichten, überrascht sie die Reaktion der Bauarbeiter: &bdquo;Die drehten die Baggerschaufel weg“, sagt Winter. Die Bauarbeiter halfen sogar beim Heben des Fahrrades über eine Ausschachtung. Fahrerfeld der Tour de France rauscht in Lille in Höllentempo vorbei In Lille am Samstag erlebten Frank Winter und Ingetraud Beckebanze schließlich den Start der Tour de France. Zum dritten Mal nach 1960 und 1994 ist Lille Startort des Großsportereignisses. Weil der ersten Etappe dieses Jahr kein Einzel-Zeitfahren vorausgeht, nennen die Franzosen den Start &bdquo;Grand Departs“. Neben der Strecke jubeln jedes Jahr zwölf Millionen Menschen den Fahrern zu. Frank Winter und Ingetraud Beckebanze warteten ein paar Kilometer hinter dem Start auf die Profisportler und ihre Begleitfahrzeuge. Nur wenige Sekunden dauerte es, bis das Peloton mit 184 Fahrern aus 23 Teams vorbeigerauscht war. &bdquo;Die fahren ein Höllentempo“, sagt Winter. Auf dem Balkan: Motorrad-Urlaub von Versmolder Sportler wird zum besonderen Abenteuer Dafür aber dauerte der Umzug der vorausfahrenden Karawane eine halbe Stunde länger. In ihr präsentierten sich zahlreiche Sponsoren der Mannschaften wie beim Kölner Karneval: So zählten zum Tross der Werbetreibenden eine riesige, rote Kaffeemaschine oder eine übergroße Asterix- und Obelix-Figur. &bdquo;Die Stimmung ist einfach toll“, sagt Frank Winter. Zuschauer jubeln den radelnden Hallern zu Mitarbeiter warfen aus der Karawane heraus kleine Geschenke in die Menge der Zuschauer: Bonbons, Mützen, Trikots, Aufkleber oder Schlüsselanhänger. Ingetraud Beckebanze ergatterte ein Nackenkissen und ein orangefarbenes Stirnband aus Frotteestoff. &bdquo;Ich werde nie ein orangefarbenes Stirnband tragen“, gestand sie sich ein und gab es weiter. Als Frank Winter und Ingetraud Beckebanze am Ende ein kleines Stück der Wettkampfstrecke auf ihren Fahrrädern zurücklegten, jubeln ihnen die Zuschauer aus Spaß zu. Was würden sie rückblickend bei ihrer Radreise heute anders machen? &bdquo;Nichts“, sagt Ingetraud Beckebanze. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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