Ausnahmezustand: So erleben die Haller die Suche nach Elisabeth R.

Halle. Es ist der fünfte Tag, an dem nach Elizabeth R. gesucht wird. Die demente Seniorin war am Sonntag (1. Juni) aus dem Haller Altenzentrum Eggeblick verschwunden. Obwohl sich bereits viele Freiwillige daran beteiligen, die alte Dame zu finden, und die Polizei ihr Personal sogar um Ermittler aufgestockt hat, die sonst verdeckt arbeiten, ist keine Spur von der 88-Jährigen auszumachen. Der Suchaufwand ist enorm, die Hinweislage aber zugleich ernüchternd dünn. Die Seniorin hatte bis vor Kurzem noch in der Haller Apothekerstraße gewohnt, war erst vor zwei Wochen in das Altenzentrum Eggeblick gezogen – jetzt wird sie von der halben Stadt gesucht. Mancherorts werden dabei Erinnerungen an den 90-jährigen Borgholzhausener wach, der vergangenen Winter tagelang von der Polizei gesucht und schließlich tot aufgefunden wurde. Mit einem solchen Ausgang möchten sich die Haller nicht abfinden müssen: So hat sich beispielsweise eine Gruppe von Freiwilligen gebildet, die sich über den Messengerdienst WhatsApp organisiert hat, um die Vermisste aufzuspüren. Mittlerweile haben sich dort mehr als 150 Menschen zusammengeschlossen. Am Mittwochnachmittag suchten die Mitglieder verschiedene Anlaufpunkte der Stadt ab, folgten jedem noch so kleinen Hinweis bis tief in die Nacht hinein. Leiterin der Bahnagentur in Halle verfolgt Vermisstenfall im Radio &bdquo;Ich finde es toll, dass die Bevölkerung mithilft“, sagt Ulrike Nikel. Die Leiterin der Bahnagentur in Halle sitzt in ihrem Büro am Bahnhof. Von der Aufregung, die in der Haller WhatsApp-Gruppe und während der Suchmaßnahmen zu spüren ist, dringt nur wenig hier herein. Trotzdem weiß Ulrike Nikel natürlich, was vor sich geht. &bdquo;Ich verfolge den Fall über die Zeitung und auch über das Radio“, sagt Nikel, als hoffe sie, dort endlich eine positive Nachricht vermeldet zu bekommen. &bdquo;Das Altenheim macht sich bestimmt große Vorwürfe“, mutmaßt sie. &bdquo;Die Dame kommt mir sogar bekannt vor“, fügt Nikel an. Ihr Fahndungsfoto hat sie nun schon einige Male in der Zeitung gesehen. &bdquo;Sie hat schon mal Tickets bei mir gekauft“, glaubt sie sich zu erinnern. Dass die Polizei Elisabeth R. im Wald finden wird, hält sie für unrealistisch. &bdquo;Ich vermute eher, dass man sich in einer solchen Situation in Bahnhofsnähe bewegt“, sagt sie und macht eine entsprechende Geste, als könne die gesuchte Seniorin womöglich ganz in der Nähe sein. &bdquo;Aber diese Krankheit ist schwer einzuschätzen“, räumt sie mit Blick auf die Demenz der Vermissten ein. &bdquo;Ich hoffe wirklich, dass sie bald gefunden wird.“ Sie selbst habe Angehörige in einer Pflegeeinrichtung, erzählt Nikel wie nebenbei. Das Thema geht ihr offensichtlich nahe. Das gilt auch für Wolfgang Elsner. Der Buchhändler aus der Haller Rosenstraße macht sich seit Tagen Sorgen um die Vermisste. Sie und ihr bereits verstorbener Ehemann zählten zur Stammkundschaft Elsners. &bdquo;Seitdem sie erkrankt ist, habe ich sie kaum mehr gesehen“, erinnert er sich an Elisabeth R. Er habe sie privat zwar nicht so gut gekannt, als dass er eine Vorstellung davon hätte, wo die Dame hingegangen sein könnte. Dennoch war ihr Verhältnis zumindest so eng, dass sich Elsner auch nach den ausbleibenden Besuchen seiner Stammkundin nach ihrem Wohlbefinden erkundigte. &bdquo;Ich habe in der Nachbarschaft gefragt, ob jemand da ist, der sich um sie kümmert. Das wurde mir bestätigt“, sagt er. &bdquo;Da wurde schon aufeinander geachtet.“ Haller Buchhändler kennt Vermisste als rüstige Seniorin Er wisse nicht, in welcher körperlichen Verfassung die Vermisste zuletzt gewesen sei. Generell sei sie aber auch für ihre Alter durchaus fit gewesen. Er habe sich schon ertappt, wie er beim Spazierengehen seine Umgebung intensiv habe unter die Lupe nehmen wollen. &bdquo;Aber an diesen Stellen kann sie nach den ganzen Suchgängen einfach nicht sein“, sagt Wolfgang Elsner dann wie zu sich selbst. &bdquo;Es ist sehr tragisch“, fügt er sichtlich traurig hinzu. &bdquo;Es tut mir sehr leid.“ Auch unter den Kunden der Parfümerie Plassmann am Haller Ronchin-Platz ist das Verschwinden der 88-jährigen Dame ein wiederkehrendes Gesprächsthema, berichtet Mitarbeiterin Dragana Jankovic. &bdquo;Das macht Angst, obwohl Halle ja augenscheinlich ein sicheres Örtchen ist“, gesteht sie. &bdquo;Aber es ist schön, dass die Haller zusammenhalten und gemeinsam nach ihr suchen“, fügt sie hinzu. &bdquo;Ich drücke die Daumen, dass es gut ausgeht.“ Die Allianz aus freiwilligen Haller Suchkräften tut unterdessen alles, damit es so kommt. Die Mitglieder der Gruppe organisierten im Laufe des Donnerstags (5. Juni) die stadtweite Verteilung von Flyern mit Hinweisen zur Vermissten. Bei Halles Bürgermeister Thomas Tappe besteht noch eine leise Hoffnung, die Seniorin lebend wiederzufinden. &bdquo;Es macht sich aber auch ein mulmiges Gefühl unter den Leuten breit“, weiß er. &bdquo;Es besteht eine gewisse Unsicherheit, weil man nicht weiß, was einen erwartet, sollte sie gefunden werden“, sagt er: &bdquo;Wir sind alle betroffen, angesichts der Tatsache, der Frau nicht unmittelbar helfen zu können.“ Polizei hat Bahnstrecke und Wohnhaus in Halle untersucht Die Polizei hatte bereits am Donnerstagmorgen erneut die Bahnstrecke des &bdquo;Haller Willem“ per Helikopter abgesucht und auch das ehemalige Wohnhaus der Vermissten zum wiederholten Mal unter die Lupe genommen. Hinweise Fehlanzeige – die Ermittler stehen vor dem Nichts, wie Polizeisprecherin Katharina Felsch mitteilte: &bdquo;Wir haben keinen Anhaltspunkt, in welche Richtung sie gegangen sein könnte.“ Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle rund um die Uhr unter der Rufnummer 110 entgegen. Aktuelle Nachrichten bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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