Zukunft der Energie in Halle: „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand“

Halle. Der ursprünglich angefragte Interview-Gast, Hubert Leiwes – Vorsitzender der Energiegenossenschaft Rhewie aus Rheda-Wiedenbrück – hatte sein Kommen zuvor kurzfristig abgesagt. Er ließ verlauten, dass er sich um den Windkraftanlagen-Unfall in Langenberg kümmere: Denn wenige Tage zuvor war dort der Flügel eines Windrades bei Sturmböen krachend zu Boden gefallen – nach nur einem Jahr Betrieb. &bdquo;Schade“, sagte Dagmar Pahmeyer, Vorsitzende des Klimabeirates. Gerade wegen des aktuellen Unfalls in Langenberg wäre seiner Expertise zum Interview-Thema &bdquo;Technik, Bau, Betrieb und Unterhaltung von Windkraftanlagen“ vermutlich eine besondere Bedeutung zugekommen. Sie hätte Bedenken ausräumen oder verstärken können. Denn derzeit zählen in Halle mehr als 1.300 Bürger zu Unterstützern der Bürgerinitiative Barrelpäule, die sich erst vor Kurzem aus Naturschutzgründen gegen sechs Windkraftstandorte in Halle ausgesprochen hat. Für Leiwes sprangen zwei Fachleute der Stadtwerke Bielefeld ein: Prokurist Tobias Altehülshorst und der Projektmanager Sönke Delitz. Beide sind innerhalb ihres Energieversorgungsunternehmens speziell betraut mit Aufgaben zum Ausbau von Windkraftanlagen. Sie beantworteten in der Remise zahlreiche Fragen, die Thomas Kolmhuber stellte, stellvertretend für die zehn anwesenden Mitglieder des Klimabeirates. Energie-Mix statt Konkurrenz &bdquo;Wo stehen wir eigentlich zurzeit?“, fragte Kolmhuber. Laut Angabe von Tobias Altehülshorst stehe die Menschheit angesichts des fortschreitenden Klimawandels &bdquo;mit dem Rücken zur Wand“. Deswegen betreiben die Stadtwerke Bielefeld den Ausbau erneuerbarer Energien sehr intensiv. &bdquo;Bis 2030 wollen wir den Energiebedarf der Privathaushalte komplett mit Erneuerbaren decken“, sagte er. Sönke Delitz äußerte sich ähnlich. Er befürwortete einen Mix erneuerbarer Energieformen: &bdquo;Es bringt nichts, Biogas mit Wind oder PV zu vergleichen. Die Erneuerbaren müssen zusammen betrachtet werden“. Delitz lieferte Daten zum aktuellen Ausbaustand der Windenergie in Deutschland: Offshore gebe es derzeit etwa 1.600 Anlagen, die 8,5 Gigawatt Leistung erbringen können. Onshore gebe es etwa 28.000 Anlagen mit mehr als 60 Gigawatt Stromleistung. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz habe die Wachstumsentwicklung beschleunigt. &bdquo;Die Genehmigungszahlen sind gestiegen“, sagte Delitz. Auch die Bauhöhe habe stetig zugenommen: &bdquo;Wir sind derzeit bei einer Turmhöhe von 160 bis 170 Metern.“ Der Rotor erreiche zudem Längen zwischen 140 und 170 Metern. In Addition erreichen die größten Windkraftanlagen vom Sockel bis zur Flügelspitze 250 Meter Höhen. Der Grund für die Höhenzunahme liegt auf der Hand: mehr Ertrag. &bdquo;Jeder Meter Höhe bringt ein Prozent mehr Windertrag“, sagte Tobias Altehülshorst. Sönke Delitz fügte hinzu: &bdquo;Bei Verdoppelung der Windgeschwindigkeit erreiche ich eine Verachtfachung des Energie-Ertrages.“ Wie langlebig ist ein Windrad? Die Frage nach der Lebensdauer beantworteten die Fachleute am Beispiel einer kleinen Anlage in Borgholzhausen: &bdquo;Mit der sind wir sehr zufrieden“, sagte Delitz. Ein Rückbau ist nicht vorgesehen. Wenn Windkraftanlagen zurückgebaut werden, werden die Rotorblätter &bdquo;thermisch verwendet“ – also verbrannt. Das Fundament verbleibe nach Angabe von Tobias Altehülshorst größtenteils in der Erde. Nur die obere Betonschicht wird bis in 1,80 Meter Tiefe entfernt. &bdquo;Es gibt keine landwirtschaftliche Maschine, die tiefer in die Erde reicht“, sagte Altehülshorst. Und dass ein Unfall wie in Langenberg passiere, sei &bdquo;äußerst selten“.

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