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Antragsstau und Förderwahnsinn: KWG Halle fühlt sich ausgebremst

Die Kreiswohnstättengenossenschaft hat zwar ein erfolgreiches Geschäftsjahr hinter sich, die Baubranche aber krankt. Vorstand Sven Eisele greift jetzt zu einer ungewöhnlichen Maßnahme.

KWG-Aufsichtsratsvorsitzende Elke-Maria Hardieck sowie die Vorstände Sven Eisele und Heinrich Brahmeyer sind zufrieden mit dem Geschäftsjahr 2023. | © Tobias Barrelmeyer

Tobias Barrelmeyer
21.09.2024 | 21.09.2024, 11:02

Halle. Immer lauter werden dieser Tage die Rufe nach bezahlbarem Wohnraum. Die eigene Wohnung würden sich die meisten Menschen wohl auch etwas kosten lassen, wenn sich die Preise denn irgendwie mit dem Einkommen vereinbaren ließen. Mit einer durchschnittlichen Kaltmiete von 5,25 Euro pro Quadratmeter sorgt die Kreiswohnstättengenossenschaft Halle Westfalen (KWG) für verhältnismäßig preiswerten Wohnraum. 1.775 Wohnungen an der Zahl verwaltet sie auf Altkreis-Gebiet. Im Gespräch mit dem „Haller Kreisblatt“ zeigt sich Vorstand Sven Eisele durchaus zufrieden mit dem Geschäftsjahr 2023. Das sei angesichts eines Jahresüberschusses von 996.000 Euro „positiv verlaufen“, die KWG habe ihre Sache gut gemacht. Doch mit zunehmender Gesprächsdauer wird deutlich, dass nicht alles im Bauwesen so läuft, wie sich die Verantwortlichen bei der KWG das wünschen.

Es fallen verschiedene Schlagwörter, die wohl jeder im Zusammenhang mit geplanten Bauvorhaben schon mal gehört hat: „Handwerkermangel, Preiserhöhungen, Materialknappheit, schlechte Förderkulisse“, zählt Eisele auf. 7,4 Millionen Euro hat die KWG 2023 in Neubau, Instandhaltung und Modernisierung investiert. Für letztgenannten Punkt seien die Fördermittel erheblich zusammengekürzt worden, klagt Eisele und bringt ein Beispiel: „Für die energetische Modernisierung eines Altbestands in Versmold wurden wir mal mit 370.000 Euro von der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) bezuschusst. Jetzt sind es für eine vergleichbare Wohneinheit nur noch 130.000 Euro.“ Was das Thema energetische Modernisierung angeht, sei 2024 „ein verlorenes Jahr“.

„Wenn wir klimaneutral bauen wollen, dann brauchen wir Erfahrungswerte mit Wärmepumpen. Ohne die Förderung geht das nicht, aber irgendwann müssen wir mal damit anfangen“, gibt Eisele mahnend zu bedenken. „Wir wünschen uns eine auskömmlich finanzierte Förderkulisse, die auch mal fünf Jahre am Stück läuft, damit unter verlässlichen Bedingungen kalkuliert werden kann. Aktuell müssen wir ständig reagieren und umplanen“, fasst er das Problem zusammen.

KWG bietet günstige Mieten

Mit zwei solcher Wärmepumpen hat die KWG in 2023 Häuser in Versmold ausgestattet und diese vollumfänglich energetisch modernisiert. Außerdem ist das Wohngebiet in der Steinhagener Finkenstraße jetzt um zwei neue Häuser reicher. Beide bieten Raum für jeweils elf öffentlich geförderte Wohnungen. Zu guter Letzt wurde der Neubau Sandkamp 20 in Halle frei finanziert fertiggestellt, der jetzt eine Tagespflegestation und sechs Mietwohnungen beheimatet. Pro Quadratmeter bezahlen die Bewohner dort 8,50 Euro Kaltmiete. Ein Preis, der unter anderem zustande kommt, weil beim Bau auf einen Fahrstuhl verzichtet wurde. Im frei finanzierten Bereich koste ein Bauprojekt ungefähr 4500 Euro pro Quadratmeter. Vorausgesetzt, man erfülle den Baustandard (z.B mit Fahrstuhl) und könne das Grundstück nicht vergünstigt erwerben. Bei diesen Kosten müsse die KWG dann eine Kaltmiete von 15 Euro pro Quadratmeter verlangen, rechnet Eisele vor.

Der Neubau am Sandkamp beheimatet eine Tagespflege und sechs Mietwohnungen. - © Tobias Barrelmeyer
Der Neubau am Sandkamp beheimatet eine Tagespflege und sechs Mietwohnungen. (© Tobias Barrelmeyer)

Zu der unsteten Förderung und den hohen Preisen gesellt sich in der Baubranche ein weiteres Hemmnis. So stehe die KWG für weitere Bauvorhaben (weitere Wohnungen am Sandkamp) zwar in den Startlöchern, werde aber zurückgehalten. „Eine Baugenehmigung liegt vor und ein Bauunternehmen steht bereit, die Bonitätsprüfung in Düsseldorf seitens der Landesbank steht jedoch noch aus“, sagt Eisele. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihm die Mühlen der Bürokratie entschieden zu langsam mahlen.

Ihn störe außerdem, dass Kompetenzen, die bislang der Kreis Gütersloh innehatte, mittlerweile beim Land liegen, wie etwa die Prüfung des Baukostenschemas. „Die Zusammenarbeit mit dem Kreis war bislang sehr gut, da ist es schade, dass diese Aufgaben jetzt Stellen in Düsseldorf zufallen, die gar kein Bild von der Lage vor Ort haben.“ Unter der Flut von Anträgen komme die KWG nicht recht zum Zuge, ärgert sich der Geschäftsmann. „Der private Wohnungsbau ist ins Stocken geraten, dafür gibt es jetzt umso mehr Anträge für öffentlichen Wohnungsbau“, fährt Eisele fort.

KWG-Vorstand macht Fortbildung in Sachen Förderung

„Wenn ein unausgereifter Antrag eingereicht wird, bei dem seitens der Landesbank noch etliche Nachfragen zu stellen sind, müssen wir darunter leiden, weil wir nun mal erst danach an der Reihe sind“, sagt er. Für ihn wäre es daher nur vernünftig, würden Anträge der KWG - die sich bereits als zuverlässige Genossenschaft erwiesen habe - bevorzugt behandelt. „Wir werden als Genossenschaft ja ohnehin schon peinlichst geprüft“, stimmt Heinrich Brameyer, ebenfalls Vorstand der KWG, mit ein.

Auch wenn der Frust offensichtlich ist, so lässt sich Sven Eisele davon nicht seinen Optimismus trüben. Einem Problem hat er bereits den Kampf angesagt. „Ich habe mich jetzt für ein Seminar angemeldet. `Fit im Förderdschungel´ heißt das“, verkündet er lachend. „Hoffentlich bin ich nachher schlauer.“