
Halle. Für seine Werkschau in der Städtischen Galerie Alte Lederfabrik hatte Veith Tönsing bereits lange im Vorfeld verschiedene Arbeiten aus verschiedenen Jahren zusammengestellt. Ölbilder zum Beispiel, die er 2020 in Ascheloh erstellt hat. „Meine Staffelei hatte ich in der freien Natur aufgestellt und die Landschaft gemalt", erzählt der Künstler. Pleinair-Malerei heißt das im Fachjargon.
Neben vielen weiteren Werken zu ganz anderen Themen hätte der 35-Jährige damit also schon einen engen Bezug zu der Stadt hergestellt, in der er geboren wurde und ebenso aufgewachsen ist. Aber kurz vor der Vernissage wollte Veith Tönsing mehr. Wollte ein ganz spezielles Bild mitbringen können, das markante Orte und Sehenswürdigkeiten der ganzen Stadt vereint. „Und so entstand ’05201 - Fanfare’ - ein Bild, über das das Haller Publikum einen Zugang zur gesamten Ausstellung bekommt, ohne dass ich mich anbiedere."
Und jetzt stehen die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung mit dem Titel „Tanz auf dem Vulkan" vor dem Werk und sehen und erkennen. Sie interpretieren und überlegen. Während Veith Tönsing, der seit 2010 in Düsseldorf lebt und an der dortigen Kunstakademie studierte, auflöst. Und die Orte seiner Kindheit und Jugend kommentiert.
Die Orte von Tönsings Kindheit in Halle
Warum es gerade das Haller Herz, die Shell-Tankstelle oder die blau-weißen Hochhäuser am Sandkamp, die mittlerweile längst abgerissen sind, als Element in sein Werk geschafft haben, verrät Tönding im Video. Den Skatepark an der Masch wählte der Künstler übrigens, weil er dort seine ganze Jugend verbracht hat. Und die Kaffeemühle? „Der beste Ort, um in Halle zu entspannen."
„Und dann habe ich noch das Haus von Papa gemalt mit meinem Kinderzimmerfenster, die Drachenwiese oder die Rasenfläche an der Masch; so krass, dass da früher Baseball gespielt wurde", merkt Veith Tönsing an. Während er aus der Skaterperspektive auf die grauen SUVs schaut. Auf die „dicken Karren, die auch durch die ländliche Region fahren". Der Künstler rückt sein Basecap zurecht und fährt sich durch die Locken. Und dann lächelt er.
Noch bis zum 7. Juli ist die Ausstellung zu sehen. Und inspiriert, denn Tönsings Malstil ist so voller Spontaneität und Leichtigkeit, weist aber zugleich durchkomponierte Bildaufbauten auf. Und springt zwischen den beherrschenden Themen - von Umweltkatastrophen zu verschiedenen Kulturen, über Kolonialismus und Zuversicht bis zum Untergang, Feiern und Tanzen sowie immer wieder Natur und Heimat. Dabei stellen die zumeist großformatigen Arbeiten Bildwelten dar, in denen auch parodistische Züge erkennbar sind. Was auf den ersten Blick kurzweilig erscheint, lässt auf den zweiten Blick tiefergehende Zusammenhänge und eine Auseinandersetzung mit den Problemen der Gegenwart erkennen.

Wer den Weg an die Alleestraße findet, kann übrigens dort einen Druck des besonderen Haller Gemäldes erstehen beziehungsweise in der Haller Buchhandlung Elsner. Und wer weiß, vielleicht bleibt ja auch das Original in Halle. Die Ausstellung ist samstags von 11 bis 18 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr geöffnet - und lädt zum Tanz auf dem Vulkan.