Angebot schrumpft: Stadt sucht neue Ideen für Haller Wochenmarkt

Halle. &bdquo;Am 1. April wäre ich seit 35 Jahren mit meinem Stand auf dem Haller Wochenmarkt“, sagt Frank Pohlmann. Der bewusst gewählte Konjunktiv zeigt, dass es dazu wohl nicht kommen wird. Nach derzeitigem Stand wird der Versmolder Fleischhändler bereits am 1. März zum letzten Mal seinen Wagen auf dem Ronchin-Platz parken, um den Besuchern des Wochenmarktes seine Fleischspezialitäten anzubieten. &bdquo;Ich würde ja gerne bleiben, aber mir fehlt einfach das Personal“, sagt Pohlmann. Sein langjähriger Mitarbeiter hat gekündigt und den Fischwagen von Gisela und Rüdiger Reichert übernommen, die viele Jahre lang neben Pohlmann auf dem Ronchin-Platz standen. Seitdem fährt das Fischmobil freitags nicht mehr nach Halle, sondern nach Bramsche (Landkreis Osnabrück). Der Fischwagen ist also weg und folglich wohl auch der Fleischwagen, weil eben jener Ex-Fahrer ja nun den Fischwagen lenkt. Klingt etwas verwirrend, klar ist aber unterm Strich, dass zwei beliebte Händler zukünftig auf dem Ronchin-Platz fehlen werden. &bdquo;Ich kenne die Hälfte der Kunden mit Namen“, sagt Pohlmann, dem es sichtlich schwerfällt, seinen bewährten Platz in der Lindenstadt aufzugeben. Auch er steuerte bislang neben Halle schon Bramsche an - konnte die Belastung allerdings zwischen seiner Frau, seinem Mitarbeiter und sich aufteilen. &bdquo;Aber ich kann meine Frau nicht jeden Freitag alleine nach Bramsche schicken, also mussten wir uns entscheiden“, sagt Pohlmann. &bdquo;Ich muss dann halt dorthin, wo es das meiste Geld gibt, und das ist eben Bramsche“, erklärt er kurz und knapp. Wer will Braten in Bramsche verkaufen? &bdquo;Das ist ein toller Job, auch gar nicht so anstrengend“, sagt Pohlmann und hofft weiterhin darauf, dass er eine neue Verkaufskraft auf Minijob-Basis findet, die ihn freitags und samstags unterstützt. Der Kollege könnte dann seine Frau nach Bramsche begleiten, und er könnte weiterhin nach Halle kommen. Gleichwohl gibt Pohlmann zu, dass die Zeiten auch mal besser waren und der Abschied daher vielleicht nicht ganz so sehr schmerzt. &bdquo;Die Nachfrage hat zuletzt schon nachgelassen. Als man den Markt aus Brandschutzgründen so auseinandergezogen hat, gab es einen derben Einbruch“, sagt Pohlmann. Atmosphäre und Umsatz hätten darunter gelitten. &bdquo;Es sind jetzt irgendwie zwei Märkte. Dazwischen stehen nur ein paar Stände, und deren Inhaber kommen oft auch nur bei gutem Wetter“, erklärt der Versmolder. Pohlman ist mit seinem Angebot an Geflügel, Wild und Lammfleisch an vier Tagen in der Woche mit seinen beiden Verkaufswagen unterwegs. Mittwochs in Melle, donnerstags in Werther (vormittags) und Steinhagen (nachmittags), freitags derzeit noch in Halle und in Bramsche und samstags in Vermold und Melle. Paderborn könnte ein Vorbild sein &bdquo;Es wird immer viel gejammert, das ist doch in jeder Branche so. Ich bin jedenfalls zufrieden“, sagt Rainer Baumhüter, Obst- und Gemüsehändler aus Kölkebeck. Allerdings wünscht auch er sich, dass die Stände wieder näher zusammenrücken. &bdquo;So wie früher, das war schon besser“, sagt Baumhüter. Generell gehöre ein Wochenmarkt aber in die Innenstadt, andere Standorte seien unvorteilhaft. &bdquo;Es wäre aber schön, wenn die Stadt etwas mehr Werbung für den Markt machen würde. Es gibt nicht einmal ein Plakat“, sagt er. Zudem wünsche er sich von der Stadt eine bessere Händlerauswahl. Gerade am Dienstag seien Stände zu sehen, die mit Schmuck, Taschen oder Textilien nicht unbedingt das anbieten, was man streng genommen auf einem Wochenmarkt erwartet. &bdquo;Mittwochs und samstags bin ich in Paderborn. Das ist ein rein grüner Markt“, sagt Baumhüter zum dortigen Angebot. Sein Stand befindet sich an prominenter Stelle, direkt am Neptunbrunnen und im Schatten des Doms. Auch dort habe man in kürzester Zeit etwa elf Händler verloren, aber man habe auch schnell acht neue hinzugewinnen können. &bdquo;Wir sind froh, dass wir noch an zwei Tagen zu unterschiedlichen Tageszeiten einen Wochenmarkt in Halle haben“, sagt Fachbereichsleiter Benjamin Potthoff. Jedoch sei der Markt längst nicht mehr kostendeckend, gerade seit dem starken Anstieg der Stromkosten sowie aufgrund der erhöhten Kosten für die Straßenreinigung. &bdquo;Die Standgebühren sind seit 2005 konstant“, sagt Potthoff. Für jeden angefangenen in Anspruch genommenen Meter sind 1,25 Euro pro Markttag fällig. Für einen starken Freitag könnte man den Dienstag opfern Es stelle sich nun die Frage, ob man den Dienstagnachmittag (14 bis 18 Uhr) aufwerten oder sich stattdessen ganz auf einen starken Freitagvormittag (8 bis 13 Uhr) konzentrieren möchte. Während am Freitag 21 Stände aufgebaut werden, sind es am Dienstag lediglich zehn Händler, von denen die Hälfte wiederum auch freitags vor Ort ist. Um die Attraktivität des Markts zu steigern, wird man eine Umfrage unter Besuchern und Händlern durchführen. In den beiden Wochen vor Ostern werden Mitarbeiter der Stadt vor Ort die Kunden befragen. &bdquo;Es ist auch möglich, an dieser Umfrage online teilzunehmen. Dort werden wir sie auch etwas länger laufenlassen. Die Ergebnisse sollten aber spätestens im Mai vorliegen“, sagt Potthoff. Schon seit Jahren wird versucht, den Markt attraktiver zu machen. Eine Verlegung auf den Kirchplatz stieß bei den Händlern allerdings auf Ablehnung und ist somit vom Tisch. &bdquo;Der Markt habe dort keinen Charme, man sei sehr abgeschottet und es gebe keine Laufkundschaft“, zitiert Potthoff einige Aussagen der Händler. Markt mit Event-Charakter für alle Generationen Schwierig sei es, neue Händler zu finden. Zum einen hätten die meisten schon ihren festen Terminkalender, und zum anderen sei nicht jeder für einen Platz in der Lindenstadt geeignet. &bdquo;Wir müssen ja auch eine Mischung beibehalten. Was nützt uns denn der siebte Textilhändler in der Stadt?“, fragt Potthoff rhetorisch. Auch das Einkaufsverhalten habe sich geändert. Viele Jüngere nutzten Lieferservices wie Wochenmarkt 24 oder kauften in Hofläden. &bdquo;Heute hat ja fast jeder Landwirt seinen eigenen Hofladen“, sagt Potthoff. Dieser Direktvertrieb könne oft automatisiert und nahezu personalfrei laufen und sei somit viel unkomplizierter als ein Marktstand. Zudem sein man unabhängiger vom Handel. Dennoch sieht er in einem Wochenmarkt keineswegs ein Auslaufmodell, das nur noch die ältere Generation nutzt. &bdquo;Es ist ein Modell, das noch funktioniert“, sagt Potthoff. Er persönlich könne sich vorstellen, dem Modell Wochenmarkt mit einigen speziellen Veranstaltungen einen neuen Schub zu verpassen. &bdquo;Wir sollten nicht einfach das Abendmarktmodell nachmachen, das einige Städte anbieten. Aber wie wäre es mit einem reinen Bio-Markt einmal im Monat oder einem monatlicher Markttag, an dem nur Haller Händler ihre Waren anbieten?“, fragt sich Potthoff.

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