Unfall auf dem Radweg

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Gefährlicher Absperrpfosten: Betroffene berichten, wie es zum Sturz kam

Stürze an Pollern passieren vermutlich viel häufiger, als es die Unfallstatistik ausweist. Auch die schmerzhafte Begegnung eines Haller Radfahrers mit dem rot-weißen Pfosten ist nicht registriert.

Der Absperrpfosten zeigt zahlreiche Spuren von Kontakten mit Radfahrenden. | © Heiko Kaiser

12.03.2023 | 16.03.2023, 09:52

Halle. In der Diskussion um den Fahrradunfall in der Nähe des alten Busbahnhofs sind die Meinungen geteilt. Sie reichen von "Wie kann man nur einen Poller mitten auf den Radweg stellen" bis zu "Augen auf im Straßenverkehr". Vergangenen Dienstag hatte ein 67-jähriger Mann aus Steinhagen mit seinem E-Bike aus bislang unbekannten Gründen den Poller touchiert, war gestürzt und hatte sich dabei lebensgefährliche Verletzungen zugezogen.

Daraufhin haben sich Menschen in der Redaktion gemeldet und von weiteren Vorfällen berichtet. Andreas Bültmann ist einer von ihnen. "Wir waren mit einer Radwandergruppe des RC Teuto unterwegs. Wir kennen die Gefahr solcher Pömpel und haben uns angewöhnt bei Gruppenfahrten die Warnung `Achtung Pömpel' nach hinten durchzureichen. Trotzdem ist es zu einem Unfall gekommen. Eine 80-jährige Frau ist hängengeblieben und schwer gestürzt", erinnert er sich. Dabei sei auch eine weitere Fahrerin zu Fall gekommen.

Im Mai 2018 erwischte es den Haller Joachim Möller- "Ich war mit dem Rennrad in einer Gruppe des RC Teuto unterwegs. Am Bahnhof sind wir gestartet", erinnert er sich. Damals habe der Absperrpfosten noch 20 Meter weiter in Richtung Busbahnhof gestanden. "Als zwei Fußgängerinnen mir Platz machten, habe ich mich nur kurz umgedreht, um mich zu bedanken", sagt Möller. Dabei sei er vermutlich mit dem Lenker am Pfosten hängengeblieben. "Ich bin buchstäblich auf dem Hintern gelandet", sagt er. Heute kann er darüber lachen. Damals waren die Prellungen überaus schmerzhaft. Natürlich sei er abgelenkt gewesen, gibt Joachim Möller zu. Natürlich müsse man aufmerksam sei, ergänzt er selbstkritisch. "Allerdings ist das hier keine Straße, sondern ein Geh- und Radweg. Da rechnet man in erster Linie mit Fußgängern, jedoch nicht mit Hindernissen mitten auf einer langen Gerade."

Alleinunfälle werden manchmal nicht gemeldet

In Kenntnis dieser Vorgänge hatte sich Andreas Bültmann daraufhin an die Kreispolizeibehörde gewandt, mit der Frage, wie viele Unfälle es in der Stadt Halle durch einen Zusammenprall von Radfahrenden mit Verkehrspfosten auf Geh-/Radwegen gegeben habe. Seine Intention war es, einen Bürgeranregung an die Stadt zu stellen, nicht notwendige Pfosten zu beseitigen.

Die Antwort der Behörde war ernüchternd. "Es gibt in der Unfallstatistik kein spezielles Auswahlfeld für Sperrpfosten, Umlaufschranken oder ähnliche Einrichtungen", heißt es dort und weiter: "Gerade Alleinunfälle, bei denen Radfahrer eben nicht rechtzeitig die Sperreinrichtungen gesehen haben, werden manchmal nicht gemeldet, weil der Radfahrer durchaus die Ursache bei sich selbst erkannt hat oder aus Unkenntnis eine Meldung scheut. Eine genaue Anzahl von Unfällen ist in Zusammenhang mit Sperreinrichtungen somit nicht zu ermitteln."

Zwei Drittel der Vorfälle werden nicht erfasst

In Münster, der Fahrradhauptstadt Deutschlands, hat es dazu eine gemeinsame Untersuchung von Polizei, dem Universitätsklinikum Münster und dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft- gegeben. Die Studie, an der sich alle Krankenhäuser in Münster beteiligt haben, untersuchte über einen Zeitraum von einem Jahr Fahrradunfälle im Stadtgebiet. Während die Polizei im Erfassungszeitraum 723 Radfahrunfälle mit Verletzten oder Getöteten registrierte, wurden von den Klinken tatsächlich 2.250 erfasst, also zwei Drittel mehr, als der Polizei bekannt wurden.

Zwei massive Steine flankieren den Pfosten an den Rändern des Weges und stellen eine zusätzliche Gefahr dar, falls es hier zu Stürzen kommen sollte. - © Heiko Kaiser
Zwei massive Steine flankieren den Pfosten an den Rändern des Weges und stellen eine zusätzliche Gefahr dar, falls es hier zu Stürzen kommen sollte. (© Heiko Kaiser)

Auf die Gefahren an dieser Stelle hatte auch der Haller Hartmut Lüker im Dezember 2021 bei einem Termin im Rathaus hingewiesen. Dort hatte er gebeten, die Steine, die rechts und links des Pollers im Seitenbereich platziert sind, zu entfernen, weil sie seiner Ansicht nach bei einem Sturz eine zusätzliche Gefahr bedeuteten.

Letztlich aber sollen der Absperrpfosten in Verbindung mit den seitlichen Steinen verhindern, dass Pkw diesen Weg nutzen. Theoretisch wäre das sogar erlaubt. Denn der Weg ist vom alten Busbahnhof aus nicht als Rad-/Gehweg gekennzeichnet. Auch ist dort kein Schild zu finden, dass die Durchfahrt für Kraftfahrzeuge verbietet.