Krise, Wandel und Hoffnung: Treffen von Wirtschaftsvertretern in Halle

Halle. Einen besseren Ort für das erste Haller Wirtschaftstreffen seit drei Jahren hätte man nicht wählen können. Einen besseren Gastgeber vermutlich auch nicht. Denn Lokalität und Unternehmer Christian Busch stehen für die wirtschaftliche Situation in Halle. Eine Situation im Spannungsfeld von Krise, Wandel und Hoffnung. Christian Busch, Mehrheitsgesellschafter des Solinger Modeunternehmens Walbusch, hatte in die &bdquo;Kantine" im Outlet-Center Ravenna-Park eingeladen. &bdquo;Ich bin der Neue in dieser Runde", sagte er in seiner Begrüßung zu den etwa 80 Gästen aus Wirtschaft, Handel und Politik und machte die Anwesenden zunächst mit der Walbusch-Geschichte vertraut. Erst in den 1960er Jahren sei die ganz auf den textilen Bereich ausgerichtet worden. Zuvor habe der Großvater, der das Unternehmen 1934 gründete, mit einem typischen Solinger Produkt, der Rasierklinge, die Geschäftsgrundlage gelegt. &bdquo;Unsere DNA ist das Thema Problemlösung. Wir haben nicht nur den Anspruch, Kleidung zu produzieren, die ein schönes Gefühl gibt. Bei uns geht es darum, die Produkte mit einem gewissen Vorteil zu verkaufen", sagte Christian Busch. So sei der Großvater, der unter anderem die neue automatische Kartoffelschälmaschine vertrieb, dazu gekommen, das erste bügelfreie Hemd neben Schmuck, Solinger Schneidwaren und Elektrogeräten in das Sortiment aufzunehmen. Mit großem Erfolg. Es folgte das Hemd ohne Knopf am Kragen, für das Walbusch bekannt wurde – Kleidung mit dem gewissen Vorteil eben. Walbusch verkaufte seine Textilien zunächst ausschließlich im Distanzhandel per Katalog. &bdquo;Inzwischen aber haben wir uns in den stationären Handel gewagt", sagt Christian Busch. 44 Filialen werden vom Unternehmen selbst betrieben. Walbusch-Produkte gibt es nur im unternehmenseigenen Online-Shop und in den Filialen. Zu 100 Prozent ein Familienunternehmen Auch das verdeutlicht, wie dieses Unternehmen, das sich zu 100 Prozent in Familienbesitz befindet, tickt. 70 Prozent der Anteile hält Christian Busch, 30 sein Vater Thomas. Da ist es nur logisch, dass man auch den Vertrieb zu 100 Prozent in den Händen haben will. Walbusch-Textilien werden nur im deutschsprachigen Raum vertrieben. Auch dafür hat Busch eine Erklärung: &bdquo;Unsere Klientel ist konservativ unterwegs. Ein Angelsachse würde ein Hemd mit Brusttasche, wie wir es schneidern, nicht tragen." &bdquo;Mein Herz schlägt bergisch", sagt Christian Busch. Dass dennoch die Entscheidung getroffen wurde, im Ravenna-Park zu expandieren, ist ein umso größerer Vertrauensbeweis in die Region. &bdquo;Ich möchte, dass mein Herz auch in Halle schlägt", fügt er hinzu. Doch ehe es den ostwestfälischen Takt aufnimmt, wird es noch einige Zeit dauern. Das hat zwei Gründe. Start verzögert sich aus zwei Gründen &bdquo;Wir haben die Situation in Halle unterschätzt. Bei allem Respekt vor der Familie Weber: Dadurch, dass dieses Projekt hier in zwei Jahren aus dem Boden gestampft wurde, sind viele Dinge übers Knie gebrochen worden. Das stellen wir gerade fest. Man sieht es beispielsweise an Abflussleitungen, die kein Gefälle haben, oder auch an der Logistik, die mit der heißen Nadel gestrickt worden ist." So sei beispielsweise das Packen von Päckchen für Endkunden, welches das Kerngeschäft von Walbusch darstelle, im Logistik-Zentrum derzeit nicht möglich. &bdquo;Dieses Projekt ist uns zeitlich und finanziell etwas aus dem Ruder gelaufen. So dass wir uns die Zeit nehmen, zweimal nachzudenken", erklärt Christian Busch. Auch angesichts einer schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage. &bdquo;Die nächsten Wochen und Monate werden nicht schön", fügt er hinzu. Bedeutet: &bdquo;Der ursprüngliche Plan, dass die erste Sendung Ende dieses Jahres aus Halle kommt, wird nicht zu erfüllen sein." Busch rechnet daher mit einem Start erst für das Jahr 2025. Doch er verspricht: &bdquo;Wir halten daran fest. Das können Sie vor allem auch daran sehen, dass Herr Busch schon einmal seine Visitenkarte ans Gebäude gestellt hat." Gastronomie mit einem Sterne-Koch Einziehen wird hingegen bereits in der kommenden Woche die Gastronomie. Der Sterne-Koch Kai Klinkel präsentiert zusammen mit seiner Frau Christel und Tochter Lena ein kleines, aber feines kulinarisches Angebot im Outlet. Halles Bürgermeister Thomas Tappe begrüßte Christian Busch als Newcomer in der Haller Unternehmerschaft und brachte seine Wertschätzung der Wirtschaftsvertreter zum Ausdruck, indem er sagte: &bdquo;Sie alle sichern mit Ihren Unternehmen den Wohlstand in dieser Stadt." Tappe erklärte, man stehe vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen und nannte hier Fachkräftemangel, steigende Zinsen und astronomische Gaspreise. &bdquo;Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass wir in eine Rezession rutschen", sagte er, um dann mit einem Zitat von Barack Obama gleich wieder Hoffnung zu verbreiten: &bdquo;Wir sind nicht gekommen, um die Zukunft zu fürchten. Wir sind hierher gekommen, um sie zu gestalten." Wasserstofftechnologie am besten schon morgen früh Das war ganz im Sinne der Anwesenden, die anschließend einen Vortrag von Nikolas Knetsch, Co-Geschäftsführer von Kosmogrün und Experte für Wasserstofftechnologien, folgten. Aufgrund einer Erkrankung war Knetsch nur per Video zugeschaltet. Er ermutigte die Zuhörer dazu, sich &bdquo;am besten schon morgen früh" Klimaziele zu setzen, einen Maßnahmenplan zu entwickeln und die Wasserstofftechnologie darin einzubeziehen. Zum Ende der Veranstaltung gab es Gelegenheit, sich in lockerer Atmosphäre über die Vorträge und auch die Eindrücke vom Rundgang durch das Logistik-Center auszutauschen. Hier waren unter anderem die leeren ungenutzten (Hänge-)Regalflächen im einst von Weber errichteten Logistikzentrum ein Thema. Ein passendes Bild für die derzeitige Situation. Ein Bild für eine heimische Industrie vor der Rezession – und in der Hoffnung auf das Engagement von Unternehmern wie Christian Busch.

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