Familienbetrieb in neunter Generation: Erstmals strebt eine Frau an die Spitze

Halle. Passend zum 290-jährigen Bestehen der Wilhelm Kisker GmbH steht in der Brennerei bereits die neunte Generation in den Startlöchern. Lisa Kisker ist seit Jahresanfang in dem Unternehmen tätig, das zu den bundesweit 30 ältesten Familienbetrieben zählt, und unterstützt ihren Vater Cornelius Kisker, der seit 2003 alleiniger geschäftsführender Gesellschafter ist. Der Ruhestand sei für ihren Vater eine Perspektive, aber noch leite er das Unternehmen mit viel Leidenschaft. &bdquo;Ich lerne sehr viel von ihm", sagt die 29-Jährige, die seit Januar als Leiterin der Unternehmensentwicklung im Betrieb tätig ist. Lesen Sie auch: Das sind unsere starken Marken aus der Region Die Ururenkelin vom Ururenkel des Firmengründers Johann Anton Kisker, der 1752 im Alter von nur 47 Jahren starb, wäre die erste Frau überhaupt an der Spitze der Kisker-Brennerei. Dabei liegen ihre beruflichen Wurzeln abseits von Wacholderschnaps und Wodka. Lisa Kisker hat Immobilienwirtschaft und Immobilienmanagement an der Hochschule Hildesheim/ Holzminden/Göttingen studiert und in den vergangenen Jahren für ein US-amerikanisches Beratungsunternehmen für Gewerbeimmobilien gearbeitet. Sie wolle nun &bdquo;neuen Wind in das Unternehmen einbringen", obwohl das Geschäft auch in der Pandemie gut lief. Corona hat sich kaum ausgewirkt &bdquo;Man hat ja gesagt, dass zu Hause mehr getrunken wurde", sagt Kisker. Diese Einschätzung decke sich mit den Verkaufszahlen. &bdquo;Wir haben Corona umsatztechnisch nicht gespürt", sagt Kisker. Die Gründe liegen darin, dass die Gastronomie nur einen sehr geringen Teil der Abnehmer bildet und dass es bei Spirituosen kein Mindesthaltbarkeitsdatum gibt. &bdquo;Wir mussten unsere Ware nicht zwingend loswerden, das unterscheidet uns beispielsweise von den Brauereien", sagt die 29-Jährige. Auch mit Blick auf mögliche Infektionen innerhalb der Belegschaft sei man glimpflich davongekommen. Man habe das Personal strikt getrennt, die Grundlagen dafür waren schon vor Corona gegeben. Die Verwaltung mit etwa zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist auf dem historischen Gelände an der Kiskerstraße untergebracht, die Produktion mit etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern findet seit 1979 an der Kreisstraße in Künsebeck statt. Täglich verlassen zwischen 10.000 und 150.000 Flaschen die Lindenstadt. Die Produkte der Brennerei finden sich in Supermärkten überwiegend nicht mit dem Schriftzug Kisker auf der Flasche. Da man einen Großteil der Ware an Discounter liefert, gibt es verschiedene Handelsnamen. Ausgeliefert wird nicht nur in Deutschland, sondern auch ans angrenzende europäische Ausland. In den vergangenen Jahren hatte man sich oft ein zweites Standbein neben dem Spirituosengeschäft aufgebaut. &bdquo;Jede Generation hatte ihre eigenen Idee", sagt Lisa Kisker. So war die Firma beim Start im Jahr 1732 ein Handelshaus, in dem Leinen, Branntwein und Tabak angeboten wurden. Unterstützung erhielt Johann Anton Kisker damals von seiner Ehefrau Anna Maria, deren Vater Johann Lucas Brune von 1715 bis zu seinem Tod am 3. April 1754 Bürgermeister von Halle war. In all den Jahren habe es auch Bankgeschäfte, Schuhe, Säfte oder auch Limonaden (Florida Boy) und Mineralwasser (Lindenbrunnen) gegeben. &bdquo;Man hat mich schon gefragt, was ich für die 9. Generation mache, aber bisher habe ich noch keine Idee", sagt Lisa Kisker mit einem Lächeln. Zunächst einmal soll der 290. Geburtstag bestmöglich gefeiert werden, was in Zeiten von Krieg und Corona gewisse Schwierigkeiten beinhaltet. &bdquo;Wir hoffen auf ein Sommerfest, aber zunächst machen wir eine Baumpflanzaktion, zu der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeladen werden", sagt Kisker. 500 neue Bäume für den Teutoburger Wald &bdquo;Wir werden fast 500 Bäume auf unserem Waldgrundstück am Hermannsweg pflanzen", verrät Lisa Kisker einen Tag vor der geplanten Aktion. &bdquo;An der frischen Luft geht ja noch was", sagt sie mit Blick auf die Pandemiezeiten, in denen Feiern nur in der Lightversion stattfinden können. Wer sich den Berg hinaufgekämpft hat, wird mit Leckereien vom Grill versorgt. &bdquo;Wir machen solch eine Aktion zum ersten Mal", sagt Kisker im Vorfeld. Gut möglich, dass die Idee fortgesetzt wird. Die Stürme der vergangenen Jahre sowie der Borkenkäfer haben dafür gesorgt, dass die Fläche aufgeforstet werden musste. Für ein benachbartes Grundstück im Familienbesitz ließe sich solch eine Aktion wiederholen. Lesen Sie auch: Vegane Naturkosmetik statt Vollpappe: Jungunternehmer macht eigenes Ding &bdquo;Zum 300-Jährigen werden wir uns sicher auch wieder was Schönes überlegen, aber da haben wir ja noch viel Zeit zum Planen", sagt Kisker. Bis dahin wird sie sicherlich noch einige Ideen einbringen. Schließlich kommen immer neue Produkte auf den Markt: vom veganen Schnaps bis zum Rhabarber-Likör.

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