Hoffen auf ein regenreiches Frühjahr: Ist die Fichte noch zu retten?

Trotz Schnee und Regen ist das Wasser nicht bis in alle Bodenschichten gelangt. Teilweise wird es regelrecht abgestoßen. Die Folgen der trockenen Sommer sind an vielen Stellen sichtbar – vor allem ältere Bäume leiden.

Die abgestorbenen Fichten auf dem Storkenberg/Knüll zeigen eindringlich die Wassernot der Bäume. | © Rolf Uhlemeier

12.03.2021 | 12.03.2021, 10:59

Halle. „Ja, klar. Wasser ist noch immer ein Thema", sagt Stephan Borghoff. Angesichts der ergiebigen Schnee- und Regenfälle in den vergangenen Wochen und Monaten denken viele, dass die extreme Trockenheit aus 2019 und 2020 mittlerweile wieder ausgeglichen ist, doch das ist nicht so – zumindest nicht überall.

„Durch die ergiebigen Schneefälle sind die oberen Bodenschichten vollgesogen und auf vielen Flächen steht noch das Wasser", sagt der Umweltbeauftragte der Stadt Halle und ergänzt: „Auch die Grundwasserstände erholen sich und steigen an." Damit könnte man zu dem Schluss kommen, dass wieder alles in Ordnung ist. Doch das ist nicht so: „In tieferen Bodenschichten ist das Wasser in vielen Bereichen noch nicht angekommen", berichtet Stephan Borghoff und hat dafür auch eine Erklärung: „Durch die lange Trockenheit sind diese Schichten hydrophob geworden und können das Wasser nicht oder nur schwer aufnehmen."

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Nach der Schneeschmelze führt der Laibach in diesen Tagen viel Wasser. Im Boden ist das kühle Nass aber noch nicht überall angekommen. - © Rolf Uhlemeier
Nach der Schneeschmelze führt der Laibach in diesen Tagen viel Wasser. Im Boden ist das kühle Nass aber noch nicht überall angekommen. (© Rolf Uhlemeier)

Wasser perlt unter der Erde ab

Der aus dem Altgriechischen stammende Begriff lässt sich mit „wassermeidend" übersetzen und bedeutet, dass die Böden wasserabweisende Eigenschaften entwickeln, das feuchte Nass praktisch abperlt. „Wir haben solche Bereiche in Tiefen von etwa 50 Zentimetern bis zu zwei Metern", so der Umweltbeauftragte. Um diese Bodenschichten nachhaltig zu durchfeuchten, bedarf es laut Stephan Borghoff anhaltender Niederschlagsmengen, die nicht oberflächlich abfließen, sondern den Boden kontinuierlich mit dem Lebenselixier versorgen.

Danach sieht es aktuell aber nicht aus. Nach dem Wintereinbruch dominierten zuletzt eher Sonnenschein und frühlingshafte Temperaturen. Zwar regnet es immer wieder mal, doch ergiebige Niederschläge sind nicht zu erwarten. Dabei könnte der Boden nach Einschätzung des Umweltbeauftragten in vielen Bereichen noch locker 100 Liter pro Quadratmeter aufnehmen.

„Über die Fichten reden wir schon nicht mehr"

Trockene Bodenschichten gibt es in der Lindenstadt vor allem oberhalb der Bahnlinie. Dort liegt der Grundwasserspiegel zum Teil deutlich tiefer als zum Beispiel im Bereich des Schulzentrums Masch. Nördlich der Bahn befindet sich auch der Haller Stadtwald, und der ist durch die Trockenheit der vergangenen Jahre stark in Mitleidenschaft gezogen worden. „Über die Fichten reden wir im Grunde schon überhaupt nicht mehr", erklärte Stephan Borghoff. Die sind bis auf wenige Ausnahmen Geschichte.

Stephan Borghoff - © Rolf Uhlemeier
Stephan Borghoff (© Rolf Uhlemeier)

Zunehmend zeigen auch die Buchen unverkennbare Trockenschäden. Der Baum, der für die heimischen Wälder typisch ist, leidet unter dem Wassermangel. Der Hauptgrund dürfte darin liegen, dass sich ältere Bäume – wen wundert es? – nicht mehr so gut an sich verändernde klimatische Bedingungen anpassen können. Hier gibt es nach Einschätzung des Umweltbeauftragten durchaus Lösungsansätze. „Wir setzen darauf, dass nachwachsende Bäume im Rahmen der Naturverjüngung besser mit längeren Trockenperioden zurecht kommen."

Dort, wo Neuanpflanzungen nötig sind, wird verstärkt auf Mischwälder mit der Priorität auf Buchen sowie auf Wildkirschen, Traubeneichen, Douglasien, Weißtannen, Ulmen und Eschen gesetzt. Hoch im Kurs steht hier Baumnachwuchs, der an trockenes, kontinentales Klima angepasst ist und damit längere Phasen ohne Niederschläge besser überstehen kann.

Ausmaß der Schäden wird sich erst im Mai und Juni zeigen

Wie stark die Buchenbestände im Stadtwald mittlerweile geschädigt sind, werde sich laut Stephan Borghoff in aller Deutlichkeit erst im Mai und im Juni zeigen: „Man hat im Moment den Eindruck, dass mehr Holz vertrocknet als nachwächst." Beim Blick in die Kronen der Bäume lässt sich schon jetzt zunehmend Totholz erkennen, und das ist ein echtes Problem: „Entlang der Wanderwege versuchen wir natürlich, die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Grundsätzlich geschieht das Betreten des Waldes aber auf eigene Gefahr."

In den Beständen ist es überhaupt nicht möglich, abgestorbene Äste zu entfernen. Wanderer und Spaziergänger sollten sich möglichen Gefahren vor allem bei Sturm und heftigen Winden bewusst sein. Und auch wenn derzeit viele Menschen nach Sonne dürsten, muss man den heimischen Sauerstoffspendern wohl ein möglichst niederschlagsreiches Frühjahr wünschen.

INFORMATION


Weltwassertag


Der Weltwassertag findet seit 1993 jedes Jahr am 22. März statt und wird seit 2003 von „UN-Water" organisiert. In Rahmen der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro wurde er vorgeschlagen und von der UN-Generalversammlung in einer Resolution am 22. Dezember 1992 beschlossen.

Seit er ins Leben gerufen wurde, hat er erheblich an Bedeutung gewonnen. In Deutschland wird als Mahnung und zur Erinnerung an die Bedeutung des Wassers und des Umweltschutzes alle zwei Jahre die Flusslandschaft des Jahres ausgewählt. In den Jahren 2018/2019 ging der Titel an die 220 Kilometer lange Lippe mit einem Einzugsgebiet von 4.889,9 Quadratkilometern.

Aktuell ist die Weiße Elster, die in Tschechien entspringt und die Bundesländer Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt durchquert, der Fluss des Jahres.