Mode

Gerry Weber: Jetzt kommt es auf die Gläubiger an

Obwohl noch einmal 200 Stellen gestrichen werden, kann das Unternehmen nur dann überleben, wenn die Gläubiger bereit sind, der Firma 35 Prozent ihrer Ansprüche bis Ende 2023 zu stunden.

Spielt einmal mehr eine besondere Rolle: Das Logistik-Zentrum im Gewerbegebiet Ravenna Park in Halle. | © Nicole Donath

Stefan Schelp
06.05.2020 | 06.05.2020, 15:26

Halle. Für die Gerry Weber International AG geht es einmal mehr um alles oder nichts. Überleben kann das Modeunternehmen nur dann, wenn auch die Gläubiger aus der Insolvenz in Eigenverwaltung bereit sind, auf 35 Prozent ihrer Ansprüche länger zu warten, als es im Insolvenzplan vorgesehen war. Sie sollen zwar nicht auf diesen Anteil ihrer Ansprüche endgültig verzichten, ihn aber in Teilen bis zum 31. Dezember 2023 stunden, erklärt ein Unternehmenssprecher.

Im Umkehrschluss heißt das aber auch, dass die Gläubiger für den Fall, dass sie sich auf diesen Deal nicht einlassen, möglicherweise mit ganz leeren Händen dastehen. Denn wenn Gerry Weber jetzt erneut Insolvenz anmelden müsste, gäbe es wohl nur sehr wenig zu verteilen. Beobachter fürchten, dass es dann auf eine Liquidation des Unternehmens herauslaufen könnte. Damit wären dann auch sämtliche verbliebenen Arbeitsplätze verloren.

Logistik-Zentrum im Ravenna-Park spielt eine besondere Rolle

Eine besondere Rolle in den Überlegungen des Unternehmens spielt erneut das Logistik-Zentrum im Ravenna-Park, das die damalige Vorstandsspitze um Ralf Weber für rund 90 Millionen Euro hatte bauen lassen. Bis zum Jahresende 2021 muss das Zentrum verkauft sein. Die Rechnung lautet: Falls Gerry Weber es nicht schafft, sinkt auch das Logistik-Zentrum drastisch im Wert. Das könnte auch den Gläubigern nicht recht sein, weil das Logistik-Zentrum weiter in den Kontrollbereich des ehemaligen Sachwalters fällt, der Verkaufserlös fließt mit ein in die Quote der Gläubiger. Ein schlechter Verkaufspreis schlüge also direkt auf die Gläubiger durch.

Die Bitte um Stundung richtet sich ausschließlich an die Großgläubiger, denen Gerry Weber 2.500 Euro und deutlich mehr schuldete. Die Kleingläubiger, darunter viele Angestellte des Unternehmens, sollen unbehelligt bleiben, erklärt der Sprecher. Die Angestellten tragen durch Arbeitsplatzabbau und andere Zugeständnisse ohnehin zur Zukunftssicherung des Unternehmens bei.

In den nächsten Tagen die ersten Gespräche

Um welche Summen es bei der Stundung geht, legt der Konzern nicht offen. "Es geht darum, dass weniger Geld abfließt, um unser Geschäft zu finanzieren." In den nächsten Tagen werde es erste Gespräche geben. Danach werde man sehen, wie die Reaktion bei den Großgläubigern ausfalle.

Wenig zu erwarten hat die Gerry Weber AG laut Beobachtern von der ehemaligen Tochter Hallhuber. Die hat im April Insolvenz angemeldet, Gerry Weber ist an dem Unternehmen noch mit 12 Prozent beteiligt.