Historische Weihnachten: Küster in Borgholzhausen verhält sich „scandaleus“

Borgholzhausen. Weihnachten steht vor der Tür – heute wie damals ein außergewöhnliches Fest. Besonders nachhaltig blieb jedoch den Zeitgenossen in Borgholzhausen der erste Weihnachtsfeiertag des Jahres 1723 in Erinnerung. Was aber sorgte für die sprichwörtliche &bdquo;schöne Bescherung“? Hauptrollen beim Weihnachtsstück der etwas anderen Art spielten seinerzeit der örtliche Pfarrer, der Küster, ein paar Gemeindeglieder und die landesherrliche kirchliche Aufsichtsbehörde: das sogenannte Konsistorium mit Sitz in Bielefeld. Anfang Januar 1724 erreichte das Konsistorium eine anonyme Beschwerdeschrift aus Borgholzhausen. Ins Visier geriet der örtliche Küster Gottschalk Wilhelm Vahlkamp, der gleichzeitig als Schullehrer und Organist fungierte. Der anonyme Ankläger warf ihm vor, im Hauptgottesdienst am ersten Weihnachtsfeiertag 1723 derart betrunken gewesen zu sein, dass er die Orgel in der Kirche zu Borgholzhausen nicht mehr richtig habe spielen können. Ferner sei er mehrfach mit seinem Körper auf die Orgeltastatur gefallen. Deshalb sei während des Gottesdienstes &bdquo;eine große Confusion“ entstanden, wie es wörtlich in dem Schriftstück heißt. Kurzum: Das Verhalten von Gottschalk Wilhelm Vahlkamp erweise sich als &bdquo;scandaleus“! Zum Rapport nach Bielefeld Kurzerhand zitierten die Konsistorialräte den Beschuldigten nach Bielefeld zum Rapport. Im persönlichen Verhör bestritt Vahlkamp alle ihm zur Last gelegten Vorwürfe. Daraufhin vernahmen die Kirchenräte weitere Zeugen. Beispielsweise äußerte sich der Bürger Matthias Kansteiner. Er gab an, von der Trunkenheit des Küsters nichts zu wissen. Natürlich habe auch er wahrgenommen, dass Vahlkamp während des Weihnachtsgottesdienstes ein Lied nicht mit der Orgel begleitet habe. Als Begründung führte Kansteiner an, dass es in der Kirche sehr finster gewesen sei und der Organist darum eine falsche Seite im Gesangbuch aufgeschlagen habe. Ganz anders lauteten dagegen die Angaben des Zeugen Schürmann, der heimlich ein Gespräch zwischen Pastor Clamor Löning und Matthias Kansteiner belauscht hatte. Dabei soll Kansteiner versucht haben, den erzürnten Pfarrer zu besänftigen – in der Hoffnung, dass der Küster keine Strafe erhalte. Und außerdem erzählte Schürmann, dass Kansteiner während des fraglichen Gottesdienstes den Organisten mehrfach in die Seite gestoßen und möglichst unauffällig gebeten habe, das falsche Orgelspiel zu beenden. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK Doch Vahlkamp habe diese Empfehlung nicht angenommen und stattdessen erwidert: &bdquo;Wenn ich aufhöre, meinen die Leute, ich sei so betrunken, dass ich nicht spielen kann.“ Offensichtlich hatte Kansteiner also nicht die Wahrheit gesagt – vermutlich wollte er sich schützend vor den Organisten stellen; der Grund ist nicht bekannt. Vor dem Gottesdienst in zwei Borgholzhausener Gaststätten Und was sagte Pastor Löning selbst? Er schilderte den Tagesablauf am 25. Dezember 1723 folgendermaßen: In der Frühe gegen 9 Uhr stand der erste Gottesdienst auf dem Programm. Eigentlich hätte Gottschalk Wilhelm Vahlkamp die Orgel spielen sollen. Aber er ließ sich von einem anderen Organisten vertreten. Währenddessen sei Vahlkamp in zwei Gaststätten eingekehrt, um Branntwein zu konsumieren. Beim Hauptgottesdienst war er jedoch wieder anwesend – sehr zum Leidwesen von Pfarrer Löning. Denn in seinen Ohren klang das Orgelspiel ganz fürchterlich. Zunächst sandte der Geistliche einen Schulknaben zum Organisten mit der Aufforderung, die Musik einzustellen. Ohne Erfolg – Vahlkamp ließ die Orgel weiterhin ertönen. Nun wurde der Pastor ärgerlich. Von der Kanzel herab rief er laut dem Küster zu, das Orgelspiel umgehend zu beenden. Dennoch bat Pfarrer Löning seine Vorgesetzten beim Konsistorium, Milde walten zu lassen. Der örtliche Geistliche hoffte, dass sich Küster Vahlkamp bessere und zukünftig ein anderes Verhalten an den Tag lege. Ob sich der Organist tatsächlich änderte? Dazu schweigen die historischen Schriftquellen. Allerdings wissen wir, dass das Weihnachtsfest des Jahres 1723 für großes Aufsehen sorgte. Weihnachten 2024 bleibt hoffentlich ebenfalls unvergessen – aber im positiven Sinne.

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