Kanalnetz von Borgholzhausen

Spezielles Sanierungsverfahren verhindert Großbaustelle in Borgholzhausen

Dank eines speziellen Verfahrens zur Erneuerung von Kanälen kommt Borgholzhausen um die Sperrung einer wichtigen Straße herum. Warum die Arbeiter dabei ohne Baugrube und große Fahrzeuge auskommen.

Tiefbau-Abteilungsleiter Fred Peters (v. l.) und Bürgermeister Dirk Speckmann sowie Matthias Zeh und Ali Yavavli von der Firma PPS Ingenieure. | © Tobias Barrelmeyer

Tobias Barrelmeyer
16.10.2025 | 16.10.2025, 14:35

Borgholzhausen. Bei der Firma Bartling kann aufgeatmet werden. Zwar muss der Schmutzwasserkanal, der direkt vor dem Firmensitz unterhalb des Haller Wegs verläuft, erneuert werden. Trotzdem hat der Verpackungshersteller keine Straßensperrungen, Baugruben und Störungen des Zulieferverkehrs zu befürchten.

Aufgefallen war der Sanierungsbedarf des Schmutzwasserkanals unterhalb der wichtigen Straße bei einer Inspizierung des Kanalnetzes, in dessen Rahmen die Stadt jährlich einen Teil des Systems (fünf bis acht Prozent) unter die Lupe nimmt, um den baulichen Zustand zu überprüfen und gegebenenfalls Mängel festzustellen.

Dabei sei festgestellt worden, dass sich das Schmutzwasserrohr unterhalb des Haller Wegs auf einer Länge von etwa 70 Metern verformt habe, erklärt Ali Yavavli von der Versmolder Firma PPS Ingenieure bei einem Termin vor Ort. Yavavli ist zertifizierter Kanalsanierungsberater und als solcher mit der Planung und Bauüberwachung des Projekts betraut. Das Rohr, das ursprünglich kreisrund war, habe demnach eine ovale Form angenommen, fährt er fort.

Stadt Borgholzhausen hält Baubeeinträchtigungen in Grenzen

Die Firma Bartling braucht aufgrund der minimalinvasiven Baumaßnahme keine Beeinträchtigung ihres Zulieferverkehres zu befürchten. - © Tobias Barrelmeyer
Die Firma Bartling braucht aufgrund der minimalinvasiven Baumaßnahme keine Beeinträchtigung ihres Zulieferverkehres zu befürchten. (© Tobias Barrelmeyer)

Auch Fred Peters, Borgholzhausens Abteilungsleiter für Planen und Bauen, sowie Matthias Zeh als Niederlassungsleiter der mit dem Bau beauftragten Firma Diringer & Scheidel Rohrsanierung aus Gelsenkirchen sind vor Ort, um Bürgermeister Dirk Speckmann und der Presse die Besonderheiten des laufenden Bauvorhabens zu erklären. Dabei komme nämlich ein spezielles Verfahren zum Einsatz, was eine Sanierung ohne großes Aufsehen ermögliche: das sogenannte TIP-Verfahren. „TIP steht für Tight-in-Pipe“, sagt Peters, also: eng im Rohr.

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Dass das Rohr gerade unterhalb des Haller Wegs verformt wurde, ist wohl kaum ein Zufall. „Wir vermuten, dass es mit dem Schwerlastverkehr zu tun hat“, sagt Peters. Ganz sicher, wie die einzelnen Faktoren konkret auf das Rohr eingewirkt haben, ist er selbst nicht. „Wahrscheinlich ist es ein Zusammenspiel aus Schwerlastverkehr und Witterungsbedingungen. Da versagt irgendwann das Material“, ergänzt Ali Yavavli. Es sei auch denkbar, dass das Rohr seinerzeit nur unzureichend eingebettet wurde, fährt er fort. Außerdem fließe das Schmutzwasser gegenwärtig durch ein PVC-Rohr aus den 1970er-Jahren, so Peters. „Die sind nicht so stabil wie Rohre, die man heutzutage verwenden würde.“

Das eingedrückte Rohr sei jedenfalls ein untragbarer Zustand. Täte man nichts, könnte in Folge einer Kettenreaktion irgendwann die ganze Straße absacken, so die Experten, zumal das Rohr so auch nicht seinen Zweck voll erfüllen könne. Bürgermeister Dirk Speckmann ist froh, dass dieses notwendige Übel durch das spezielle Erneuerungsverfahren vergleichsweise gering ausfällt. „Den Autoverkehr hätten wir durch die Stadt leiten können, aber mit den Lkw, die Bartling beliefern, hätte das nicht funktioniert“, weiß er.

Im Schmutzwasserkanal von Borgholzhausen bleibt nichts stecken

Durch diesen Schacht gelangen die Bauarbeiter an das eingedrückte Schmutzwasserrohr. - © Tobias Barrelmeyer
Durch diesen Schacht gelangen die Bauarbeiter an das eingedrückte Schmutzwasserrohr. (© Tobias Barrelmeyer)

„Wir wollten den Haller Weg nicht ein Vierteljahr lang sperren müssen und eine Baugrube ausheben“, ergänzt Peters. „Das Verfahren ist wesentlich ökologischer ohne die vielen Baufahrzeuge“, erläutert Matthias Zeh die Vorzüge des gewählten Ansatzes.

In seiner Hand hält Zeh einen Gurt, der zu einem trapezförmigen Klotz gehört. Dabei handelt es sich um einen sogenannten Zugkopf. Links und rechts an dessen Seiten verlaufen scharfe Metallschneiden. „Das Gewinde hat eine Zugkraft von zehn Tonnen“, erklärt Zeh und weist auf die Rückseite des mitgebrachten Bullis.

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Mit dem Gewinde, so Zeh, werde der trapezförmige Kopf durch das eingedrückte Rohr gezogen, um es so von innen zu weiten. Durch die scharfen Schnittkanten wird das Rohr demnach aufgeschnitten, sodass es als Hülle für die neuen Rohrelemente zurückbleibt, die einem Folgeschritt eingezogen werden. „Das sind Kunststoffkurzrohre“, erklärt Zeh. Durch die glatte Oberfläche des Materials werde sichergestellt, dass nichts im Rohr stecken bleibe, wie etwa aufgeweichtes Toilettenpapier.

Borgholzhausen wählt spezielles Sanierungsverfahren nicht zum ersten Mal

Auf diesem Bild wird die ovale Verformung des Rohres deutlich. - © Stadt Borgholzhausen
Auf diesem Bild wird die ovale Verformung des Rohres deutlich. (© Stadt Borgholzhausen)

Ein weiterer Vorteil des TIP-Verfahrens sei die kurze Bauzeit. Bereits Ende der Woche soll die Rohrerneuerung abgeschlossen sein, kündigen die Verantwortlichen an. Der Auftragspreis beträgt rund 47.000 Euro, teilt Peters mit. Die Stadt hat bereits Erfahrungen mit dieser Art von Baumaßnahme. Schon in der Straße Vogelgitter und in der Bielefelder Straße sei das Verfahren zum Einsatz gekommen, so Peters.

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