Kalt? Dunkel? Früh? Frauen aus Borgholzhausen springen trotzdem ins Wasser

Borgholzhausen. Es herrscht Nieselregen an diesem Septembermorgen in Borgholzhausen. Das Thermometer zeigt knapp 13 Grad Celsius. &bdquo;Usselig“ fällt dem Ostwestfalen da ein. Die Sonne ist gerade aufgegangen. Für die meisten nicht unbedingt das Wetter für sportliche Aktivität, ganz abgesehen von der frühen Stunde. Doch es gibt auch Stellen um kurz nach 7 in Borgholzhausen, die sind ziemlich heimelig. Schwimmmeister Lars Kattner hält das Messgerät ins Becken des Borgholzhausener Freibads. 25,7 Grad ist das Wasser warm - und damit circa doppelt so warm wie die Luft. Und auch noch einmal 1,5 Grad Celsius wärmer als es auf der Kreidetafel im Schwimmmeisterhäuschen ausgewiesen ist. &bdquo;Zu warm“, findet Kattner. Heidi Herzberg und Taja Dell finden das nicht. &bdquo;Das Wasser ist sehr angenehm“, sagt Heidi Herzberg. Sie muss es wissen. Seit Jahren schon gehört die Borgholzhausenerin zu einer kleinen Gruppe von Frühschwimmerinnen, die - Urlaub oder Krankheit einmal ausgenommen - an buchstäblich jedem möglichen Tag der Woche während der Saison an die Masch kommen, um ab 6.30 Uhr ihre Bahnen zu ziehen. &bdquo;Selbstverständlich komme ich immer“ Das Wetter, das merkt man im Gespräch schnell, spielt bei diesem Steckenpferd überhaupt keine Rolle. Jeden Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag also - dann wird das Frühschwimmen angeboten - steht Heidi Herzberg während der Saison gegen halb sechs auf, um ins Freibad zu gehen. Sie ist gewissermaßen eins dieser &bdquo;Early Girls“, auch wenn sie im Juli ihren 80. Geburtstag feierte. &bdquo;Selbstverständlich komme ich immer“, sagt Herzberg. &bdquo;Ich habe ja eine Dauerkarte. Und Lars hätte sonst ja keine Arbeit“, ergänzt sie und schaut schmunzelnd zum Schwimmmeister rüber. Was nicht ganz stimmt: 15 bis 25 Personen, so Kattner, sind es schon, die regelmäßig der frühmorgendlichen Aktivität frönen. An diesem Morgen ist auch die Borgholzhausenerin Taja Dell (63) beim Bahnenziehen mit dabei. Sie und Heidi Herzberg haben ihre Einheit hinter sich, kommen aus der Umkleidekabine. &bdquo;Eigentlich sind wir zu viert“, sagt Herzberg. Die beiden Hallerinnen Bettina und Annette sind im Moment aber ausgestiegen. Im Laufe der Jahre haben sich die begeisterten Frühschwimmerinnen über das gemeinsame morgendliche Hobby kennengelernt. Ist die meist halbstündige Einheit beendet, geht es für alle noch zu Brockmeyer zum Frühstücken. &bdquo;Beim Quatschen schaffen wir nicht viel“ Ganz groß, man ahnt es schon, ist die rein sportliche Ambition nicht. &bdquo;Beim Quatschen schaffen wir nicht viel“, sagt Taja Dell augenzwinkernd. Für die &bdquo;Early Girls“ sei es wichtig, dass sie sich beim Schwimmen unterhalten können. &bdquo;Wir genießen zusammen die Zeit im Wasser“, sagt Heidi Herzberg. Sie selbst war früher in der Gymnastikgruppe des TuS Ravensberg aktiv. &bdquo;Das musste ich aufgeben“, sagt die 80-Jährige. Nun ist das Frühschwimmen an vier Tagen in der Woche immer von 6.30 bis 8.30 Uhr. Gibt es denn auch einmal Tage, an denen es schwerfällt, aus dem Bett zu kommen, die Tasche zu packen und den Weg zum Freibad zu nehmen? &bdquo;Nein“, sagen beide Frauen wie aus einem Mund. &bdquo;Ich bin das gewohnt“, unterstreicht Heidi Herzberg. &bdquo;Als ich noch gearbeitet habe, musste ich um halb fünf aufstehen.“ Dem Freitag in dieser Woche schauen sie und Taja Dell aber definitiv mit eher mulmigem Gefühl im Magen entgegen. Denn an diesem 20. September endet in Borgholzhausen die Freibadsaison. Traditionell zum Kartoffelmarktwochenende, der wiederum in diesem Jahr eine Woche später steigt. Ins Hallenbad? &bdquo;Nein, danke“ &bdquo;Das ist schon schade“, findet Taja Dell und hat in Heidi Herzberg eine Fürsprecherin. Immerhin gäbe es Ausweichmöglichkeiten. &bdquo;Ihr könnt doch nach Bad Rothenfelde“, sagt Lars Kattner mit Blick aufs dortige Thermalbad. In Halle steht das Lindenbad. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Doch wieder sind Herzberg und Dell sich einig: &bdquo;Ein Hallenbad ist nichts für uns.“ Lieber bei Wind und Wetter und manchmal ziemlicher Dunkelheit die Bahnen ziehen. Bedeutet aber auch: Die beiden und ihre Haller Freundinnen müssen sich bis Mai gedulden. Zum Abschwimmen wird am Freitagabend im Freibad auch der Grill angeschmissen. Das wäre doch ein Grund für Taja Dell und Heidi Herzberg, auch mal zu späterer Stunde vorbeizuschauen. &bdquo;Wenn Lars uns einlädt, kommen wir“, sagen beide. Ohnehin lassen sie auf &bdquo;ihren“ Schwimmmeister nichts kommen. &bdquo;Wir sind sehr froh, dass er da ist“, sagt Heidi Herzberg. &bdquo;Wir hatten nie Ärger mit ihm, und er benimmt sich gut“, ergänzt sie lachend. Außerdem könne ihnen unter seinen wachsamen Augen auch nichts passieren. Zum gelungenen Frühschwimmen fehlt dann nur noch warmes Wasser. Aber das ist im Borgholzhausener Freibad nun wirklich das kleinste Problem.

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