
Borgholzhausen. Die Blumenkohlwolken heißen natürlich eigentlich Cumulonimbus. Und wer wüsste das besser als jemand, der immerhin zehn Semester lang Meteorologie studiert hat und damit über viele Jahrzehnte lang seinen Lebensunterhalt als freischaffender Sachverständiger bestritten hat. In seiner Freizeit aber ist Helmut Bangert eben vor allem ein leidenschaftlicher Wanderer. Seit zehn Jahren beschäftigt er sich mit der Ausbildung von Wanderführern.
Wenn Weiß zu Grau wird
Die Cumolonimbuswolken sind anfangs auch weiß wie die Wolken, die an diesem Samstag über dem Luisenturm im Blau des Himmels schweben – nur eben viel größer. „Man muss sie im Auge behalten und darauf achten, wenn sie dunkler werden", sagt Bangert. Denn aus solchen Wolken fällt das, was Wanderer am wenigsten mögen: Regen, Hagel und Schnee.

„Außer die eine Gruppe, die ich an einem Tag unterrichten musste, als die Regentropfen waagerecht flogen", erzählt er. „Die wollten aber trotzdem noch vier Stunden raus", schüttelt ihn der Gedanke an diese besonders wetterfesten angehenden Wanderführer noch heute.
Wichtiges Wetter-Wissen
Vier Mal im Jahr ist sein Vortrag mit dem Titel „Was muss ein Wanderführer über das Wetter wissen?" fester Bestandteil der Ausbildung, die an der Wanderakademie des Sauerländischen Gebirgsvereins angeboten wird. Weil Helmut Bangert keine Lust hat, immer dasselbe zu erzählen, ist sein Vortrag den Jahreszeiten ebenso angepasst wie den Gegebenheiten vor Ort. Und so erklärt er an diesem Nachmittag zum Beispiel, was sich hinter dem Phänomen des leicht diesigen Himmels in Richtung Westen verbirgt.

Was den Blick trübt
„Wasserdampf ist ein unsichtbares Gas", wird er dann ein wenig wissenschaftlicher. Doch durch die Sonne werde ein kritischer Grenzwert überschritten und der Wasserdampf kondensiere zu winzigen Tröpfchen, die in der Luft schweben und einen Schleier vor der Sonne bildeten, erklärt er. „Deswegen ist der Blick in Richtung Westen am Nachmittag getrübt", sagt Helmut Bangert. Praktisch, dass dieses Phänomen sogar für alle Jahreszeiten tauglich ist.
Was nachher jeder weiß
„So bilden sich zum Beispiel im Winter Eiskristalle im Bart", erklärt er einen weiteren Aspekt der Kondensation. Die Meteorologie ist eine Erklärwissenschaft, das würde Helmut Bangert jederzeit einräumen. „Es ist ein wenig wie bei der Börse", schmunzelt er. Beim Geschehen an den Finanzmärkten gibt es hinterher immer eine gute Erklärung – und das ist in der Wetterkunde genauso. Die Kunst besteht in der Voraussage, wie sich Aktienkurse und Wetter verändern werden.
Wetter aus dem Handy
Ein heute sehr gebräuchliches Mittel ist die Vorhersage auf den Handys. „Die verschiedenen Wetter-Apps verwenden unterschiedliche mathematische Modelle. Und deshalb kommen sie auch zu unterschiedlichen Ergebnissen", sagt Bangert. Der Hinweis darauf fehlt in keinem seiner Vorträge für die Wanderführerausbildung. Die wird nicht in irgendeinem Hörsaal durchgeführt, sondern in der freien Natur. Und besonders gern dort, wo ein Turm in der Nähe ist.
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Der heimische Aussichtspunkt war zum ersten Mal Ziel dieser Fortbildung – aber vermutlich nicht zum letzten Mal. Ein Grund dafür ist ein ganz praktischer: Für den Paderborner ist der Luisenturm gut zu erreichen. Vor allem aber ist es die Vielschichtigkeit der Landschaft, die sich vor den Augen der Besucher ausbreitet. „Wir haben hier ein Kammgebirge", macht er auf einen Umstand aufmerksam, der auf Einheimische eigentlich keinen besonderen Eindruck mehr macht.
Was hier anders ist
Doch dadurch unterscheidet sich der Ausblick deutlich von dem, was von ähnlichen Türmen im Sauerland zu sehen ist. Die sind oft rundum von Mittelgebirgsformationen umgeben. Von der obersten Plattform des Turms hoch über Borgholzhausen sieht man aber nicht nur den Bergkamm mit der Ravensburg, sondern eben auch das Ravensberger Hügelland in Richtung Werther und die Münsterländer Tiefebene in Richtung Versmold. „Und man sieht hier unter dem Turm Bäume", erkennt einer der Teilnehmer einen wichtigen Unterschied.
Wenn mal alles passt
Im Sauerland dominierten die Fichtenbestände, denen jetzt der Klimawandel den Garaus gemacht hat. Natürlich haben die Nadelwaldbestände auch im Teuto stark gelitten, aber dort gibt es zum Glück noch andere Baumarten. So wie die Buchen rund um den Luisenturm, die sich im Augenblick mit ihren zarten hellgrünen Tönen besonders attraktiv präsentieren.
Am Samstag stimmte aber auch aus meteorologischer Sicht einfach alles. „Die perfekte Temperatur zum Wandern, kein eintönig blauer Himmel – das ist eigentlich genau mein Lieblingswetter", stellte Helmut Bangert fest. Und vor drohenden Blumenkohlwolken musste er auch nur theoretisch warnen.
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