Erdkabel-Streit geht weiter: Drei Eigentümer machen Stimmung gegen Amprion

Georg von Kerssenbrock stellt mit Unterstützung ein 27 Meter langes Transparent auf. Während er seinen Gegnern vorwirft, Vogel-Strauß-Politik zu betreiben, muss er sich nun ebenfalls Kritik gefallen lassen.

An der Einmündung Meller Straße Ecke Bielefelder Straße haben die Erdkabelgegner Georg von Kerssenbrock, Uwe Nagelsmöller und Werner Bentlage (von links) ein 27 Meter breites Banner aufgestellt. | © Thomas van Zütphen

Jonas Damme
01.09.2020 | 01.09.2020, 11:27

Borgholzhausen. Einige Landwirte und Grundeigentümer machen in der Debatte um die Amprion-Höchstspannungsleitungen erneut Stimmung gegen den den Netzbetreiber. Georg von Kerssenbrock, Uwe Nagelsmöller und Werner Bentlage zeigen mit einer neuen Aktion deutlich ihre Abneigung gegen die geplante Erdverkabelung in offener Bauweise. Am Ortsrand von Pium haben sie ein 27 Meter breites Banner aufgestellt, das die Dimension der geplanten Baustelle zeigen soll.

Es ist nicht die erste öffentlichkeitswirksame Aktion der Gegner. Schon Anfang August hatten Landwirte großflächig Plakate aufgehängt.

„380.000 Volt werden durch unsere Felder gejagt"

Drei schwarze Zahlen prangen auf der weißen Folie. Die sollten allerdings nicht missverstanden werden: Die 27 Meter bezeichnen die Breite der Trasse, die der Stromnetzbetreiber braucht. 40 Grad heiß kann das stromführende Kabel später bei Normallast werden. Bei den kalkulierten Temperaturangaben gibt es aber – wie berichtet – erhebliche Schwankungen. 4,2 Kilometer lang ist der umstrittene Borgholzhausener Abschnitt insgesamt. Gegraben wird in mehreren Zeitfenstern.

Ergänzend zum Riesenbanner haben die Initiatoren per PR-Agentur eine Pressemitteilung herausgegeben. „Der eine oder andere wird uns möglicherweise vorwerfen, unser Plakat wolle Angst in der Bevölkerung schüren", lässt sich Georg von Kerssenbrock darin zitieren. Ihm ginge es aber nur darum, den Menschen ehrlich zu sagen, was geplant werde. Außerdem ist im Text von 380.000 Volt, die „durch unsere Felder gejagt" werden, die Rede. Den Befürwortern der Trasse wirft von Kerssenbrock „Vogel-Strauß-Politik" vor und, dass sie „unvollständige und bisweilen schlichtweg falsche Informationen" verbreiteten, insbesondere wenn es um den Verweis auf die guten Erfahrungen beim Testfeld im münsterländischen Raesfeld gehe.

Die Alternative wären über 70 Meter hohe Masten

Für ihre Aktion ernten die drei Initiatoren Kritik. So betont die SPD in einem Gegenschreiben, dass von Kerssenbrock und seine beiden Mitstreiter keinesfalls alle Piumer Landwirte hinter sich haben. „Gerade mal drei Eigentümer stellen sich quer und lassen sich nicht vom WLV in den laufenden Entschädigungsverhandlungen vertreten", kommentieren die Sozialdemokraten das Banner via Facebook. Der WLV ist der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband, der sich in den Ausgleichsverhandlungen für die Landwirte einsetzt. Was von Kerssenbrock ebenfalls verschweige seien die Auswirkungen einer Überlandleitung auf die Landschaft: „Über 70 Meter hohe Masten auf großen Betonfundamenten, über 40 oberirdische Leitungen, über 100 Meter breiter Schutzstreifen, starkes elektromagnetisches Feld in der Umgebung."

Der Bürgermeister teilt die Kritik an der Protestaktion. Auch er vermutet offenbar vor allem eine finanzielle Motivation bei Einsatz gegen die Großbaustelle. „Man kann nicht auf der einen Seite bereits gut mit Amprion über faire Entschädigungsregeln verhandeln und auf der anderen Seite agitieren, das ist nicht aufrichtig", so Dirk Speckmann. Deshalb erneuert er seine Ankündigung, sich auch in Zukunft für die Erdverkabelung einzusetzen und somit die Forderungen der neuerlichen Aktion zu ignorieren: „Ich werde jedenfalls weiterhin meine Aufgabe als Bürgermeister wahrnehmen und die einstimmigen Ratsbeschlüsse umsetzen, indem ich mich weiterhin auf allen Ebenen für die Erdverkabelung einsetze!"