
Ein kleiner Junge rennt durch den Wald, flieht vor Schatten, vor Hunden, vor Maschinen. „Inside“, das 2016 erschienene Spiel des dänischen Studios Playdead, ist ein Erlebnis, das uns damals wie heute packt – wortlos, aber nicht bedeutungslos. 2025, fast ein Jahrzehnt nach seinem Release, lohnt es sich, zurückzublicken: Was macht „Inside“ so besonders, und warum bleibt es ein Spiel, das man gesehen, nein, gespürt haben sollte?
Wir haben es in den vergangenen Tagen erst wieder gespielt – jetzt nehmen wir es gerne in unsere Rubrik „Zurückgespielt“ auf.
Reduktion als Kunstform

Wo viele Spiele mit offenen Welten und endlosen Optionen beeindrucken wollen, vertraut „Inside“ auf das Gegenteil: Reduktion. Die Steuerung ist denkbar simpel – laufen, springen, Objekte verschieben. Doch in dieser Beschränkung entsteht eine dichte, fast klaustrophobische Atmosphäre.
Die visuelle Sprache des Spiels ist streng: gedämpfte Farben, harte Kontraste, Lichtkegel, die wie Skalpelle durch Dunkelheit schneiden. Jedes Bild wirkt wie ein komponiertes Gemälde. Die Stille wird von Geräuschen durchbrochen, die nicht weniger verstörend sind: das Kläffen eines Hundes, das Summen von Maschinen, das Röcheln unbekannter Kreaturen.
Der Trailer zu „Inside“
Ein narratives Rätsel ohne Worte
„Inside“ erzählt keine Geschichte im klassischen Sinne. Kein erklärender Text, keine Dialoge, keine Zwischensequenzen. Stattdessen entfaltet sich das Geschehen in Andeutungen. Warum wird der Junge gejagt? Was sind das für Experimente, was die grotesken Körper im Untergrund?
Als Spielerinnen und Spieler sind wir gezwungen, selbst zu deuten – und genau darin liegt die Faszination. Manche lesen „Inside“ als Parabel auf Überwachungsgesellschaften, andere als Kommentar zur Entfremdung im Industriezeitalter. Wieder andere sehen schlicht eine Albtraumwelt, die bewusst unaufgelöst bleibt.
Mechanik und Flow: Rätsel als Erzählung

Die Puzzle-Elemente wirken nie wie Fremdkörper, sondern sind Teil der Welt. Schalter, Wasserstände, Magnetfelder – jedes Rätsel ist organisch ins Setting eingebaut. Und jedes Hindernis verstärkt das Gefühl, furchtbar klein und verletzlich zu sein.
In seinen besten Momenten schafft es „Inside“, uns in eine Art Flow zu versetzen: Wir handeln instinktiv, stolpern weiter, finden Lösungen fast körperlich. Das Spiel nimmt uns ernst, indem es uns nichts erklärt – und gerade das lässt uns tiefer eintauchen.
Zwischen „Limbo“ und dem Ungewissen

„Inside“ ist das zweite große Werk von Playdead, nach dem gefeierten „Limbo“ (2010). Beide Spiele eint die düstere Schwarzweiß-Ästhetik, doch „Inside“ verfeinert die Formel: mehr Tiefe, komplexere Rätsel, eine noch dichtere Atmosphäre.
Vergleichbare Titel wie „Little Nightmares“ oder jüngst „Somerville“ (von Ex-Playdead-Mitgründern) führen den Faden weiter, doch selten mit derselben Klarheit. „Inside“ bleibt kompromisslos in seiner Form – und vielleicht gerade deshalb zeitlos.
Rezeption und Wirkung von „Inside“
Bei Erscheinen im Jahr 2016 wurde „Inside“ nahezu überschwänglich gefeiert: Kritikerinnen und Kritiker sprachen von einem Meisterwerk, das Kunst und Spiel verschmilzt. Auf Metacritic liegt es bis heute im Spitzenbereich, Preise von BAFTA bis Game Awards folgten.
Doch entscheidender als Zahlen ist der Nachhall: „Inside“ wurde zum Referenzpunkt in Diskussionen um die Frage, ob Videospiele Kunst sein können.
Warum „Inside“ 2025 noch relevant ist

Neun Jahre später hallen die Themen nach. In Zeiten, in denen Überwachung, Körperkontrolle und Entfremdung durch Technologie erneut gesellschaftlich debattiert werden, lässt sich „Inside“ vielleicht auch prophetisch sehen. Seine Bilder – von gleichgeschalteten Massen, von Körpern im Dienste einer unsichtbaren Macht – sind heute aktueller denn je.
Zugleich erinnert uns das Spiel daran, dass große Erzählungen nicht laut sein müssen. Dass Reduktion, Stille, Ambiguität mehr über unsere Welt sagen können als jeder bombastische Blockbuster.
Fazit: Erneut ein Spiel, das uns nicht loslässt
„Inside“ ist weniger Unterhaltung als Erfahrung – ein düsterer Trip, der uns wortlos mit Fragen zurücklässt. Vielleicht liegt gerade darin seine Kraft: dass wir noch Jahre später an seine Bilder denken. 2025 ist ein guter Zeitpunkt, sich erneut hineinziehen zu lassen – in eine Welt, die uns verstört, fasziniert, und nicht mehr loslässt.
„Inside“ ist seit dem 29. Juni 2016 für Xbox erhältlich, seit dem 7. Juli 2016 für PC, seit dem 23. August 2016 für Playstation und seit dem 28. Juni 2018 für Nintendo Switch. Das Spiel kostet rund 20 Euro, ist aber regelmäßig als günstigeres Angebot zu haben, oft auch im Bundle mit „Limbo“. Das Spiel ist freigegeben ab 16 Jahren. Wir haben das Spiel zuletzt auf der Playstation 5 Pro gespielt.