Arminias Debütanten-Ball: Der Coach als Virtuose auf der Personal-Klaviatur | Haller Kreisblatt

Braunschweig. Ein Bild mit Symbolik: Heiner Backhaus tigerte im langen schwarzen Trainingsanzug mit hochgeschlossener Jacke und Cap an der Seitenlinie durch die sengende Spätsommersonne, während Mitch Kniat in kurzer Hose und T-Shirt das Spiel im Eintracht-Stadion eher luftig gekleidet verfolgte. Klar also, wer sich im Duell von Eintracht Braunschweig gegen den DSC Arminia Bielefeld warm anzuziehen hatte. Oder? Letztlich endete die Partie 1:1. Damit konnten beide Trainer leben. Backhaus’ Schützlinge hatten sich am Dienstag über 120 Minuten und durch ein quälend langes Elfmeterschießen gegen den VfB Stuttgart abgekämpft – und verloren. Körperlich wie auch mental drohte der Durchhänger. Der DSC hatte dagegen nach der Niederlage gegen Dresden mit der Verpflichtung des von den Fans geliebten Marius Wörl der Euphoriewelle wieder frischen Schwung verpasst. Arminia legte den Vorwärtsgang ein. Das Spiel fand überwiegend in der Braunschweiger Hälfte statt. Benjamin Boakye setzte offensiv erste kleine Ausrufezeichen, auch wenn seine zwei Abschlüsse in der Anfangsphase einmal zu unplatziert und einmal geblockt waren. Der 20-Jährige war überraschend als rechter Verteidiger aufgelaufen, weil neben dem gesperrten Christopher Lannert auch Tim Handwerker kurzfristig ausgefallen war. Boakye macht in der Viererkette einen guten Job Überhaupt bot die Personalsituation beim DSC Gesprächsstoff – weniger für den Trainer als vielmehr für die Beobachter. Hagmann, Boakye, Kania und Wörl feierten ihr Startelf-Debüt in der 2. Liga. &bdquo;Öffentlich bewerte ich gerne die mannschaftliche Geschlossenheit, ohne dass ich auf Einzelspieler eingehe“, wiegelte Kniat ab und ergänzte: &bdquo;Damit bin ich schon zufrieden, auch wenn ich mir etwas mehr Durchschlagskraft gewünscht hätte.“ Die letzte entscheidende Aktion vor dem Tor, sie kam einfach nicht. Dass der junge Boakye seinen Job in der Viererkette richtig gut gemacht hat, hätte Bielefelds Coach durchaus besonders herausstellen können. Auch dass bei Rückkehrer Wörl die Laufstärke und die Bindung zur Mannschaft nicht verloren gegangen sind, oder dass der unermüdliche, aber vielleicht etwas zu emotionale Joel Grodowski das Offensivspiel mit seiner Kampfstärke bereichert. Kniat hätte in dem Zusammenhang aber auch anmerken müssen, dass Marvin Mehlem in Arminias Schaltzentrale einen schwarzen Tag erwischte. Ihm gelang nicht viel. Und Julian Kania, als Einwechselspieler beinahe schon ein Torgarant, nutzte seinen Einsatz als Startspieler nicht für eine Empfehlung, auch wenn er als Mittelstürmer natürlich auch auf die Zuarbeit seiner Nebenleute angewiesen ist. Schlamperei im Mittelfeld führt zum Rückstand Braunschweig war keineswegs müde, sondern gefährlich. Eine Schlamperei des DSC im Mittelfeld führte zum 1:0 in der 64. Die zu 50 Prozent neu formierte Gästeabwehr konnte beim schnellen Umschaltmoment der Eintracht – einer von mehreren – nicht mehr viel retten. &bdquo;Das hatten wir analysiert. Wir wussten, dass die zwei Stürmer sofort tief abhauen. Aber das ist auch nicht einfach. Conteh ist sehr schnell“, meinte Kapitän Mael Corboz. Nach einer überwiegend ordentlichen ersten und einer zerfahrenen zweiten Halbzeit ohne Bielefelder Großchance drückte der DSC in Person von Isaiah Young den Ball in der 89. Minute noch zum insgesamt verdienten Ausgleich über die Linie. &bdquo;Das Tor ist absoluter Wille. Isi kommt rein und will unbedingt das Spiel drehen. Diese Einstellung macht uns aus“, betonte Corboz. Der Torschütze merkte an: &bdquo;Ich kann nicht sagen, dass ich glücklich bin. Wir wollen in jedem Spiel drei Punkte mitnehmen. Für mich persönlich ist es okay. Wenn du Bankspieler bist, willst du zeigen, was du kannst. Das habe ich heute gemacht.“ Zum Zeitpunkt des Bielefelder Treffers standen mit Zweitligadebütant Florian Micheler, dem vor einem Tag verpflichteten Arne Sicker und Vicent Ocansey aus der Oberliga-Mannschaft drei weitere &bdquo;Frischlinge“ auf dem Feld. Backhaus lädt zum Bier ein Immerhin zu Letzteren ließ sich Kniat eine (mehr oder weniger) personalisierte Kritik entlocken. &bdquo;Wir haben gesehen, was die Jungs für eine Qualität haben, wenn sie reinkommen. Ocansey kommt aus der Oberliga. Deswegen ist es ein riesen Vorteil, dass wir diese U21 gegründet haben. Ich bin mit den Einwechselspielern höchst zufrieden.“ Backhaus verfolgte alles in seinem dicken Sportanzug, etwas &bdquo;overdressed“, und kam bei so viel Analyse vielleicht wieder ins Schwitzen. Irgendwann hatte er dann genug: &bdquo;Euren Trainer müssen wir gleich noch auf ein kleines Feierabendbier runterholen“, sagte er in Richtung Mitch Kniat und beendete kurzerhand die Pressekonferenz mit dem Satz: &bdquo;Machen wir Schluss jetzt.“

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