Mediensucht bei Kindern: Schulleiter fordern verpflichtende Elternabende

Gewalt, Mobbing, Abstumpfung, Unkonzentriertheit, Isolation: Es sind diese Probleme, aufgrund derer es an den meisten Schulen in OWL mittlerweile klare Handyverbote für Schülerinnen und Schüler gibt. Doch das reicht nicht, kritisieren viele Pädagogen. Denn nicht die Endgeräte seien das Problem, sondern der überbordende Medienkonsum, der bei vielen Kindern und Jugendlichen längst zur Sucht geworden sei. Die Eltern erreiche man mit dem Problem in vielen Fällen nicht. Deshalb fordern viele Schulleiter, die Eltern zur Teilnahme an Info-Abenden zu verpflichten. Für Maxi Brautmeier-Ulrich, Grundschulleiterin aus Paderborn und Mitglied im Bundesvorstand des Grundschulverbandes, ist die Sache klar: &bdquo;Das Problem ist nicht die Handynutzung in der Schule. Das Problem ist der übermäßige Medienkonsum zu Hause – nachmittags und in vielen Fällen unbegrenzt, unbegleitet und ungeschützt.“ Häufig fehle es Eltern an wichtigen Infos und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu dem Thema. &bdquo;Darüber klären wir auch auf – aber zum einen muss das in viel größerem Umfang stattfinden. Und zum anderen ist die Teilnahme an solchen Infoveranstaltungen oft gering.“ Diese Ansicht teilt Guido Broziewski Blomenkamp, Leiter an der Realschule Bünde-Nord (RSBN). &bdquo;Natürlich können wir mit dem Handyverbot Störungen des Unterrichts verhindern. Oder damit herbeiführen, dass die Schüler sich in der Pause wieder miteinander, statt nur mit dem Gerät beschäftigen.“ An tieferliegende Probleme wie Cybermobbing, Gewaltbereitschaft, Mediensucht rühre man damit aber nicht. &bdquo;An der Stelle hätte ich mir eine klarere Ansage aus Düsseldorf gewünscht.“ .responsive23-l7a0SUJciTNh3Zfs-bar-stacked-horizontal-suchtfaktor-social-media { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-l7a0SUJciTNh3Zfs-bar-stacked-horizontal-suchtfaktor-social-media { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-l7a0SUJciTNh3Zfs-bar-stacked-horizontal-suchtfaktor-social-media { padding-top: 142.86%; } } Elternverantwortung gesetzlich einfordern Zwar gibt es auch an der Realschule Bünde-Nord Infoveranstaltungen für Eltern. &bdquo;Aber da kommen genau die nicht, von denen wir uns das wünschen würden. Ein Großteil guckt weg.“ Broziewski Blomenkamp hält es deshalb für richtig, die Elternverantwortung auch gesetzlich über eine verpflichtende Teilnahme an den Veranstaltungen einzufordern. Beim Lehrerverband &bdquo;lehrer.nrw“ ist das Thema ebenfalls bekannt. &bdquo;Es gibt viele Schulen, an denen die fehlende Teilnahme von Eltern an Infoveranstaltungen ein großes Problem ist“, sagt der Vorsitzende Sven Christoffer. Noch einen Schritt weiter geht Silke Müller, Schulleiterin, Autorin, Digitalbeauftragte von Niedersachsen und Gutachterin für das Bundesbildungsministerium. Seit Jahren verfolgt sie die Auswirkungen sozialer Medien auf Kinder und Jugendliche, hat darüber mehrere Bücher geschrieben. &bdquo;Da gibt es so viele Entwicklungen, bei denen man sich fragt: Wo sind die Eltern? Warum regeln die das nicht?“ Immer wieder erlebt Müller als Schulleiterin, wie wenig Einblick Eltern in die Handys ihrer Kinder haben, nichts von der digitalen Welt wissen, in der sich ihre Kinder Tag für Tag bewegen, der Gewalt und dem Missbrauch, denen sie ausgesetzt sind. In den Augen Müllers wäre es deshalb dringend notwendig, Eltern zur Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld zu zwingen. &bdquo;Da hat der Staat in Sachen Zivilschutz am Ende eine Fürsorgepflicht. Und was spricht dagegen, hier zum Beispiel mit Bußgeldern zu arbeiten? Das kriege ich auch, wenn ich meine Kinder nicht anschnalle. Ihre Sicherheit ist im Netz aber nicht weniger gefährdet.“ Schulministerium NRW setzt auf Freiwilligkeit Im Schulministerium NRW sieht man hingegen keine Notwendigkeit für solche Schritte. Zwar ist man sich der Tragweite des Problems durchaus im Klaren. &bdquo;Schule kann nicht alles leisten“, teilt ein Sprecher auf Anfrage dieser Redaktion mit. &bdquo;Die Mediennutzung junger Menschen erstreckt sich weit über den Ort Schule hinaus – und findet zu großen Teilen auch während der Freizeit und im Elternhaus statt. Daher ist es wichtig, dass Eltern aktiv eingebunden werden.“ Dies geschieht in den Augen der Verantwortlichen aber schon: &bdquo;Dazu sind Eltern im Rahmen des Schulgesetzes bereits verpflichtet, insbesondere in Fragen der Erziehung und des Schutzes des Kindeswohls.“ Erfahrungen zeigten zudem, dass freiwillige Angebote höhere Akzeptanz fänden. .responsive23-9G9VWjMO1ZMXD41C-ttc-linechart-jugendliche-verbringen-immer { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-9G9VWjMO1ZMXD41C-ttc-linechart-jugendliche-verbringen-immer { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-9G9VWjMO1ZMXD41C-ttc-linechart-jugendliche-verbringen-immer { padding-top: 142.86%; } } Davon ist allerdings nach Angaben etlicher Schulleiter in OWL im Alltag nicht viel zu merken. &bdquo;Das betrifft ja nicht nur das Thema Medienkonsum“, sagt ein Schulleiter einer Gesamtschule, der namentlich nicht genannt werden möchte. &bdquo;Auch beim Thema Gewalt zum Beispiel, und das ist eins der größten Probleme, die wir an Schule derzeit haben, stehen mir als Schulleiter kaum Möglichkeiten zur Verfügung, Eltern zu Krisengesprächen zu verpflichten. Ich kann sie nur bitten, zu kommen – und weiß vorher schon, dass sie es nicht tun werden.“ Auch hier könnte in den Augen des Pädagogen mit Bußgeldern gearbeitet werden. &bdquo;Es geht nicht um Einschüchterung. Aber wir kriegen die Eltern in vielen Fällen eben nicht dazu, mit uns zusammenzuarbeiten – etliche kennen das Schulgesetz doch nicht mal.“ Schulleiterin aus OWL kritisiert fehlende Erziehung durch Eltern Auch eine andere Schulleiterin eines Gymnasiums ist häufig befremdet vom Verhalten der Eltern. &bdquo;Eltern sind ja nicht nur erziehungsberechtigt, sondern auch verpflichtet, zu erziehen. Das geschieht aber in vielen Fällen nicht mehr.“ Stattdessen beobachte sie häufig, dass Eltern sich entweder für viele Aspekte aus dem Leben ihrer Kinder nicht interessierten – oder hier lieber eine Freunde-Rolle einnähmen. &bdquo;Und dann kann man natürlich auch nichts mehr verbieten oder klare Grenzen setzen. Das aber tut den Kindern überhaupt nicht gut – auch und gerade beim Thema Medienkonsum.“ Was aber empfehlen nun Experten beim Thema Medienerziehung, um das Problem in den Griff zu kriegen? Das, woran es im Alltag wohl am meisten scheitert: Zusammenarbeit aller relevanten Akteure. &bdquo;Medienerziehung ist ein Konzert und kein Solo“, sagt Deborah Woldemichael, Leiterin der EU-Initiative Klicksafe, die Kindern, Schule und Eltern Medienerziehung vermittelt. &bdquo;Das bedeutet, alle relevanten Akteure in Unternehmen, Schule, Politik und Elternhaus haben hier eine Aufgabe und müssen ihre Maßnahmen idealerweise miteinander verzahnen.“

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