Oft unterschätzt in OWL: Lübbecke blickt auf besondere Geschichte zurück

Lübbecke. Es war ein blutiges Gemetzel zwischen Sachsen und Franken. Trotz eines anfänglichen Vorteils ging der Überfall auf ein fränkisches Heerlager im Hlidbeki-Gau für die Sachsen nicht gut aus. Eine der ältesten Städte in Ostwestfalen-Lippe verdankt diesem Ereignis aber ein besonderes Jubiläum. Im Lauf der Jahrhunderte wurde aus Hlidbeki schließlich Lübbecke. Die gut 26.000 Einwohner zählende frühere Kreisstadt am Nordhang des Wiehengebirges feiert in diesem Jahr ihren 1.250. Geburtstag – ebenso wie die ganze Region Westfalen. Mit dem Hinweis auf den sächsischen Überfall auf Truppen des späteren Kaisers Karl der Große wird Lübbecke erstmals urkundlich erwähnt. Der Eintrag in den fränkischen Reichsannalen für das Jahr 775 ist so etwas wie die Geburtsurkunde der Stadt. Und die Reichsannalen für das Jahr 775 sind für OWL und die angrenzenden Regionen ebenfalls wichtig: Erstmals werden in den Berichten der Franken nämlich Westfalen erwähnt. Die Franken meinten damit die im Westen lebenden Sachsen – und gegen die führten sie gerade Krieg, um den christlichen Glauben zu verbreiten. Und die sächsischen Territorien waren nicht minder interessant. Und so steht in diesem Jahr ein stolzes Doppel-Jubiläum an: 1.250 Jahre Lübbecke und 1.250 Jahre Westfalen. Pünktlich zum Jubiläum hat Lübbecke auch sein altes LK-Autokennzeichen wiederbekommen. Minden und Osnabrück wurden später gegründet Der spätere Kaiser Karl gründete unter anderem die Bistümer Minden, Paderborn und Osnabrück. Die Lübbecker können von sich sagen, bei 1.250 Jahren Westfalen von Anfang an dabei gewesen zu sein. Die alten Bischofsstädte der Region nicht. Paderborn wird &bdquo;erst“ in den Reichsannalen für 777 genannt. Minden feierte 1998 sein 1.200. Jubiläum und auch Osnabrück mit seinem um 785 gegründeten Bistum ist ein paar Jahre jünger als Lübbecke. Lübbecke mag im historischen Vergleich der Städte eine &bdquo;Seniorin unter den Senioren“ sein. Aber hier ist immer etwas los. Weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt ist der Blasheimer Markt, der immer Anfang September gefeiert wird. Der &bdquo;Blama“, wie er vor Ort genannt wird, ist Kult für Jung und. Vier Tage lang wird zwischen Riesenrad und Schlagerstars gefeiert. Dass der Blama streng genommen auf dem Gebiet des Lübbecker Ortsteiles Obermehnen stattfindet – geschenkt. Sprudelt Bier aus dem Brunnen? Auf dem Blama fließt Barre-Bräu in Strömen – Barre gehört zu Lübbecke einfach dazu und ist eine Besonderheit. Familie Barre spendierte der Stadt Lübbecke den Bierbrunnen, heute ein Wahrzeichen der Stadt. Seit 1954 wird Bierbrunnenfest gefeiert. Ob bei dem dreitägigen Fest Mitte August tatsächlich Gerstensaft aus dem Brunnen sprudelt? Wer in Lübbecke an der &bdquo;Echt oder Ente“-Stadtführung teilnimmt, dann darüber rätseln. Und erfährt, ob das Dichtung oder Wahrheit ist. Wahrheit ist aber, dass es Lübbecker Bier einst bis New York schaffte. Die Lübbecker Brauerei belieferte die Dampfer des Norddeutschen Lloyd. Eine gefüllte Flasche aus jener Zeit hat sich bis heute erhalten und gilt als älteste ihrer Art. Wer König wurde, musste keine Steuern zahlen Noch älter ist eine Lübbecker Vereinigung, die ihre Wurzeln in der mittelalterlichen Bürgerwehr hat. Die schützte den Ort, der 1279 Stadtrechte erhielt. Daraus haben sich die Lübbecker Bürgerschützen entwickelt und aktenkundig – wenngleich viel älter – erstmals 1492 erwähnt wurden. Das war das Jahr, in dem Christoph Columbus Amerika erreichte. Das Bürgerschützenfest wird Mitte Juni gefeiert, im Jubiläumsjahr vom 13. bis 15. Juni – und ist weitaus älter als das bekannte Mindener Freischießen. Wie in Minden gab es auch für die beiden Lübbecker Könige der geraden und der ungeraden Hausnummern einst ein Jahr Freiheit von den Steuern. Noch eine Besonderheit der Bürgerschützen: Beim Königsschießen werden Vorderlader verwendet. Die sind laut und zumindest in der Region sonst nirgendwo bei solchen Anlässen zu finden. Abgenommen und dem Bataillon zum Schießen übergeben werden die Vorderlader vom Bürgermeister. Der ist oberster Dienstherr des Bürgerbataillons. Das war in den Zeiten, als Feinde die Stadt bedrohten, eine immens wichtige Aufgabe. Weltweite Top-Firmen haben ihren Sitz in Lübbecke Lübbecke ist nicht nur Tradition, sondern viel mehr. Das Große Torfmoor etwa. Das Moor ist eine einzigartige Naturlandschaft von überregionaler Bedeutung. Auf der Freilichtbühne in Nettelstedt wird seit den 1920er Jahren Theater für Jung und Alt gespielt, in den Ortschaften gibt es ein lebendiges Vereinsleben. Weltweit agierende Firmen haben hier ihren Sitz und bieten den Menschen Jobs. Sportlich ist in der Handball-Hochburg Lübbecke Luft insbesondere beim TuS N-Lübbecke nach oben. Aber das kennen auch die umliegenden Fußball-Hochburgen. Und irgendwann geht es auch hier wieder bergauf. So wie immer in Lübbeckes Geschichte. Die war nicht immer positiv. Aber die Menschen haben sich in den vergangenen 1.250 Jahren nie entmutigen lassen. Nicht in Hlidbeki, nicht in Lübbecke. Nicht in Westfalen.

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