Naturschützer kritisieren unkontrollierten Windkraft-Ausbau in OWL

Detmold. Der Ausbau der Windenergie schreitet in OWL rasant voran. Auch Wälder werden inzwischen vielerorts für Windenergieanlagen geöffnet. Zudem ist die Zahl der Anträge für Flächen deutlich gestiegen, die in den regionalen und kommunalen Plänen nicht für den Ausbau der Windenergie vorgesehen sind. Grund dafür ist eine Gesetzeslücke, die nach Angaben der Naturschutzverbände in OWL zu einem unkontrollierten Ausbau der Windenergie führt, der keine Rücksicht auf bedrohte Tierarten, geschützte Biotope und gesellschaftliche Belange nimmt. &bdquo;Die Gesellschaft hat die Kontrolle über die Landschaftsentwicklung verloren“, warnt der Sprecher der Bezirkskonferenz Naturschutz OWL, Karsten Otte. &bdquo;Bleibt es dabei, werden wir unsere Heimat bald nicht mehr wiedererkennen.“ Vielerorts laufen aktuell Proteste gegen den Bau der bis zu 280 Meter hohen Windenergieanlagen, die außerhalb der Flächen entstehen sollen, die vom Regionalrat Detmold oder von den Kommunen in OWL für Windenergie ausgewiesen wurden. So versuchen in Horn-Bad Meinberg im Kreis Lippe aktuell die Stadt, Naturschützer und Bürger den Bau von Anlagen auf dem Kamm des Teutoburger Waldes zu verhindern. Insgesamt plant der Landesverband Lippe in dem Bereich elf Anlagen. Doch wie kommt es zu dieser Entwicklung? Eigentlich dürfen Windenergieanlagen in OWL nur auf Flächen gebaut werden, die der Regionalrat im Regionalplan oder die Kommunen im Zuge der sogenannten Positivplanung explizit dafür vorsehen. Der Regionalplan musste in diesem Jahr jedoch geändert werden. Solange er nicht in Kraft ist, gilt der Bau der Anlagen als sogenanntes privilegiertes Bauvorhaben im Außenbereich. Die Folge: Die Behörden müssen die Bauanträge, bis auf wenige Ausnahmen, genehmigen. Gerichtsurteile verunsichern Behörden in NRW Um zu verhindern, dass bis zum Inkrafttreten des Regionalplans massenhaft Windenergieanlagen außerhalb der dafür vorgesehenen Flächen gebaut werden, hat die NRW-Landesregierung das Landesplanungsgesetz angepasst. So wird es den Genehmigungsbehörden ermöglicht, Bauanträge dieser Art bis zu einem Jahr auszusetzen. Zwei Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster zu Anträgen für Windenergieanlagen im Kreis Lippe und im Kreis Soest sorgen in vielen Behörden jedoch für Verunsicherung, ob das Aussetzen der Anträge weiterhin rechtssicher ist. So hieß es zuletzt im September im Urteil zum Antrag einer Windenergieanlage im Kreis Soest, dass das Aussetzen &bdquo;aller Voraussicht nach rechtswidrig“ ist. In der Folge genehmigen einige Bauämter in NRW mehr Anlagen außerhalb der vorgesehenen Flächen. &bdquo;Investoren nutzen Gesetzeslücke schamlos aus“ Nach Einschätzung des Vorsitzenden des Regionalrats Detmold, Heinz-Günter Koßmann (CDU), gilt das Instrument der Landesregierung, das den Genehmigungsbehörden das Aussetzen von Anträgen ermöglicht, nach wie vor. &bdquo;Jeder Antrag muss individuell geprüft werden, aber das Landesplanungsgesetz gilt, sodass nach einer gewissenhaften Prüfung Anträge auch weiter ausgesetzt werden dürfen.“ Trotzdem sei durch die Urteile eine Art Gesetzeslücke entstanden, die nach Angaben Koßmanns &bdquo;von Investoren schamlos ausgenutzt wird“. Koßmann kritisiert, dass Investoren aktuell vor allem für die Flächen Anträge stellen, die nicht für Windenergie vorgesehen sind. &bdquo;Das ist moralisch verwerflich, doch die Investoren wissen, dass sie die Flächen, die der Regionalplan und die Kommunen vorsehen, sicher haben werden. Deshalb nutzen sie jetzt die Chance für weitere Standorte.“ Nach Angaben Ottes werden die regionalen und kommunalen Pläne für den Ausbau der Windenergie so konterkariert, weil für die Investoren das Rennen um die besten Plätze im Wald und in der Landschaft voll entbrannt ist. &bdquo;Das Milliardengeschäft Windkraft läuft aus dem Ruder. Die Bemühungen um einen natur- und landschaftsverträglichen Ausbau der Windenergie bleiben Makulatur, wenn diese Steuerungskriterien vom Lockruf des Goldes von Investoren unterlaufen werden.“ Stromkunden drohen weiter steigende Kosten Betroffen sind nach Angaben Ottes vor allem Flächen, die aus Gründen des Naturschutzes eigentlich für Windenergie tabu sein sollten und deshalb auch vom Regionalplan nicht vorgesehen werden. Beispiele sind der geplante Windpark Gauseköte im Teutoburger Wald im Kreis Lippe mit sieben Anlagen oder die geplanten 16 Anlagen im Oppendorfer Fledder im Kreis Minden-Lübbecke. &bdquo;Bei allem notwendigen Ausbau der Erneuerbaren ist diese aktuelle Entwicklung eine Katastrophe für Mensch und Natur in OWL. Es geht um unsere Lebensgrundlagen.“ Der Obstbauer aus Hiddenhausen im Kreis Herford kritisiert zudem, dass die Investoren mit ihren unkontrolliert entstehenden neuen Anlagen auch dann Geld verdienen, wenn der erzeugte Strom der Anlagen nicht eingespeist werden kann, weil Kapazitäten im Stromnetz fehlen. &bdquo;Die Infrastruktur reicht schon für die bestehenden Anlagen nicht aus, weshalb hohe Entschädigungen an die Betreiber der Windenergieanlagen gezahlt werden. Sie müssen die Stromkunden tragen. Nun drohen steigende Kosten.“ Regionalplan tritt erst im Frühjahr 2025 in Kraft In der Folge bröckelt die Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie in der Bevölkerung in OWL nach Einschätzung Ottes und Koßmanns. &bdquo;Das ist eine gefährliche Entwicklung“, warnt Koßmann. &bdquo;Die Unfähigkeit der Politik, klare Regeln aufzustellen, führt in der Landbevölkerung zu großem Frust, der vielerorts in Politikverdrossenheit gipfelt. Der unkontrollierte Ausbau der Windenergie ist deshalb auch eine Gefahr für unsere Gesellschaft.“ Abhilfe wird der Regionalplan schaffen, doch der wird nach Angaben Koßmanns nach jetzigem Kenntnisstand erst im Frühjahr 2025 in Kraft treten. &bdquo;Wir arbeiten so schnell wie möglich an der Fertigstellung. Doch bis dahin benötigen wir dringend eine bundeseinheitliche Übergangsregel, die diesen Wildwuchs im Ausbau der Windenergie unterbindet.“ Otte sieht die Bezirksregierung Detmold in der Pflicht. &bdquo;Den Kreisen muss empfohlen werden, Anträge für Windparks, die dem Plan des Regionalplans widersprechen, bis zur Beschlussfassung auch weiterhin zurückzustellen.“ Nach Einschätzung Koßmanns hat die Bezirksregierung dafür jedoch nicht die Macht.

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