Gutachten kritisiert NRW-Gesetz zur Beamtenbesoldung

Düsseldorf. Es war ein Schritt von enormer Tragweite, den die NRW-Landesregierung im Oktober relativ geräuschlos vollzogen hatte: Bei der Alimentation – also der Bezahlung – seiner Beamten geht das Land jetzt nicht mehr davon aus, dass der Beamte oder die Beamtin &bdquo;Alleinverdiener“ ist, sondern, dass auch der Partner oder die Partnerin Geld verdient. Deshalb berechnet das Land neuerdings ein &bdquo;fiktives Partnereinkommen“ in Höhe von 538 Euro in die Besoldung mit ein. Ein Gutachten im Auftrag des Deutschen Beamtenbundes (DBB) in NRW kommt nun aber zu dem Ergebnis, dass dieser Schritt insgesamt aus mehreren Gründen verfassungswidrig ist. Wichtig ist die Berechnung des fiktiven Partnereinkommens aus folgendem Grund: Per Gesetz muss das Nettogehalt eines Beamten in der untersten Besoldungsgruppe um mindestens 15 Prozent über dem der Grundsicherung liegen. Das nennt sich Abstandsgebot. Da die Höhe der Grundsicherung schwankt, weil zum Beispiel das Bürgergeld erhöht wird, müssen auch die einzelnen Besoldungsstufen immer wieder überprüft werden. Kritiker werfen dem Land nun vor, sich quasi einen größeren Abstand zwischen den unteren Besoldungsgruppen und der Grundsicherung zu erarbeiten, indem es einfach das fiktive Partnereinkommen mit einberechnet, da der Beamte so ja auf dem Papier mehr Geld hat. Eine tatsächliche finanzielle Verbesserung bleibt für den betreffenden Beamten dadurch aber aus. Von einem &bdquo;Taschenspielertrick“ spricht Roland Staude, Chef des DBB in NRW. Er wirft dem Land bei der Verfassungsmäßigkeit einen &bdquo;Ritt auf der Rasierklinge“ vor. Verfassungsrechtler Di Fabio benennt mehrere Kritikpunkte Untermauert wird diese Einschätzung nun durch ein externes Gutachten des Staats- und Verfassungsrechtlers Udo di Fabio. Der frühere Bundesverfassungsrichter benennt in seinem Gutachten mehrere Kritikpunkte. Es sei nicht mit dem Grundgesetz (Artikel 33) vereinbar, ein Partnereinkommen in der Besoldungsbemessung zu berücksichtigen. Wenn ein Beamter keinen Lebens- oder Ehepartner mit einem Einkommen von mindestens 538 Euro hat, dann steht ihm &bdquo;im Einzelfall“ eine höhere Besoldung zu. Die muss er dann aber beantragen. Genau das kritisiert di Fabio. Der Dienstherr sei zur Besoldung &bdquo;von Amts wegen verpflichtet“. Er finde, so di Fabio, dass es verfassungsrechtlich mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums &bdquo;nicht vereinbar“ sei, den Anspruch einer angemessenen Alimentation von &bdquo;speziellen Anträgen“ abhängig zu machen. &bdquo;Man muss den Eindruck gewinnen, dass der Staat jetzt versucht, Schlupflöcher zu finden, um den Abstand zu seinen Gunsten zu berechnen“, vermutet der anerkannte Verfassungsrechtler di Fabio mit Blick auf die angespannte Finanzlage von Bund und Ländern. Laut Staude sind von der Neuregelung zum Beispiel Polizisten, Feuerwehrleute, Justizvollzugsbeamte und Rettungssanitäter betroffen. Durch das besoldungsinterne Abstandsgebot wirke sie sich letztlich auch auf weitere Besoldungsgruppen aus. Das Gutachten sei bundesweit relevant, da ähnliche Entwicklungen in weiteren Bundesländern zu beobachten seien, so Staude. Der Bielefelder vermutet, dass jedes Bundesland von der neuen Berechnungsgrundlage Gebrauch machen wird. Die Finanzminister hätten sich interföderal abgesprochen, glaubt auch di Fabio. &bdquo;Offenbar haben sie in ihren Haushaltsnöten einen Ausweg ersonnen.“ Das Land NRW sieht sich in zentralen Fragen bestätigt Das Land sieht sich durch das Gutachten hingegen &bdquo;in zentralen Fragen“ bestätigt, teilt das Finanzministerium auf Anfrage mit. Die Anrechnung von Ehegatteneinkommen werde im Gutachten als solche nicht beanstandet. Man teile zudem die Auffassung des Gutachters, wonach die mittlerweile &bdquo;massiv erhöhte Grundsicherung“ ein &bdquo;zunehmendes“ Strukturproblem für die Besoldungsgesetzgeber darstelle. Die Landesregierung gehe weiter von der Verfassungsmäßigkeit aus. Die FDP erwartet nun vom Land eine Neubewertung und &bdquo;Kehrtwende“ im Umgang mit den Landesbediensteten. Die verfassungsrechtlich &bdquo;zweifelhafte Regelung“ müsse bis zu einer Entscheidung der dazu laufenden verfassungsgerichtlichen Verfahren &bdquo;ausgesetzt“ werden, fordert SPD-Politiker Stefan Zimkeit. Staude erwartet zahlreiche Klagen der Landesbediensteten.

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