Festnahme: IS-Anhäger aus Paderborn wollte nach Syrien ausreisen

Paderborn. Als Karim Fadel K. gerade die Sicherheitskontrolle am Flughafen Hannover passierte, schlugen die Sicherheitsbehörden zu: Der 26-Jährige wollte eigentlich in den frühen Morgenstunden aus der niedersächsischen Landeshauptstadt in die Türkei fliegen, von dort weiter nach Syrien reisen. Geht es nach der Generalbundesanwaltschaft (GBA), dann wollte er dort für die Terrormiliz &bdquo;Islamischer Staat“ (IS) kämpfen. Den Behörden ist K. nach Informationen dieser Redaktion bereits seit geraumer Zeit kein Unbekannter. Demnach galt er schon länger als Islamist. Und geht es nach der GBA soll er auch bereits seit mehreren Monaten mindestens Sympathie für den IS gepflegt haben. Immerhin haben die Ermittler eine ganze Reihe an Vorwürfen gesammelt. Der 26-jährige iranische Staatsangehörige soll demnach bereits in der ersten Jahreshälfte 2024 einen niedrigen vierstelligen Betrag über eine Mittelsperson in der Türkei an die Terrororganisation gespendet haben. Konkret soll das Geld dazu gedient haben, IS-Anhängerinnen in den Gefangenenlagern Al-Hol und Atmah zu unterstützen. Hilfsorganisationen für IS-Frauen schon lange Teil der Salafisten-Szene Salafistische Hilfsorganisationen, die Spenden für IS-Anhängerinnen in den Kriegsgebieten sammeln, sind seit geraumer Zeit wichtiger Bestandteil der Szene. Auch in Deutschland. So verbreitete die deutsche Organisation &bdquo;Free our Sisters“ in der Vergangenheit Briefe mit Danksagungen aus Gefangenenlagern, in denen laut NRW-Verfassungsschutz ausschließlich IS-Anhängerinnen inhaftiert sind – die Organisation unterstützte die radikalen Frauen also ganz offensichtlich. Karim Fadel K. soll sich laut GBA auch Unterlagen im Internet beschafft haben, die Empfehlungen für die Vorbereitung und Durchführung von Anschlägen beinhalteten. Schon im Januar soll ihm ein Chatpartner über Telegram erklärt haben, wie er mit derartigen Dateien umgehen müsse, um eine Entdeckung der Sicherheitsbehörden zu verhindern. Allerdings, so berichtet ein Sprecher der GBA dieser Redaktion, handele es sich um keine konkreten Anschlagspläne, sondern eher allgemeine Informationen dazu. Durchsuchungen offenbar in Kreisen Paderborn und Höxter Mit der Zeit muss der 26-Jährige offenbar konkrete Ausreisepläne geschmiedet haben, um sich in Syrien dem IS anzuschließen und für die Terrormiliz zu kämpfen. Abflugdaten des Flughafens Hannover legen nahe, dass ihn ein Flieger nach Antalya oder Istanbul bringen sollte, von wo seine Weiterreise aus wohl stattfinden sollte. Das Bundeskriminalamt (BKA) kam K. jedoch zuvor. Nach der Festnahme des Iraners aus Paderborn kam es zudem zu mehreren Durchsuchungen, nach Informationen dieser Redaktion neben Paderborn auch in Bad Lippspringe (Kreis Paderborn) und Marienmünster (Kreis Höxter). Denn neben K. stehen für die GBA noch zwei weitere Personen im Fokus: Die beiden Männer sollen ebenfalls zugunsten des IS gespendet und die Terrormiliz so unterstützt haben. Die beiden mutmaßlichen Spender wurden befragt, befinden sich mittlerweile aber wieder auf freiem Fuß. BKA durchsucht ehemaliges Hotel in Paderborn Zudem war die Polizei bei einer vierten, nicht verdächtigen Person. &bdquo;Generell durchsuchen wir bei nicht verdächtigen Zeugen, wenn wir Anhaltspunkte haben, dass wir Beweise finden, die im Verfahren gegen die Verdächtigen von Bedeutung sein können“, erklärt ein GBA-Sprecher, ohne konkret auf den Fall einzugehen. Auch zu möglichen Verbindungen zwischen den mutmaßlichen Spendern und Karim Fadel K. machte er keine Angaben. Gewisse Überschneidungen liegen jedoch nahe. Im Zuge der Durchsuchungen waren Beamte des BKA unter anderem in einem ehemaligen Hotel im Paderborner Norden im Einsatz. Hier soll einer der mutmaßlichen Spender leben. &bdquo;Er machte bisher einen sympathischen Eindruck“, versichert sein Vermieter. Seit &bdquo;einigen Monaten“ habe der Mann in dem Zimmer gelebt, zudem arbeite er in einem Fast-Food-Restaurant. Keine Hinweise auf Anschlagspläne nach Durchsuchung Über den Einsatz des BKA sagt der Mann: &bdquo;Die haben einen riesigen Aufwand betrieben – als ob sie Krieg führen wollten.“ Mit mehreren Bullis und bewaffnet seien die Beamten angefahren und haben den Vermieter nach einem Schlüssel für das Zimmer des Verdächtigen gefragt – ehe sie dieses schließlich stürmten. Auf Nachfrage äußerte sich ein Sprecher der GBA nicht zu den Ergebnissen der Durchsuchungen. Wie diese Redaktion jedoch erfuhr, sollen weder Waffen noch Teile zum Bau einer Spreng- oder Brandvorrichtung gefunden worden sein, ebenso haben sich keine Hinweise zu möglichen Anschlagsplänen ergeben. Sichergestellt wurden aber Speichermedien. Diese sollen nun ausgewertet werden. Mehrere Personen aus OWL schlossen sich IS an Der Iraner Karim Fadel K. wurde noch am Dienstag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Dieser erließ einen Haftbefehl. Der mutmaßliche Versuch der Ausreise, um sich dem IS anzuschließen, ist der erste seit vielen Jahren bekannt gewordene Fall in OWL. Zur Hochzeit der Terrormiliz verzeichneten die deutschen Behörden Hunderte Ausreisen, seit 2019 jedoch nur noch vereinzelt – bis zuletzt waren es in NRW insgesamt mehr als 280 Ausreiser, bundesweit mehr als 1.150. In OWL ist eine niedrige zweistellige Zahl an Islamisten beispielsweise aus Bielefeld, Herford und Detmold nach Syrien und in den Irak gereist, um sich dort dem IS anzuschließen. Während einige zurückkehrten, in Deutschland verurteilt wurden und teilweise nicht mehr in der Region leben, sind andere bei Kampfhandlungen getötet worden. Das wohl prominenteste Beispiel eines IS-Rückkehrers aus OWL ist der Fall Tarik S. Der gebürtige Bielefelder radikalisierte sich in der Herforder Salafisten-Szene und reiste schließlich 2013 in das IS-Gebiet. Nach seiner Rückkehr 2016 wurde er zu einer Haftstrafe verurteilt, schien deradikalisiert. Doch offenbar nach einem Jobverlust im Sommer 2023 – Jahre nach seiner Haftentlassung – radikalisierte er sich erneut. Im Herbst vergangenen Jahres nahmen Polizisten ihn schließlich in Duisburg fest, denn er soll einen Anschlag auf eine pro-israelische Veranstaltung geplant haben. Seit einigen Wochen steht er deshalb vor Gericht – erneut.

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