Gewalt gegen Klinikpersonal nimmt in OWL massiv zu

Bielefeld. Die Gewalt gegen Krankenhaus-Mitarbeiter in OWL nimmt teilweise dramatische Ausmaße an, wie eine Umfrage in der Region zeigt. Die Übergriffe oder Beleidigungen haben dabei enorme Folgen für die Einrichtungen. Eine Abteilung scheint besonders betroffen zu sein. Schon ein Blick in polizeiliche Zahlen zeigt den besorgniserregenden Trend. In NRW wurden im vergangenen Jahr 1.705 Rohheitsdelikte oder Straftaten gegen die persönliche Freiheit in Krankenhäusern erfasst. Zum Vergleich: 2020 waren es etwa 1.300. Dabei wird längst nicht jeder Übergriff der Polizei bekannt. Hans-Werner Kottkamp, Chefarzt der Zentralen Notaufnahmen im Evangelischen Klinikum Bethel (EvKB), beschäftigt sich schon lange mit dem Problem. &bdquo;In Studien haben wir festgestellt, dass vor allem Mitarbeiter in den Zentralen Notaufnahmen von physischer und verbaler Gewalt betroffen sind“, berichtet der Mediziner. Die Untersuchungen haben laut Kottkamp ergeben, dass jeweils etwa 90 Prozent der Mitarbeiter solche körperliche oder verbale Gewalt durch Patienten erlebt haben, beim Begleitpersonal seien die Zahlen etwas niedriger. Insgesamt seien vor allem Pflegende betroffen, Ärzte eher weniger. Beschäftigte berichten von Respektlosigkeit Kottkamp erklärt die Entwicklung in den Notaufnahmen mit verschiedenen Faktoren. Zum einen sei die Hemmschwelle seit der Corona-Pandemie generell gesunken. Zum anderen seien diese Abteilungen ein &bdquo;Brennpunkt“. &bdquo;Hier kommt es zu Wartezeiten, es kann überfüllt sein, das Verständnis für ärztliches Handeln ist nicht immer gegeben – die Einsicht von Patienten und Begleitung ist dadurch deutlich geringer“, berichtet er. In aktuellen Studien berichtet ein Großteil der befragten Klinikmitarbeiter von zunehmender Respektlosigkeit. &bdquo;Die Bereitschaft, persönliche Interessen durchzusetzen, und die Erwartungshaltung der Patienten haben sich verändert. Das führt zu Konflikten“, berichtet etwa der leitende Oberarzt der Zentralen Notaufnahme im Klinikum Herford, Rolf-Dieter Theisen. Eine Sprecherin des Klinikums Lippe betont: &bdquo;Der Umgangston und -formen sind allgemein viel rauer geworden, und der Respekt vor den helfenden Berufen ist immer weniger gegeben.“ Kliniken berichten von unterschiedlichem Ausmaß Die Zahlen, die einzelne Kliniken in OWL auf Anfrage mitteilen, weichen zum Teil erheblich voneinander ab. So berichtet das Klinikum Gütersloh von acht Fällen von Übergriffen in den vergangenen Jahren. Auch verbale Angriffe (Beschimpfungen bis hin zu verbalen sexuellen Übergriffen) seien nur vereinzelt vorgekommen. Am Klinikum Herford habe man 2022 noch 23 Angriffe erfasst – im laufenden Jahr erst einen. Von ganz anderen Dimensionen berichtet ein Sprecher der Mühlenkreiskliniken (Minden-Lübbecke). Im zweiten Halbjahr 2023 wurden dem Arbeitsschutz insgesamt 218 Übergriffe gemeldet – darunter fallen Beleidigungen und Bedrohungen bis hin zur Körperverletzung. Im laufenden Jahr 2024 sind es bereits 478 solcher Fälle. &bdquo;Die meisten dieser Übergriffe sind massive Drohungen und Körperverletzungen“, so der Sprecher. Die Täter kämen aus allen Gesellschaftsschichten. Durchschnittlich zweimal in der Woche rücke die Polizei in das Universitätsklinikum Minden aus. Sicherheitsdienst in mehreren Kliniken Kottkamp vom EvKB beobachtet in der Notaufnahme seines Hauses eine ähnliche Entwicklung. So hat sich die Zahl seit 2019 (von etwa 30) bis in das laufende Jahr bisher mehr als verdreifacht. Viele Kliniken in OWL ergreifen dagegen konkrete Maßnahmen. Teilweise versuchen sie, durch Aufklärung mehr Verständnis bei den Patienten zu schaffen. In vielen Häusern werden Deeskalationstrainings oder Selbstverteidigungskurse angeboten. Die Mühlenkreiskliniken (und auch die Kliniken in Lippe und Herford) setzen sogar Sicherheitspersonal ein. Die Mitarbeiter der Notaufnahme tragen dort keine Namensschilder mehr. &bdquo;Es kam häufig vor, dass die Namensschilder abfotografiert wurden und Drohungen ausgestoßen wurden“, berichtet ein Sprecher. Die Behandlungszimmer sollen so umgestaltet werden, dass die Mitarbeiter immer den kürzesten Fluchtweg haben. Schutzräume für Mitarbeiter geplant Zudem plant die Leitung der Mühlenkreiskliniken sogenannte &bdquo;Panic-Rooms“ in der Notaufnahme, in denen sich Mitarbeiter verbarrikadieren können. In der Notaufnahme des Klinikums Gütersloh sind Büros und Sozialräume bereits nur noch mit Transpondern zugänglich. Bei einer Eskalation können sich Mitarbeiter in die Schutzräume zurückziehen, berichtet Andreas Tyzak, kaufmännischer Direktor des Klinikums Gütersloh. Kottkamp warnt vor mehreren Risiken der aktuellen Situation. &bdquo;Die Mitarbeiter sind dadurch extrem überlastet und psychischem Druck ausgesetzt. Wir werden zudem weniger Personal finden, wenn man berechtigte Angst vor solchen Angriffen haben muss.“ Die Verfahren nach Angriffen in Krankenhäusern werden oft eingestellt und die Täter nicht bestraft. Kottkamp: &bdquo;Das sollte sich ändern, solche Übergriffe müssen Konsequenzen haben.“ Eine einfache Lösung gebe es jedoch nicht. &bdquo;Man kann nur an die gesamte Gesellschaft appellieren und die immer größer werdende Respektlosigkeit generell bekämpfen.“

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