Klinikreform-Kritik: Krankenhäuser in OWL wollen Angebote nicht streichen

Düsseldorf/Bielefeld. In NRW läuft die entscheidende Phase der Krankenhausreform. Das Gesundheitsministerium hat die Kliniken darüber informiert, welche Leistungen sie künftig noch anbieten dürfen. Die vorläufigen Zuweisungen zeigen, dass den Krankenhäusern im kommenden Jahr massive Veränderungen bevorstehen. Sicher sind sie jedoch noch nicht, weil die Kliniken im aktuell laufenden Anhörungsverfahren Widerspruch einlegen können. Ein Großteil der Krankenhäuser nutzt diese Möglichkeit, um zu verhindern, dass sie Behandlungen künftig nicht mehr anbieten dürfen, darunter auch viele Kliniken in OWL. In acht Wochen steht fest, ob sie damit Erfolg haben werden. Die Pläne zeigen, dass NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) seine Ankündigung einer deutlichen Konzentration in der Krankenhauslandschaft umsetzt. Für OWL sieht das Ministerium in den allermeisten Leistungen ein Überangebot. In der Folge sollen bei mehreren Trägern Angebote gestrichen oder die jährlichen Fallzahlen reduziert werden. Lediglich in den Bereichen Palliativmedizin und neurologische Frührehabilitation sieht das Ministerium einen Mehrbedarf in OWL. Insgesamt führt das dazu, dass sich alle Krankenhäuser auf Veränderungen einstellen müssen. Weniger Klinikstandorte in OWL geplant Deutlich reduzieren will das Ministerium die Anzahl der Klinikstandorte in OWL für den Einsatz künstlicher Hüft- und Kniegelenke (14 statt 22 Standorte), für Eingriffe bei bestehenden künstlichen Hüft- und Kniegelenken (5 statt 19), Wirbelsäuleneingriffe (10 statt 21), tiefe Rektumeingriffe (9 statt 18), kardiale Devices (10 statt 15), Eierstockkrebs (5 statt 13), Eingriffe an der Halsschlagader (8 statt 12), HNO (9 statt 12), Lebereingriffe (5 statt 12), Eingriffe an der Bauchspeicheldrüse (5 statt 11), elektrophysiologische Untersuchung und Ablation (7 statt 10), Senologie (8 statt 10), Adipositaschirurgie (6 statt 9), Thoraxchirurgie (5 statt 8), Speiseröhreneingriffe (3 statt 7), Augenheilkunde (4 statt 7) und Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (2 statt 5). Veränderungen betreffen auch die Kinderheilkunde. Die Zahl der Perinatalzentren Level 1 und Level 2 soll reduziert werden. Wie erwartet sollen das Klinikum Lippe sowie das Klinikum Herford ihre Zuweisung als Level-1-Perinatalzentrum verlieren, sodass extreme Frühchen künftig nur noch im evangelischen Klinikum Bethel, im St.-Vincenz-Krankenhaus Paderborn und im Johannes-Wesling-Klinikum Minden behandelt werden dürfen. Das Klinikum Herford soll darüber hinaus auch die Zuweisung als Level-2-Perinatalzentrum verlieren. Krankenhäuser in OWL legen Widersprüche ein Um zu verhindern, dass sie Behandlungen streichen müssen, hat der Großteil der Krankenhäuser Stellungnahmen an das Gesundheitsministerium geschickt. Insgesamt gab es 327 Stellungnahmen von Krankenhäusern und 242 von Krankenkassen, Kommunen und anderen Beteiligten, davon 46 in OWL. Schwerpunkte sind dabei laut Ministerium Forderungen nach höheren Fallzahlen, die Fortführung der Arbeit in Leistungsgruppen, die wirtschaftlich besonders attraktiv sind, wie die Endoprothetik, aber auch von Leistungsgruppen, bei denen das Land zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Versorgung eine besonders starke Konzentration anstrebt, wie die Viszeralchirurgie. In OWL ergibt sich folgendes Bild: Das evangelische Klinikum Bethel setzt sich mit seinen Stellungnahmen für den Erhalt der Endoprothetik, Pankreaseingriffe und Stammzellentherapie ein. Das Klinikum Bielefeld zielt mit seiner Stellungnahme auf den Erhalt der Thoraxchirurgie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Eingriffe an der Halsschlagader ab. Das Klinikum Gütersloh möchte weiterhin Patientinnen mit Eierstockkrebs behandeln. Die Kreiskliniken Herford Bünde möchten die Aberkennung als Perinatalzentrum Level 1 und 2 verhindern und weiterhin tiefe Rektumeingriffe und elektrophysiologische Untersuchung im Katheterlabor anbieten. Das Klinikum Lippe setzt sich für den Erhalt der Speiseröhrenchirurgie, Stammzelltransplantation und Perinatalzentrum Level 1 ein. Das Brüderkrankenhaus St. Josef Paderborn möchte weiterhin Eingriffe an Leber, Speiseröhre, Bauchspeicheldrüse und Halsschlagader, Stammzellentherapie und am Standort Marsberg Eingriffe an der Wirbelsäule anbieten. Die katholische Hospitalvereinigung Ostwestfalen mit Standorten in Bielefeld, Herford, Rheda-Wiedenbrück, Gütersloh und Oelde hofft auf Anpassungen in der Geriatrie sowie in den orthopädischen und onkologischen Leistungsgruppen. Das Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen hat das Ministerium darauf hingewiesen, dass die aktuellen Fallzahlen, insbesondere bei Katheterablationen, TAVI-Verfahren sowie in der Kinderherzchirurgie zum Teil deutlich über den zugewiesenen Werten liegen. Die Mühlenkreiskliniken und das St.-Vincenz-Krankenhaus Paderborn haben Stellungnahmen eingereicht, nennen aber keine Details. Geschäftsführer sehen Nachholbedarf bei NRW-Klinikreform Im Gespräch mit den Krankenhäusern in OWL wird deutlich, dass viele Geschäftsführer die Klinikreform auf Landesebene unterstützen, jedoch an wenigen Stellen Nachholbedarf sehen. &bdquo;Die Reform ist wichtig, weil sich durch die Konzentration von Leistungen die Qualität der Patientenversorgung verbessern wird“, erklärt Thorsten Kaatze, Vorsitzender Geschäftsführer des Evangelischen Klinikums Bethel (EvKB). Trotzdem zeige die vorläufige Zuweisung auch Schwächen. &bdquo;In wenigen Bereichen hat das Ministerium zu sehr auf die Fallzahlen und zu wenig auf die Entwicklung des Universitätsklinikums OWL geachtet, das sich noch im Aufbau befindet.“ Als Beispiel nennt Kaatze den Aufbau der Stammzelltherapie im Uniklinikum, das aus dem EvKB, dem Klinikum Bielefeld und dem Klinikum Lippe besteht. &bdquo;Das ist ein Projekt der drei Krankenhäuser, das Ministerium sieht jedoch nur den Standort Klinikum Bielefeld vor. Hier sehen wir Anpassungsbedarf.“ Den sieht Kaatze auch im Bereich der Versorgung von Menschen mit Behinderung mit künstlichen Knie- und Hüftgelenken. &bdquo;Hier bedarf es einer besonderen Versorgung, die wir im Krankenhaus Mara als Fachkrankenhaus für inklusive Medizin anbieten.“ Trotz Zertifizierung als Krebszentren weniger Angebote Kritik äußern Kliniken auch in der Onkologie. Nach Angaben von Siegfried Rörig, Regionalleiter des Brüderkrankenhauses St. Josef Paderborn, ist es nicht hinnehmbar, dass das Krankenhaus trotz der Zertifizierung als Pankreaskarzinomzentrum und viszeralonkologisches Zentrum der Deutschen Krebsgesellschaft künftig keine Eingriffe mehr an Leber, Speiseröhre und Bauchspeicheldrüse anbieten darf. &bdquo;Wir sind zertifiziertes onkologisches Zentrum und versorgen unsere Tumor-Patienten nicht nur chirurgisch, sondern ganzheitlich auf höchstem medizinischen Niveau.“ Der Wegfall der Leistungsgruppen bedrohe zudem die chirurgische Ausbildung, befürchtet Rörig. Auch das Klinikum Gütersloh verweist auf die Zertifizierung als gynäkologisches Krebszentrum der Deutschen Krebsgesellschaft. Nach Angaben von Geschäftsführerin Maud Beste ist nicht nachvollziehbar, warum künftig keine Patientinnen mehr mit Eierstockkrebs im Klinikum behandelt werden dürfen. &bdquo;Wir verzeichnen steigende Zahlen an Patientinnen, die der hier gebotenen hohen Qualität vertrauen. Hierzu haben wir eine entsprechende Stellungnahme abgegeben.“ Noch steht nicht fest, ob die Kliniken in OWL mit ihren Stellungnahmen Erfolg haben werden. Das entscheidet sich nach Angaben des Ministeriums erst Ende des Jahres.

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