Gütersloh. Kurz nach dem heftigen Corona-Ausbruch bei Tönnies in Rheda-Wiedenbrück und den damit plötzlich dramatisch angestiegenen Fallzahlen, beschließt die Politik, dass sich jeder Bürger des Kreises Gütersloh bis zum 31. August kostenlos auf das Coronavirus testen lassen kann - egal, ob mit oder ohne Symptomen.
Anfangs in extra dafür eingerichteten Testzentren, mittlerweile nur noch beim Hausarzt. Vor allem in den ersten Tagen gibt es regelrechte Anstürme. Stundenlang warten Bürger auf ihren Abstrich, teilweise sogar mehr als drei Stunden. An einigen Tagen müssen Zentren sogar einen Annahmestopp verhängen.
"Das halte ich für einen Skandal"
Auch Heiner S.* nimmt das Angebot wahr. Im Diagnosezentrum am Carl-Miele-Berufskolleg lässt er einen Corona-Abstrich machen. Alles klappt einwandfrei. Bis S. wenige Tage später im Briefkasten die Rechnung für seinen Test vom zuständigen Labor Krone in Detmold findet. "Ich traute meinen Augen nicht als ich die Rechnungssumme las", berichtet S., "die toppte sogar noch die Preisangaben auf den in Gütersloh kursierenden Flyern. Die Forderung an mich: 152,08 Euro!"
S. ist entsetzt. Er soll jetzt für den Test Geld bezahlen, der seit Wochen überall als "kostenlos" beworben wird. "Das halte ich für einen Skandal." Er habe das Kreishaus bereits informiert - allerdings bislang keine Rückmeldung erhalten. Auch seine private Krankenkasse und die Beihilfe habe er in Kenntnis gesetzt, um sie vor einer "eventuellen ungerechtfertigten Kostenlawine" zu warnen. Selbst bezahlen will S. die Rechnung auf keinen Fall.
Was sagt das Labor dazu?
Das betroffene Labor Krone äußerte sich auf Nachfrage nicht zu dem konkreten Vorgang. Die Begründung: Datenschutz. Jana Giese, zuständig für die Abrechnungen des Labors, erklärt aber: "In der Regel erreicht uns eine zu untersuchende Probe zusammen mit einem Auftragsschein. Daraus ergibt sich der Kontakt für die Abrechnung einer Leistung. Die Abrechnung kann sich abhängig von dem jeweiligen Kostenträger unterscheiden. Welche Kostenträger welche Leistung übernehmen, liegt aber nicht in unserem Ermessen."
Das Labor bearbeite mehrere tausend Anforderungen pro Tag mit größter Sorgfalt. Durch diese Vielzahl der Einsendungen könne es aber nicht immer verhindert werden, dass in der Erfassung nicht erkannt oder aus dem Auftragsschein nicht klar ersichtlich wird, dass es sich um eine Anforderung mit abweichendem Kostenträger handelt. Jana Giese: "Wenn sich Patienten in solchen Fällen direkt an uns wenden, prüfen wir den Sachverhalt und korrigieren, falls erforderlich, die Abrechnung entsprechend."
Es gibt Entwarnung
Die zuständige Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe gibt auf Nachfrage dieser Zeitung Entwarnung. "Da wird irgendetwas schief gelaufen sein", sagt Sprecherin Heike Achtermann, "vielleicht ein technischer Fehler. Die Tests sind für Menschen aus dem Kreis Gütersloh kostenlos." In der Regel würden die zuständigen Labore monatlich die Rechnungen der Corona-Tests an die KVWL schicken - die wiederum leite die Unterlagen weiter an das Bundesamt für Soziale Sicherung.
"Die Kosten werden aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds bezahlt." Das sei in einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Gesundheit für asymptomatische Tests festgelegt, wonach sich auch die Vereinbarung zwischen KVWL und Kreis richte.
Dass die Rechnung jetzt trotzdem bei S. im Briefkasten gelandet ist, könne nur ein Versehen sein, so die Vereinigung. S. solle den Vorgang auf jeden Fall bei der Beschwerde-Stelle der KVWL melden - samt Name, Datum des Abstrichs und im besten Fall auch noch der Rechnung. "Wir prüfen das dann und kümmern uns", so Achtermann.
*Name von der Redaktion geändert