
Rheda-Wiedenbrück. Der Fleischkonzern Tönnies hat für die Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs ein Sofortprogramm mit 25 Punkten vorgestellt. Statt wie bisher üblich mehr als 20.000 Schweine sollen zunächst nur 8.000 Schweine täglich geschlachtet werden. Ein "erweitertes Hygienekonzept" sei die Basis für die Öffnung. Auch die direkte Anstellung von Werkvertragsmitarbeitern und die Schaffung neuen Wohnraums für diese Beschäftigten gehören zum Konzept. "Wir entwickeln unser Unternehhmen für die Zukunft weiter. Das Sofortprogramm ist der Startschuss", erklärte Unternehmens-Chef Clemens Tönnies.
Kern des Hygienekonzeptes sind demnach neue Lüftungsanlagen. Die in der Branche offenbar üblichen bisherigen Umluft-Klimaanlagen waren von dem Wissenschaftler Martin Exner von der Universität Bonn als wesentlicher Grund für die massenhafte Ausbreitung des Corona-Virus bei Tönnies, aber auch bei anderen Schlachthöfen in aller Welt identifiziert worden. Inzwischen seien in den Bereichen der Fleisch-Zerlegung neue Filteranlagen installiert worden, die die Luft von Schwebstoffen und Krankheitserregern reinigen sollen. Die Luft werde durch die Geräte zudem zweieinhalb Mal pro Stunde ausgetauscht.
Tausende Mitarbeiter der Kernbereiche werden fest eingestellt
Zum erweiterten Hygienekonzept zählen wöchentliche Corona-Tests für alle Produktionsmitarbeiter, und zwar in Zelten am Werkseingang, sowie die Erfassung der Adressen aller Beschäftigten. Mitarbeiter verschiedener Abteilungen sollen beim Besuch der Kantine nun strikt getrennt werden, das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes und die Einhaltung der Abstandsregeln sollen verstärkt kontrolliert werden.
Bis zum 1. September will Tönnies wie berichtet 1.000 Werkvertrags-Mitarbeiter in Rheda-Wiedenbrück direkt einstellen. "Bis Ende 2020 ist es das Ziel, alle Mitarbeiter der Kernbereiche (Schlachtung, Zerlegung und Verarbeitung) direkt beim Unternehmen einzustellen", teilte der Schlachtkonzern mit. Allein in Rheda-Wiedenbrück müssten demnach etwa 3.500 Mitarbeiter, die bisher über Subunternehmen beschäftigt werden, eingestellt werden. Eine Herausforderung sei es nun, genügend zu einer solchen Anstellung bereite Arbeitskräfte zu finden und ans Unternehmen zu binden, sagte Konzernsprecher André Vielstädte. Von den konzernweit mehr als 16.000 Mitarbeitern sind bisher etwa die Hälfte Werkvertragskräfte.
Tönnies führt Standards für Mitarbeiter-Wohnungen ein
Parallel will Tönnies in Rheda-Wiedenbrück rund 400 Wohnplätze neu anmieten. Für die in eigener Regie geplante Unterbringung von Mitarbeitern seien zwei Wohnungsgesellschaften gegründet worden. Für alle von Tönnies vermittelten Wohnungen sollen Wohnraum- und Reinigungsstandards eingeführt und durch Begehungen kontrolliert werden.
Bereits zum 1. August werde die vorhandene Zeiterfassung durch eine digitale Erfassung der Arbeitszeiten ersetzt.
Das Schlachtunternehmen will sich bei den 12.000 Lieferbetrieben verstärkt für "eine zukunftsfähige und tierwohl-gerechte Haltung" einsetzen. Ein Punkt in dem 25-Punkte-Programm ist die Unterstützung für die Tierwohlabgabe, ein anderer Punkt bezieht sich auf das Ziel, die Schweinehaltung auf die etwas großzügigere "Haltungsform 2" (mit zehn Prozent mehr Platz im Stall) umzustellen. Das Unternehmen will außerdem die "Haltungsform 3" (mit Kontakt zum Außenklima) unterstützen. Den Bau von "Offenfrontställen", bei denen eine Stallseite nach außen hin geöffnet ist, will Tönnies "organisatorisch und strukturell" fördern.