Schnäppchen oder Spottpreis?

„Konsum-Wahnsinn“: Geschäftsfrau aus Werther lehnt Rabatt-Schlacht ab

Claudia Habighorst vom Geschäft Modeschön hat nichts gegen Rabatte. Aber sie ist entschiedene Gegnerin einer Massenbewegung, die Konzerne bevorteilt und bei der Ware „regelrecht verramscht“ wird.

Kerzen, Kleidung, Deko und Accessoires: In ihrem Konzeptstore Modeschön hält Inhaberin Claudia Habighorst eine Fülle schöner Dinge bereit. Eine Rabattschlacht am Black Friday gab es bei ihr allerdings nicht. | © Anja Hanneforth

Anja Hanneforth
02.12.2025 | 02.12.2025, 14:40

Werther. Claudia Habighorst ist eine Frau der klaren Worte. Zum vergangenen Freitag postet sie in den Sozialen Medien: „Wir unterstützen den künstlichen Konsum-Wahnsinn am Black Friday nicht! Wir bleiben klein und fein und nachhaltig und lokal!“ Sachen zum Spottpreis verramschen? Das kommentiert die Geschäftsfrau aus Werther mit dem Satz: „Mit mir nicht!“

Claudia Habighorst betreibt in der Rosenstraße das kleine Geschäft Modeschön. In den hübsch eingerichteten Räumen finden die Kundinnen und Kunden Mode, aber auch Kerzen, Taschen, Kleidung, Accessoires, witzige Geschenkideen und ausgefallene Süßigkeiten. Etwas „für die Seele“, wie es Claudia Habighorst nennt.

Man merkt der Geschäftsfrau an, mit wie viel Freude sie ihren Laden führt. Und wie viel Freude sie auch am Umgang mit den Kundinnen und Kunden hat.

Konditionen des Black Friday ärgern Geschäftsfrau aus Werther

Es ist Freitagmittag, und gerade kommt eine Frau ins Geschäft, die ein Geschenk für ihre Mutter sucht. Schnell wird sie fündig, bezahlt und wird mit einem Lächeln verabschiedet.

Nach einem Rabatt fragt sie nicht. Weil sie vielleicht den Hinweis von Claudia Habighorst auf Facebook gelesen hat. Denn an diesem Freitag ist Black Friday, Schwarzer Freitag. In den USA erfunden, bieten inzwischen auch in Deutschland zahlreiche Geschäfte und Online-Händler besondere Rabatte auf ihre Waren an.

„Ich habe nichts gegen Rabatte“, stellt Claudia Habighorst klar. Auch sie gebe regelmäßig welche. „Aber nicht zu solchen Konditionen!“

In der Rabatt-Schlacht werden Waren regelrecht verramscht

Der Black Friday sei zu einer Massenbewegung geworden, in der Waren regelrecht verramscht würden. „Das mache ich nicht mit! Ich wertschätze die Dinge, die ich verkaufe. Und hoffe, dass meine Kundinnen und Kunden dies auch tun.“

Niemand habe heute etwas zu verschenken, sagt Claudia Habighorst. Egal wie groß oder klein der Laden ist. „Und wir Kleinen können doch gar keine Preise wie die Großen raushauen.“ Sicher sei der Black Friday nicht bei einem kleinen Einzelhändler erfunden worden. „Doch heute fühlen sich auch kleine Geschäfte unter Druck gesetzt, hier mitzumachen.“

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Selbst wenn die Zeiten für den inhabergeführten Einzelhandel nicht leichter würden: „Ich will und kann dem nicht mit einer derart wahnsinnigen Rabatt-Schlacht begegnen“, sagt die Geschäftsfrau. Ihr Laden sei schließlich nicht ihr Hobby, sondern ihr Beruf, von dem sie leben müsse. Daher setze sie auf ein gutes Angebot, das von den Kunden auch geschätzt wird.

Kaffee, Popcorn, Mädelsabend: Wertheranerin bietet Kundenerlebnis

Claudia Habighorst hält seit Neuestem in ihrem Geschäft auch einen Raum mit Herrenmode bereit. - © Anja Hanneforth
Claudia Habighorst hält seit Neuestem in ihrem Geschäft auch einen Raum mit Herrenmode bereit. (© Anja Hanneforth)

Auch Claudia Habighorst lässt sich eine Menge einfallen, um ihren Kundinnen und Kunden ein schönes Einkaufserlebnis zu bieten. Meist steht ein Kaffee bereit, manchmal wirft sie ihre Popcorn-Maschine an, und wer einen wirklich großen Einkauf tätigt, bekommt immer eine Kleinigkeit obendrauf. Dazu richtet sie jeden ersten Freitag im Monat ein besonderes Event aus, wie zuletzt einen Mädelsabend. Im Dezember gibt es einen Adventskalender, und es gibt auch Rabatte - zu anderen Zeiten.

„Glücklicherweise ist hier in Werther die Welt größtenteils noch in Ordnung“, klopft Claudia Habighorst verbal auf Holz. „Man bekommt hier vor Ort eine Fülle verschiedener Produkte.“ Sie selbst habe ganz liebe Kundinnen und Kunden, die regelmäßig kämen. Damit es noch mehr werden, bietet sie jetzt auch Herrenbekleidung an.

„Ich sage allen, die zu mir kommen: Danke, dass Sie mich unterstützen. Egal, ob sie nur eine Kleinigkeit für wenige Euro kaufen oder richtig viel Geld da lassen.“

Geschäftsfrau wendet sich mit Aufruf an Wertheraner

Obwohl sie eigentlich eine Optimistin ist, kennt Claudia Habighorst auch schlechte Tage. Von der Politik fühlt sie sich oft allein gelassen. „Wir Einzelhändler haben keine Lobby. Anders als die Gastronomie. Das hat man in der Corona-Zeit gesehen.“

Für die Wertheranerin steht fest: „Wenn die Geschäfte in der Innenstadt erhalten bleiben sollen, müssen die Leute auch hier einkaufen. Wenn ich mich noch an die Corona-Zeit erinnere, wie tot die Städte damals waren - vor so etwas graut mir.“

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Daher ruft sie auf: „Leute, geht in die Geschäfte vor Ort und schaut, was diese zu bieten haben! Fragt nach, wenn ihr etwas haben wollt, das es auf den ersten Blick nicht gibt. Wir können es bestimmt besorgen!“ Wenn die Leute aber statt vor Ort immer mehr im Internet kauften und auf den Black Friday warteten, gingen in Städten wie Werther irgendwann die Lichter aus.

Besondere Whatsapp-Gruppe bietet der Wertheranerin viel Halt

Kerzen, Kleidung, Deko und Accessoires: In ihrem Konzeptstore Modeschön hält Inhaberin Claudia Habighorst eine Fülle schöner Dinge bereit. Eine Rabattschlacht am Black Friday gab es bei ihr allerdings nicht. - © Anja Hanneforth
Kerzen, Kleidung, Deko und Accessoires: In ihrem Konzeptstore Modeschön hält Inhaberin Claudia Habighorst eine Fülle schöner Dinge bereit. Eine Rabattschlacht am Black Friday gab es bei ihr allerdings nicht. (© Anja Hanneforth)

Wertvolle Rückendeckung erfährt Claudia Habighorst seit Kurzem durch eine Whatsapp-Gruppe, in der sich gut 30 Einzelhändler aus ganz Deutschland zusammengetan haben. „Von Holstein bis Bayern“, erzählt sie. „Manche haben große, manche kleine Läden, manche verkaufen Mode, andere haben wie ich einen Konzeptstore.“

„Wir sind eine tolle Gruppe“, sagt die Wertheranerin. Die sehr vertrauensvoll miteinander umgeht. „Wir nennen uns die ’Ladenfamilie’, feiern unsere Erfolge und bedauern uns, wenn es mal nicht so gut läuft.“ Jeden Abend würden sie ihre Einnahmen offen legen und ehrlich schreiben, was am Tag gut war und was schlecht. „Wenn du vor Ort angesprochen wirst, sagst du immer: Alles läuft super! Selbst wenn es nicht so ist. In unserer Gruppe kommen die Karten auf den Tisch.“

Die Mitglieder der Gruppe hätten noch etwas gemeinsam, beschreibt Claudia Habighorst: „Wir geben immer unser Bestes, jeden Tag.“ Weshalb sie die Wertheranerinnen und Wertheraner aufruft: „Kommt rein und macht euch selbst ein Bild!“

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