Kritik an Institutionen

Haushaltsplan in Werther: Rekordeinnahmen, doch 2,6 Millionen Euro Minus

Der Kämmerer hatte vor Kurzem eine noch nie da gewesene Rekordzahl präsentiert. Doch ganz bewusst haben er und Bürgermeister Lemmen sich dagegen entschieden, damit den Haushaltsplan zu verbessern.

Aus vielen verschiedenen Puzzleteilen setzt sich der Wertheraner Haushalt zusammen. Bürgermeister Veith Lemmen (l.) und Kämmerer Rainer Demoliner sind trotz Defizits zufrieden mit dem Zahlenwerk. | © Silke Derkum-Homburg

Silke Derkum-Homburg
14.10.2025 | 14.10.2025, 17:03

Werther. Es ist genau der passende Moment, um Bilanz zu ziehen. Die letzte Sitzung des alten Stadtrats, bevor im November die neu und wieder gewählten Mitglieder in eine neue Wahlperiode starten. Für Bürgermeister Veith Lemmen endet damit seine erste Amtszeit in Werther, und er ist stolz auf das, was in den vergangenen fünf Jahren geschafft wurde.

In seiner Rede zur Einbringung des Haushaltsplans für 2026 spart er nicht mit Superlativen. Einer davon ist erst einige Tage alt. Die Gewerbesteuer, in der Regel die wichtigste Einnahmequelle einer Stadt, ist auf 9,76 Millionen Euro geklettert. „Ein Rekord“, nannte Kämmerer Rainer Demoliner in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses dieses Ergebnis - zumal das Jahr noch nicht zu Ende ist.

Geplant hatte die Stadt bis zum Jahresende bislang mit 7,55 Millionen Euro. Die sind bereits jetzt deutlich überschritten. „2020 betrug die Gewerbesteuereinnahme 5,99 Millionen Euro, und das war bereits gut“, so Veith Lemmen. Doch nun sei die Gewerbesteuer innerhalb von rund fünf Jahren um 63 Prozent gestiegen.

Brand bei Pahmeyer als leuchtendes Beispiel

Der Dank dafür gehe vor allem an die „fleißigen Unternehmen in unserer Stadt“ sowie an die Wirtschaftsförderung, so Lemmen. Der Vorteil einer kleinen Stadt wie Werther sei, dass die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und Verwaltung sehr individuell und serviceorientiert laufen könne.

Ein Beispiel für „Zusammenhalt, mutigen Unternehmergeist und dafür, dass manches in Werther besser läuft als sonst wo“ sei der Großbrand in der Kartoffelmanufaktur Pahmeyer gewesen. Eine Katastrophe habe abgewendet werden können, „weil restlos alle auf dem Platz waren und angepackt haben“. Von der Freiwilligen Feuerwehr über die Landwirtschaft bis zu anderen Unternehmen.

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Und da die Familie Pahmeyer „mit Volldampf“ weitermacht, sei klargewesen, dass alle erforderlichen Genehmigungen da sein müssen, bevor die neuen Maschinen da und die Halle wieder aufgebaut sei. So etwas führe dazu, dass Unternehmen sich in Werther gut entwickeln könnten und sich mit wachsender Gewerbesteuer am Gemeinwesen beteiligten, resümiert Lemmen.

Einkommenssteuer ist die größte Ertragsquelle im Haushalt

Die zweite große Einnahmequelle ist die Einkommenssteuer. Dass sie in Werther sogar höher ist als die Gewerbesteuer, ist eine Seltenheit in OWL und zeigt, wie viele Menschen mit gutem Einkommen in der Stadt leben. Für das kommende Jahr hat Rainer Demoliner mit 8,74 Millionen Euro Einkommens- und Umsatzsteuer kalkuliert. Das sind 280.000 Euro mehr, als im Ansatz für 2025 standen.

Insgesamt 34 Prozent der Erträge macht die Einkommenssteuer aus. Die Gewerbesteuer hat einen Anteil von 33 Prozent. Obwohl sie im aktuellen Jahr auf Rekordkurs ist, hat Rainer Demoliner im Haushalt für 2026 einen bescheideneren Ansatz von 8,6 Millionen Euro gewählt.

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„Wir hätten auch einen höheren Ansatz nehmen und mit einigen anderen Tricks das geplante Defizit deutlich verringern können, wie viele andere Städte das machen. Aber das wäre unseriös und würde einen falschen Eindruck vermitteln“, sagt Veith Lemmen.

Das geplante Defizit liegt bei 2,6 Millionen Euro

Und so steht auch 2026 geplant wieder ein deutliches Defizit unterm Strich, das mit 2,6 Millionen Euro noch höher ausfällt als das vom Vorjahr, das bei 1,8 Millionen Euro lag. Denn den insgesamt 25,9 Millionen Euro an Erträgen stehen 28,5 Millionen Euro an Ausgaben gegenüber. „Und da haben wir für 90 Prozent mit Umlagen, Personalaufwendungen und Abschreibungen keinen Spielraum“, sagt Veith Lemmen.

Nur sieben Prozent der Ausgaben, etwa zwei Millionen Euro, seien freiwillig, darunter Straßen- und Gebäudeerhaltung, Freibad, Bibliothek und Bürgerbus. 600.000 Euro wurden in diesem Bereich noch einmal eingespart. Mehr sei kaum drin, so Demoliner.

Und auch wenn der Kämmerer grundsätzlich den Ehrgeiz hat, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, bleibt der Chef gelassen. Denn zum einen gebe es einen Unterschied zwischen dem Haushaltsplan und dem Jahresabschluss. Letzterer sei in den vergangenen acht Jahren - mit einer Ausnahme - immer mit einer schwarzen Zahl vorgelegt worden.

Deutliche Kritik an Land, Kreis und dem LWL

Und zum anderen sei für Lemmen die tatsächliche Verschuldung der Stadt entscheidender. Und da habe Werther „derzeit exakt noch einen Kredit zu bedienen, und zwar in Höhe von knapp 100.000 Euro. Das ist 2031 erledigt“, so Veith Lemmen. Deshalb sei Werther liquide und habe eine Pro-Kopf-Verschuldung von nur 31 Euro (zum Vergleich: 2023 lag die durchschnittliche Pro-Kopf-Verschuldung der Kommunen in NRW bei 4.751 Euro pro Einwohner). „Quasi alle beneiden uns darum“, so Lemmen.

Was ihn jedoch deutlich verärgert, ist der finanzielle Austausch mit Land, Bund und Kreis. Allein die Kreisumlage mache mit 11,6 Millionen Euro 41 Prozent der Ausgaben aus. Sie sei seit 2020 um 36 Prozent gestiegen, so Lemmen.

Das eigene sparsame Wirtschaften werde „schlimmstenfalls nicht reichen oder zunichtegemacht, wenn andere nicht endlich ihre Verantwortung wahrnehmen“, teilt Veith Lemmen aus und ruft „andere Ebenen“, die mit den Geldern aus Werther arbeiten, „zur Mäßigung“ auf. Dabei nennt er ausdrücklich den LWL, den Landschaftsverband Westfalen-Lippe, der seiner Ansicht nach - zum Beispiel mit der Schaffung neuer Stellen - nicht maßvoll mit dem Geld der Kommunen umgehe.

Steuern und Abwassergebühr steigen

Ebenso kritisch richtet er sich an Land und Bund. Denn aus dem Sondervermögen des Bundes sollen 100 Milliarden an Länder und Kommunen gehen. Die Städte fordern für sich 80 Prozent davon. „Das würde für Werther sage und schreibe 2,63 Millionen Euro bedeuten“, so Lemmen. „Aber nein, Ministerpräsident Wüst hat diese Festlegung verhindert. Will nur 50 Prozent an die Städte weitergeben.“

Für die Einwohnerinnen und Einwohner Werthers sieht der neue Haushaltsplan eine Erhöhung der Hebesätze für die Grundsteuer um 3,3 und 5,1 Prozent vor. Auch die Abwassergebühren steigen, sodass eine vierköpfige Familie jährlich mit etwa 60 Euro mehr belastet wird.

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