Überraschung in Werther: Archäologen stoßen auf einzigartigen Fund

Werther. Dass der Blotenberg eine archäologische Fundgrube ist, haben die Experten bereits vor zwei Jahren vermutet, als sie anfingen, dort zu graben. Dass er allerdings solche Schätze in sich trägt, wie jetzt zum Vorschein kommen, haben die Historiker zwar gehofft, aber nicht wirklich erwartet. Die Worte &bdquo;das Erste“ oder &bdquo;das Einzige“ fallen öfter, wenn Sebastian Düvel, als Wissenschaftlicher Referent beim &bdquo;LWL – Archäologie für Westfalen“ zuständig für die Grabungen in Werther, von den Ergebnissen der vergangenen zwei Jahre spricht. Und die Wahl der Vokabeln zeigt, dass der Blotenberg für die Erforschung der Siedlungsgeschichte Ostwestfalen-Lippes tatsächlich eine herausragende Bedeutung hat. Doch zunächst einmal zur – nach archäologischen Dimensionen – jüngeren Geschichte. Im unteren Teil des Hanges, ganz nah an der Bielefelder Straße, haben die Archäologen Reste eines neuzeitlichen Steinkohlebergbaus gefunden. Wer im Geschichtsunterricht gut aufgepasst hat, weiß, dass die Neuzeit um 1492 anfängt. &bdquo;Es dürfte sich hier um Halden handeln, auf denen die abgebaute Steinkohle gelagert und dann abgefahren wurde“, sagt Sebastian Düvel. Der Teutoburger Wald als Steinkohlerevier Zwar gab es in alten Schriften schon Hinweise darauf, dass hier in der Gegend bereits im Mittelalter Steinkohle abgebaut wurde, aber bislang habe man keinen archäologischen Nachweis darüber gehabt, sagt der Experte. Der ist nun endlich in Werther erbracht. Sebastian Düvel schätzt, dass die vorliegende Halde aus dem 17. bis 18. Jahrhundert stammen dürfte. Es sei schon etwas Besonderes, dass man im Teuto solche Funde mache, zumal die Steinkohlevorkommen hier nur punktuell seien, sagt er. Weitere Aussagen zum Steinkohleabbau lassen sich zurzeit nicht machen, denn &bdquo;wir haben nicht viel Zeit auf diese Fundstelle verwendet“, sagt Düvel. Zeitliche und finanzielle Ressourcen sind knapp, und so begnügt man sich oft nur mit der Sicherung und Archivierung der Funde und überlässt deren Auswertung späteren Generationen. Wesentlich mehr Zeit wird man auf die Auswertung der eisenzeitlichen Funde verwenden. Und da hat sich für die Archäologen ein Traum erfüllt. Hatten sie vor zwei Jahren angesichts der guten Befundlage davon gesprochen, dass sie hoffen, den Nachweis für ein ganzes Gebäude führen zu können, hat sich diese Hoffnung nun tatsächlich erfüllt. Gesamte Freilegung in Werther nur dank der Straßenplaner möglich Genau dort, wo sich die zukünftige Alfred-Weinberg-Straße von der geraden Zufahrt in das Baugebiet in zwei Richtungen teilt, um zu einer ringförmigen Straße zu werden, stand einst ein ziemlich großes Gebäude. Mit 17 Metern Länge und sieben Metern Breite hatte es eine Grundfläche von 119 Quadratmetern und war das Hauptgebäude der Hofstelle. Und dieses Gebäude ist der erste vollständige Hausgrundriss aus der Zeit, der in Ostwestfalen-Lippe nachgewiesen wurde. Lesen Sie auch: So soll es in Werthers prominentem Baugebiet einmal aussehen Es gibt zwar weder Holz noch andere Baumaterialien, die sich erhalten haben, aber die Erdverfärbungen an den Stellen, an denen einst die Pfosten im Boden standen, lassen für die geschulten Augen der Grabungsexperten eine Menge Rückschlüsse zu. Neun dicke Pfosten, die in gleichmäßigen Abständen in zwei Reihen einander gegenüber in der Erde gestanden haben. In der Mitte fehlt ein Pfosten. Dort wird der Eingang gewesen sein. &bdquo;Wir kennen viele kleine Vier-Pfosten-Bauten, aber eben noch keinen in dieser Größe“, sagt Sebastian Düvel. Und noch eine Besonderheit weist der Grundriss auf. Die Archäologen konnten einen Wandgraben nachweisen. Das heißt, dass die Holzwände bis in die Erde reichten und dort in kleinen Gräben auflagen. Dass dieser Grundriss vollständig freigelegt werden konnte, ist reiner Zufall und letztlich den Straßenplanerinnen oder -planern des Blotenbergs zu verdanken. Auch Jahrhunderte später fanden Siedler Werther reizvoll Denn nur weil an dieser Stelle eine große Fläche später asphaltiert werden wird, haben die Archäologen in so großem Maßstab graben müssen. Zum Verständnis: Alle Stellen, die nicht im Rahmen der Baumaßnahmen von Baggern aufgewühlt werden, bleiben unangetastet. So können die Bodendenkmäler sicher in der Erde verbleiben und von späteren Generationen mit besserer Technik gesichert und ausgewertet werden. Anhand der Formen und der Verarbeitung der Tonscherben, die in der Nähe des Grundrisses gefunden wurden, geht man davon aus, dass dieses Gebäude aus der mittleren Eisenzeit, also aus dem 6. bis 4. Jahrhundert vor Christus, stammt. Weitere Entdeckungen: Funde im Baugebiet: Werthers Geschichte muss neu geschrieben werden Diesen – damals sensationellen – Besiedlungszeitraum hatten die Archäologen bereits zu Beginn der Grabungen für den Blotenberg festgestellt. Nun hat sich ergeben, dass auch in der späten Eisenzeit Siedler die Lage am sonnigen Hang in Bachnähe reizvoll fanden. Denn einige hundert Meter weiter, unter einer zukünftigen Straßentrasse, hat man eine weitere Hofstelle entdeckt, die jedoch aus dem ersten Jahrhundert vor Christus stammt. Historiker vermuten weiteres Römerlager in der Nähe Allerdings deuten die gefundenen Scherben darauf hin, dass es sich bei den Bewohnern dieser Hofstelle um Elbgermanen gehandelt habe, sagt Sebastian Düvel. Ob diese zugewandert seien oder sich schon kulturell assimiliert hatten, lässt sich noch nicht sagen. &bdquo;Aber es ist wichtig, dass wir viele Bausteine in diesem Puzzle finden, um immer mehr zu verstehen.“ Haarscharf an einer Sensation vorbeigeschrammt sind die Archäologen nördlich des Teutoburger-Wald-Weges hinter der Aral-Tankstelle. Dort hatte man in einem Querschnittprofil gesehen, dass an dieser Stelle mal ein Graben verlaufen sein muss – und zwar einer mit einer spitzen Sohle. Und diese Art Gräben kennt man von den Römern. &bdquo;Das hätte bedeutet, dass die Römer auf ihrem Weg nach Kalkriese hier durchgezogen sein mussten“, sagt Sebastian Düvel und beschreibt gleich dazu, was für einen Rummel es gegeben hätte, wenn Werther plötzlich eine tragende Rolle in der Geschichte um die legendäre Schlacht im Teutoburger Wald gespielt hätte. Unwahrscheinlich wäre dies nicht, denn man weiß, dass es nach dem erst vor sechs Jahren entdeckten Römerlager in der Sennestadt noch ein Lager hier in der Gegend gegeben haben muss. Doch der Spitzgraben entpuppte sich als Graben, der zur Abgrenzung um einen Meyerhof gezogen worden sein muss. Und der muss im Mittelalter, also im 11. oder 12. Jahrhundert, immerhin auch vor 1.000 Jahren, dort gestanden haben. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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