Historischer Schatz: 5.000 Jahre altes Werkzeug auf Acker in Versmold gefunden

Versmold-Bockhorst. Wenn Achim Ortmann durch das Gelände in Halstenbeck streift, ist sein Blick grundsätzlich nach unten gerichtet. Er sucht den Grund nach Gegenständen aus längst vergangenen Zeiten ab, die das Erdreich über Jahrhunderte, ja sogar Jahrtausende aufbewahrt hat. Durch die Bearbeitung der Äcker kommen sie manchmal ans Tageslicht. Mit seinem Metalldetektor hat der 61-Jährige schon alte Münzen aus dem Kaiserreich, Musketenkugeln und sogar eine Paukenfibel gefunden - ein typischer Gewandschmuck der älteren Eisenzeit. Der jüngste Fund des Bockhorsters ist eine kleine Sensation. Bei einem seiner Streifzüge über einen frisch gepflügten Acker fand er einen Stein, an dem jeder andere sicher vorbeigegangen wäre. Er war glatt geschliffen und hatte eine Schneide. Der Stein entpuppte sich als ein Steinbeil aus der Jungsteinzeit. Es stammt aus der Zeit zwischen 4200 und 2800 vor Christus, ist also mindestens 4.800 Jahre alt. &bdquo;Zu dieser Zeit war die Gegend komplett bewaldet, hauptsächlich mit Eichenmischwald“, sagt Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen, die das seltene Fundstück übernommen hat und verwahren wird. Dass das Steinbeil in der Nähe des Halstenbecker Baches gefunden wurde, sei kein Zufall. Der Bach gehöre zu den sogenannten Gunsträumen - in der Archäologie Bereiche, die besonders günstige Bedingungen für das Überleben der Menschen boten. Denn fruchtbare Böden und die Nähe zu Wasserquellen waren für Bauern und Viehzüchter essenziell. Mit dem Werkzeug wurden im heutigen Versmold einst Bäume gefällt In Ostwestfalen war die Jungsteinzeit durch den Übergang von Jäger- und Sammlerkulturen zu sesshaften Bauern geprägt, die für den Bau von Häusern und die Anlage von Feldern und Weiden Bäume fällten und so die dicht bewaldeten Landschaften veränderten. Mit dem von Achim Ortmann gefundenen Beil dürften vor 5.000 bis 7.000 Jahren ebenfalls Bäume gefällt worden sein. Das verraten die Macken an der Schneide des Werkzeugs. Funde im Baugebiet: Werthers Geschichte muss neu geschrieben werden Das Beil selbst besteht aus Kieselschiefer, einem extrem harten und unschmelzbaren Gestein. Das Werkzeug wurde mit Sand oder einem Sandstein in seine endgültige Form geschliffen. Eine Arbeit, die mehrere Tage in Anspruch nahm. Die Steinbeile wurden dann auf unterschiedliche Weisen an Holzschäften befestigt: Entweder durch das Aufbinden des Beilkopfes auf einen Holzschaft mit Bast oder Tiersehnen, oder durch das Einstecken des Beils in ein Zwischenfutter aus Geweih. Als Kleber dienten Honig, Harz oder Birkenpech. Das Anbringen eines Schaftes ermöglichte eine höhere Kraftübertragung, was die Wirksamkeit des Beils erhöhte. Archäologische Experimente haben gezeigt, dass durchaus auch große Bäume mit dem Steinbeil gefällt werden können. Auch mit Eichenholz, das in der Jungsteinzeit vorzugsweise zum Bauen verwendet wurde, konnte es die Axt aufnehmen. Erster Hinweis auf die Jungsteinzeit im Versmolder Ortsteil &bdquo;In Bockhorst ist dieses Beil der erste Hinweis auf einen neuen Fundort der Jungsteinzeit“, bestätigen die beiden Wissenschaftler Julia Hallenkamp-Lumpe und Sven Spiong. Zwei weitere Steinbeile wurden in der Nähe des Casumer Baches in Borgholzhausen-Oldendorf gefunden. Mit jedem Fund werde die Geschichte einer Region erlebbarer, so die beiden Archäologen. Die Funde würden verraten, wo die Menschen lebten, wie sie lebten und was für die Wahl ihrer Standorte ausschlaggebend war. Amprion-Baustelle: Trasse in Borgholzhausen bringt seltene Funde ans Licht Über das Steinbeil werden die Experten der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen nun ein Gutachten schreiben. Das geht nach Düsseldorf zum Heimatministerium. Das Beil selbst geht nach Münster ins zentrale Fundarchiv, wo es aufbewahrt, aber auch für Forschungszwecke oder Ausstellungen zur Verfügung gestellt wird. Achim Ortmann wird weiter seine Augen offen halten, beflügelt von seinem bedeutenden Fund. Denn wo ein Beil ist - wo also nachweislich Steinzeitmenschen gelebt und gearbeitet haben - könnten noch weitere Schätze verborgen liegen. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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