
Werther. Oft ist es nicht einmal die Kunst selbst, es sind die kleinen Dinge, die einen Museumsbesuch besonders schön machen. Ein Rundgang durch die idyllischen Außenanlagen, ein leckerer Kaffee vor oder nach dem Kunstgenuss - oder eine nette Begrüßung und freundliche Worte beim Rundgang durch die Ausstellung. Im Museum Peter August Böckstiegel ist das praktisch im Eintrittspreis inbegriffen. Dank eines 70-köpfigen Teams von Ehrenamtlichen, die das i-Tüpfelchen jedes Besuchs ausmachen.
Und das ist sogar schwarz auf weiß nachzulesen. Im Gästebuch des Museums finden sich zig Einträge, die die Atmosphäre und die herzliche Betreuung in Arrode zum Inhalt haben. „Weil unser Team einfach das Tollste ist“, findet auch Jutta Mohaupt. Als Ehrenamtskoordinatorin hat sie selbst daran einen erheblichen Anteil. Doch jetzt kündigt sie ihren Rückzug an.
„Als ich 2017 hier angefangen habe, existierte das Museum noch gar nicht. Es gab nur eine Baugrube“, erzählt Jutta Mohaupt schmunzelnd. Ohnehin hätten sie und die Ehrenamtlichen anfangs nicht so richtig gewusst, wie es einmal werden würde.
Man muss das Rad nicht neu erfinden
„Meine erste Aufgabe war, eine Dienstreise zur Max-Liebermann-Villa nach Berlin zu organisieren, wo schon seit vielen Jahren Ehrenamtliche im Einsatz waren. Und zum Otto-Modersohn-Museum nach Fischerhude.“ Quasi als Grundlage für die künftige Ehrenamtsarbeit in Werther. „Und man muss ja das Rad nicht neu erfinden“, meint Jutta Mohaupt ganz praktisch.
Als Ziel war damals ausgerechnet worden, dass es rund 60 Ehrenamtliche brauchen würde, um das Böckstiegel-Museum mit fünf Öffnungstagen pro Woche und einem annehmbaren Zeiteinsatz für jeden Einzelnen zu führen. „Ich fand das eine enorm hohe Zahl“, gibt Jutta Mohaupt zu. Würden sich so viele Kunstinteressierte überhaupt finden lassen?

Und ob. Männer wie Frauen, von denen manche bereits Mitglied im Böckstiegel-Freundeskreis waren, andere jedoch völliges Neuland betraten, füllten bald die Listen der Ehrenamtskoordinatorin. In drei Volkshochschulkursen à 20 Teilnehmenden ließen sie sich schulen. „Nicht nur darin, was eine Museumsaufsicht zu tun hat“, beschreibt Jutta Mohaupt. Sondern zum Beispiel auch in Sachen Brandschutz und Erster Hilfe.
Kunst schützen und Gäste begrüßen
Ihre Aufgaben waren bereits im Vorfeld umrissen: Sie würden künftig „die Kunst schützen“, wie es Jutta Mohaupt formuliert, und die Gäste begrüßen. Die Führungen selbst würden durch professionelle Kunstvermittler geleitet. „Aber natürlich kann jeder die wichtigsten Fragen zu Böckstiegel und den jeweiligen Ausstellungen beantworten.“
Doch erst einmal fieberten alle der großen Museumseröffnung 2018 entgegen. „Ich war vermutlich die Einzige, die ganz glücklich darüber war, dass sich die Sache wegen verspätet gelieferter Fenster um ein paar Monate verzögerte“ - Jutta Mohaupt muss bei der Erinnerung daran lachen.
Denn ihre Aufgaben waren durchaus beträchtlich - bei nur acht Wochenstunden als geringfügig Beschäftigte. Entsprechend glücklich war sie, dass 2020 Ellen Wendt als Verstärkung mit derselben Stundenzahl ins Leitungsteam kam. Seitdem ließ sich die Arbeit auf zwei Schultern verteilen.
Es gibt in Werther sogar eine Warteliste
Dass nicht nur sie selbst, sondern auch die 70 Ehrenamtlichen viel Spaß an ihrer Arbeit haben, zeigt sich an der geringen Fluktuation innerhalb des Teams. „Ganz viele, mit denen ich angefangen habe, sind heute noch dabei“, freut sich Jutta Mohaupt. Was vielleicht auch daran liegt, dass durch die große Zahl jeder nur zwei Dienste im Monat à drei Stunden zu leisten hat. „Und man ist immer zu zweit“, erzählt Jutta Mohaupt. Die auch weiß: „Unsere Ehrenamtlichen schenken dem Museum nicht nur ihre Zeit. Sie werden auch selbst beschenkt, durch schöne Begegnungen mit den Besucherinnen und Besuchern.“ Das bereichere sehr.
Und ginge inzwischen so weit, dass es sogar eine Warteliste gibt, ins Team der Ehrenamtlichen aufgenommen zu werden. „Das muss uns erst einmal einer nachmachen“, meint Jutta Mohaupt.
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David Riedel, künstlerischer Leiter des Museums, verabschiedet die Ehrenamtskoordinatorin mit großem Bedauern. „Die gesamte Stiftung hat ihre Entscheidung traurig zur Kenntnis genommen.“ Ihr gebühre großer Respekt und Anerkennung für die geleistete Arbeit. „Sie war eine ganz wichtige Säule des Museums-Erfolgs.“
Die eigene Nachfolgerin gleich mitgebracht
Jutta Mohaupt selbst geht mit einem lachenden und einem weinenden Auge, wie sie sagt. Weinend, weil ihr die Arbeit immer viel Freude gemacht habe. Lachend, weil sie nun mehr Zeit für ihr Enkelkind hat. „Und ich bleibe dem Museum und dem Böckstiegel-Freundeskreis natürlich verbunden.“
Genauso professionell, wie Jutta Mohaupt die Ehrenamtlichen geführt hat, hat sie ihre Nachfolge geregelt. „Im Grunde hat sie ihre Nachfolgerin gleich mitgebracht“, sagt David Riedel augenzwinkernd. Die ist beim Pressetermin mit dabei: Eva Sperner, langjährige vormalige Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Halle.
„Wir kennen uns von früher“, erzählt Jutta Mohaupt, vor ihrer Pensionierung Kriminalbeamtin und Gleichstellungsbeauftragte der Kreispolizeibehörde Gütersloh. Als Eva Sperner nach ihrer eigenen Pensionierung im Gespräch fallen ließ, dass sie jetzt Zeit für ein Ehrenamt habe, nahm sie Jutta Mohaupt sofort beim Wort.
Nichts wird umgekrempelt
„Ich hatte auch beruflich immer wieder mit Kunst und Künstlern zu tun. Ich denke, das ist eine spannende Aufgabe“, findet Eva Sperner. Auch sei sie oft als Besucherin im Böckstiegel-Museum gewesen und habe für Frauengruppen Führungen organisiert. Umkrempeln wolle sie überhaupt nichts. „Das Haus ist gut bestellt, so wie es ist“, sagt die „Neue“ an der Seite von Ellen Wendt. „Mein Hauptproblem wird jetzt erst einmal sein, die Namen unserer Ehrenamtlichen zu lernen. Aber glücklicherweise tragen hier ja alle ein Namensschild.“
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