Unternehmer aus Werther in Lebensgefahr - nun kämpft er sich zurück

Werther. Die Türen bei &bdquo;Sport Strunk“ stehen an diesem Montag weit offen. Vier Nachmittage in der Woche hat das Geschäft in der Ravensberger Straße nun wieder geöffnet und obendrein auch noch am Samstagmorgen. Nur mittwochs ist geschlossen. Dass Frank Strunk nach allem, was er seit dem 13. April durchgemacht hat, allein dieses Pensum schon wieder zu leisten vermag, kommt einem Wunder gleich. Etwas blass steht er da, als er zur Begrüßung lächelt. Mit einer Narbe am linken Unterarm, der Körper von den Strapazen der vergangenen zweieinhalb Monate gezeichnet. &bdquo;Tja, ich habe nie was gehabt ...“ Der 61-Jährige schaut kurz zum Eingang, durch den gerade die nächsten Kunden hereinkommen. &bdquo;Das hat sich nicht angekündigt, ich habe nichts gemerkt - und dann hat es mich so dermaßen umgehauen.“ &bdquo;Das hier, das geht noch nicht wieder richtig.“ Frank Strunk versucht, die linke Hand zur Faust zu ballen. &bdquo;Drei Zehen sind auch noch taub, ebenso die Hacke.“ Doch dann winkt er ab. Klar sei er noch schlapp, sehr sogar. Aber hey, er sei noch da! Und noch immer staunt er, dass zwei so große Steine in Niere und Harnleiter so lange unbemerkt bleiben und seinen Körper, sein Blut derart vergiften konnten. Unternehmer mit flauem Gefühl ins Bett gegangen und einfach umgekippt Das Wochenende, als das Drama seinen Lauf nahm, wird er nie vergessen. &bdquo;Es war der 13. April, und ich bin mit dem Rad zur Arbeit gefahren; von Halle einmal übern Berg. Aber ich merkte schon, dass irgendwas nicht stimmte. Mir war so flau.“ Nachmittags schaute sich Frank Strunk im Fernsehen noch das Final Four an, ging früh schlafen. Doch die Nacht brachte keine Linderung, am Sonntag erwartete ihn dasselbe Spiel. &bdquo;Wieder habe ich mich durch den Tag geschleppt, nachmittags noch mal Handball geguckt, abends wieder zeitig ins Bett ...“ Was dann geschah, kennt er nur aus den Erzählungen seiner Frau Heike: &bdquo;Offenbar habe ich mich noch einmal aufgerichtet - und bin umgekippt.“ Frank Strunk zieht die Augenbrauen hoch. &bdquo;Wäre ich an dem Abend alleine gewesen, ich hätte das wohl nicht überlebt.“ Tränen steigen in ihm hoch. &bdquo;Ah, das ist auch so ein Ding, früher war ich nicht so emotional“, sagt er und wischt sich mit dem Handrücken übers Gesicht und lächelt dabei. &bdquo;Egal, ich bin einfach so dankbar. So dankbar für alles, was meine Frau, was meine ganze Familie für mich getan hat.“ Zunächst galt es, in Windeseile einen Notarzt zu verständigen. Lebensgefahr: Gütersloher Ärzte diagnostizieren Sepsis Mit Blaulicht ging es nach Gütersloh; erst ins St.-Elisabeth-Hospital, dann ins Städtische Krankenhaus. Dorthin, wo die Ärzte eine schwere Sepsis diagnostizierten. Lebensbedrohlich, denn die Gifte hatten sich in seinem Blut bereits weitflächig ausgebreitet. Ursache war vor allem ein zwei Zentimeter großer Nierenstein, das ist in diesem Fall eine gewaltige Größe. Frank Strunk wurde ins künstliche Koma verlegt, während das erste Antibiotikum nicht anschlug - und in einer aufwändigen Prozedur erst noch ein zweites entwickelt werden musste. Nach fünf Tagen wachte der Familienvater wieder auf. Und bekam den nächsten Schock. Frank Strunk schluckt. Dann sagt er mit leiser Stimme: &bdquo;Das hört sich allein schon schlimm an, aber ja, ich blickte auf meine linke Hand, die war tatsächlich schwarz, beide Füße grau, der linke Arm ganz dunkel ...“ Hier saß eine Ader komplett zu, sodass bei einer OP ein Implantat eingesetzt werden musste. Im Sportgeschäft ist es an diesem Nachmittag nicht so, dass die Kunden Schlange stehen würden, aber dennoch ist immer jemand da. Stöbert zwischen Trainingsanzügen, Bällen, Sportschuhen und Badekappen. Während Frank Strunk berät, kassiert, telefoniert. &bdquo;Wo waren wir stehengeblieben?“ Er schüttelt den Kopf. &bdquo;Ich habe echt das Gefühl, ich vergesse mehr als früher ...“ Doch dann hat er den Faden sogleich wiedergefunden und erzählt weiter. Dass er beispielsweise keine Erinnerungen an die ersten, an die ganz schlimmen Tage im Krankenhaus habe. Dafür aber an einen wilden Traum. Wie er operiert wurde, einmal, zweimal, am Ende dreimal innerhalb von 14 Tagen. Und wie er das Krankenhaus am 4. Mai wieder verlassen habe - um am 7. Mai das erste Mal für ein paar Stunden schon wieder im Laden zu stehen. Sein Blick schweift über die Ständer, die Regale. &bdquo;Das ist eben der Punkt, wenn du selbstständig bist“, stellt er nüchtern fest. &bdquo;Nicht ein Mal in den ganzen Jahren, in Jahrzehnten, hatte ich den Laden zu - bis Corona kam.“ Sogar jetzt habe er das Geschäft nicht komplett schließen müssen. Und während er das erzählt, versteckt er seine Rührung nicht. &bdquo;Meine Frau und ebenso unsere drei Kinder, Greta, Niklas und Lennart, haben reihum dafür gesorgt, dass hier zumindest von donnerstags bis samstags geöffnet war.“ So stolz, so unendlich stolz sei er auf seine Familie. Wie liebevoll sich alle um ihn gekümmert, wie perfekt sie alles organisiert hätten. Jeden Tag Nachrichten für den Koma-Patienten aus Werther Frank Strunk tippt auf sein Handy. &bdquo;Das hatten sie mir weggenommen, 14 Tage lang, und das war genau richtig so. Aber jeden Tag haben meine Familie und meine Freunde mehrere Nachrichten an mich geschickt. In der Hoffnung, dass ich sie später würde lesen können - und das konnte ich. Das waren unglaubliche Momente ...“ Die perfekte Basis dafür, dass er sich jetzt allmählich ins Leben zurückkämpfen kann; Tag für Tag, Schritt für Schritt. &bdquo;Einmal muss ich noch operiert werden“, erzählt Frank Strunk. Mit dem rechten Zeigefinger fährt er quer über seinen Rumpf. &bdquo;Die Schiene muss noch raus, die die Niere mit dem Harnleiter verbindet.“ Danach, ja, danach sollte das Schlimmste geschafft sein. Rückblickend hätte er übrigens nichts anders machen können, fügt er an, spezielle Vorsorgen gebe es nicht. &bdquo;Und wenn du nichts merkst, gehst du ja auch nicht zum Arzt.“ Er zwinkert. &bdquo;Ich soll noch keinen Garten umgraben und mich noch etwas schonen ... da halte ich mich dran. Und bin dankbar, dass ich noch da bin. Materielle Sachen sind mir noch weniger wichtig als vorher. Mich nervt höchstens dieses ganze Negative, die Unzufriedenheit ... Uns geht es doch gut! Und mir auch - immer ein bisschen mehr.“

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