Todgeweihter Weihnachtsmarkt in Werther steht vor aufregendem Neuanfang

Werther. Es war ein dunkler Abend im Februar 2020, und er sollte das traurigste Kapitel in der Geschichte des Wertheraner Weihnachtsmarkts aufarbeiten: Die Ausgabe von 2019, von vielen Bürgerinnen und Bürger als "Tiefpunkt" und sogar als "Fiasko" bezeichnet. Weshalb es an diesem Abend im Rathaus um Hopp oder Top ging, um die Rettung oder das endgültige Aus des Christkindlmarkts. Die damalige Bürgermeisterin Marion Weike hatte eingeladen, und es stand fest: Wäre niemand gekommen und hätten die Vereine nicht mit aller Vehemenz zu verstehen gegeben, dass sie ihren Markt erhalten wollen, er wäre an diesem Abend gestorben. Jetzt, mehr als zweieinhalb Corona-Jahre später, steht die Veranstaltung vor einem Neuanfang - und was für einem. Denn an diesem sonnigen Vormittag im November gibt es nur strahlende Gesichter im Rathaus. Bürgermeister Veith Lemmen, Hauptamtsleiter Guido Neugebauer, Kulturamtsleiter Stefan Meier, Marktmeister Usmar Carles und Jonas Nagel als Vertreter der heimischen Akteure sind voller Vorfreude auf das, was sie am dritten Adventswochenende aus der Schublade holen wollen. Das ist weit mehr, als der Christkindlmarkt seinen Besucherinnen und Besuchern jemals geboten hat. Von Wertheranern für Wertheraner - so ließe sich die Veranstaltung wohl am ehesten überschreiben. Viele Stände von heimischen Vereinen, hübsch geschmückte Holzbuden, ein abwechslungsreiches Programm auf der Bühne, und vor allem: eine stimmungsvolle Atmosphäre. Das alles soll es in diesem Jahr geben. "Die Unzufriedenheit nach der Ausgabe 2019 war groß", blickt Veith Lemmen zurück. Nach dem denkwürdigen Rettungsabend im Rathaus, zu dem mehr als 60 Mitglieder aus Vereinen, Chören, Schulen und der Politik gekommen waren, sei die Aufbruchstimmung spürbar gewesen. Dass Corona den Neuanfang zwei Jahre hinausgezögert hat, sei zwar zu bedauern. "Dafür hatten wir ausreichend Zeit, die Dinge wirklich zu verändern." Fast 30 heimische Vereine dabei Das fängt damit an, dass die Stadt selbst aktiv geworden ist, indem sie nicht nur Geld in eine schönere Weihnachtsbeleuchtung gesteckt hat, sondern auch in die Anschaffung von fünf Weihnachtshütten verschiedener Größen. "Viele Vereine haben uns gesagt, dass sie zwar gern teilnehmen würden, jedoch nicht in der Lage wären, eigene Buden zu finanzieren", beschreibt Lemmen. Daran sollte es genauso wenig scheitern wie daran, den Vereinen bei den gestiegenen Hygiene- und Sicherheitsauflagen unter die Arme zu greifen. "Solche Hemmschwellen wollten wir unbedingt beseitigen", betont Stefan Meier. Und auch die Landjugend hat sich angeboten und wird dabei helfen, wenn es etwa um den Auf- und Abbau der Buden geht. 18 Vereine haben sich inzwischen mit eigenen Ständen für den Weihnachtsmarkt angemeldet, darunter der BV, der TuS Langenheide, der Tennisclub, die Imker, die Kleintierzüchter, der CVJM, die katholische und die Freie Christliche Gemeinde, die Trecker-Veteranen, das Gymnasium, die Gesamtschule, die Johannis-Kita, die Flex-Eingliederungshilfe, die SPD und die Grünen. Hinzu kommen zehn weitere Vereine, die sich am Bühnenprogramm beteiligen. Das sind unter anderem die Grundschule, die Musikschule und der MGV. Am Eröffnungsfreitag um 17 Uhr dürfen sich die Besucherinnen und Besucher außerdem auf ein Konzert mit der Kinderrockband Krawallo aus Enger freuen, kündigt Stefan Meier an. Außerdem plant Ingrid Welland im Storck-Haus einen Basar mit Selbstgemachtem und mehr, es wird ein Kinderkarussell geben und natürlich weitere Buden und Verzehrstände. Insgesamt, so die Schätzung, werde der Markt aus etwa 40 Hütten bestehen. Klein und fein also und weg vom Kommerz. "Keine Staubsaugerstände mehr", nennt es Stefan Meier. Überhaupt gehe es nicht um Größe, sondern um eine schöne Atmosphäre. Komplett raus ist Veranstalter Yannik Nuffer, der den Markt in den vergangenen Jahren organisiert hatte. "Abgesehen davon, dass er am dritten Advent bereits ausgebucht ist, sind in Werther Stimmen laut geworden, dass man den Markt gern wieder lokal organisiert hätte", so der Bürgermeister. Und Guido Neugebauer unterstreicht, dass es durchaus einen Unterschied mache, ob ein professioneller Veranstalter die Vereine anschreibt und fragt, ob sie mitmachen würden, oder die Stadt. "Wir sind ja viel näher dran und können im Zweifelsfall auch ein zweites oder drittes Mal nachfragen." Stadt gibt fast 20.000 Euro aus Dass die Stadt nun allerdings sogar als Veranstalter auftritt, hätte sie sich vor ein paar Jahren sicher auch nicht gedacht. Genauso wenig, wie gut 20.000 Euro auszugeben. Die Summe umfasst allerdings die gesamte Bandbreite, angefangen bei den fünf Hütten und deren Schmuck über die Beleuchtung in der Innenstadt bis zum Anmieten der Bühne und der Kostendeckung bei den Standgebühren. "Aber wenn wir den Zusammenhalt und das Ehrenamt vor Ort stärken und ein lebenswertes Werther haben wollen, müssen wir auch bereit sein, Geld in die Hand zu nehmen", so Lemmen. Und man werfe das Geld ja nicht mit einem Füllhorn aus dem Fenster - "das können wir auch gar nicht." Froh ist er darüber, in Usmar "Carlo" Carles auf ein "Urgestein des Christkindlmarkts" zurückgreifen zu können, wie er den langjährigen Marktmeister nennt. Der nun also wieder im Boot ist - was ihn selbst am allermeisten überrascht. "Aber ich habe das schließlich 20 Jahre lang gemacht und kann die Stadt ja nicht im Stich lassen", sagt er augenzwinkernd. Bitte keinen Fangschuss durch Corona An seiner Seite wird er mit Jonas Nagel einen jungen Mann wissen, der ihn beim Ablauf des Bühnenprogramms tatkräftig unterstützen wird. Da er beruflich als Veranstaltungstechniker tätig ist, dürfte ihm dies leichter fallen als anderen Ehrenamtlern vor Ort. Geöffnet ist der Christkindlmarkt vom 9. bis 11. Dezember, Freitag ab 15 Uhr, Samstag und Sonntag jeweils ab 14 Uhr. Wer sich kurz entschlossen noch am Programm oder mit einem Stand beteiligen will, hat durchaus die Möglichkeit dazu. In diesem Fall sollte er sich mit Organisator Stefan Meier im Rathaus unter Tel. (05203) 705-22 oder per Mail an stefan.meier@gt-net.de in Verbindung setzen. Der Pressetermin an diesem sonnigen Novembermorgen endet mit einer fast flehenden Bitte Veith Lemmens: "Dass uns Corona nicht wie im vergangenen Jahr in letzter Sekunde den Fangschuss setzt, sondern der Christkindlmarkt wie geplant stattfinden kann."

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