Ende einer Ära

Berührender Abschied: Diese Frau aus Versmold prägte ganze Generationen

Christine Mescher ist sprichwörtlich eine Institution in Bockhorst. Nach 30 Jahren verabschiedet sich die Kita-Leiterin bald. Eine Wegbegleiterin ringt um Worte.

Christine Mescher hört als Kita-Leiterin in Bockhorst auf. Sie nimmt viele schöne Erinnerungen mit. | © Andre Schneider

Andre Schneider
12.06.2025 | 12.06.2025, 10:09

Versmold-Bockhorst. Können Sie sich noch an Ihr letztes Vorstellungsgespräch erinnern? Christine Mescher weiß noch genau, wie ihres im Jahr 1997 ablief. „Es war wirklich skurril“, erinnert sie sich. Dass sie rund 30 Jahre später in ihrem Büro sitzen würden und über ihr bewegtes Berufsleben sinnieren würde, daran dachte die gebürtige Bockhorsterin damals freilich nicht. Nun steht sie kurz davor, ihre gemütlichen Räume in der evangelischen Kindertagesstätte in Bockhorst zu verlassen. Wer mit ihr spricht, erlebt eine kleine Zeitreise durch die Kita-Geschichte im Versmolder Ortsteil.

Alles begann wie gesagt 1997. Christine Mescher war in einer Kindertagesstätte in Steinhagen angestellt. Der Zufall brachte sie nach Bockhorst, ihren Heimat- und späteren Wohnort. Sie begann als Inklusionskraft an der Westbarthauser Straße. Das war im März jenen Jahres. Zum 1. August wurde die Leitung der Einrichtung vakant. „Damals hatten wir hier noch so etwas wie Jungschar-Arbeit“, erinnert sich Mescher. Die Bockhorsterin ging also voller Enthusiasmus in die Aufgabe mit den Kindern. Basteln und malen stand auf dem Programm. „Pfarrer Engelbrecht hat mich dann hoch ins Gemeindehaus gebeten“, sagt Christine Mescher. Die Erzieherin trug ihren Malkittel und hatte die Farbe noch an den Händen. „Erst war ich ganz schön überrumpelt“, gibt sie heute zu.

Denn neben dem damaligen Pfarrer saßen einige Presbyter. Die Kirchenvertreter machten der Bockhorsterin ein Angebot: Sie sollte die Leitung der Kindertagesstätte übernehmen. Christine Mescher begann zu überlegen, sagte nach Rücksprache mit ihrer Familie aber zu. Dabei galt sie anfangs in ihrem Beruf sogar als eine „Exotin.“ Mescher konnte aus familiären Gründen wegen der Erziehung ihrer Tochter kein volles Stundenkontingent absolvieren. „Ich war die einzige Leitung mit 30 Wochenstunden in der Umgebung und brauchte dafür eine Sondergenehmigung. Ich musste begründen, wie ich eine Kita so leiten wolle.“

Frau aus Versmold begleitete viele Generationen

Christine Mescher hört als Kita-Leiterin in Bockhorst auf. Das Bild im Hintergrund möchte sie aus ihrem Büro mitnehmen. Es war ein Geschenk. - © Andre Schneider
Christine Mescher hört als Kita-Leiterin in Bockhorst auf. Das Bild im Hintergrund möchte sie aus ihrem Büro mitnehmen. Es war ein Geschenk. (© Andre Schneider)

Die Arbeitszeitmodelle des Fachpersonals haben sich radikal verändert. Inzwischen sind viele verschiedene Stunden- und Arbeitsmodelle möglich. Flexibilität ist im Job von Christine Mescher ohnehin gefragt. Immer wieder haben sich die Bedingungen in der Kindertagesstätte verändert. Den Wechsel zum umstrittenen Kinderbildungsgesetz „Kibiz“ bezeichnet Mescher als Zäsur. „Heute ist das Alltag. Aber damals war es eine große Veränderung. Man musste immer neu schauen.“ Auch die Konzepte haben sich stets verändert. Eine Änderung der pädagogischen Gruppen in kleine Altersmischungen (Kinder im Alter von 1 bis 6 Jahren) bezeichnete Mescher als „einen Meilenstein“ ihrer Arbeit. Dadurch wurden die Gruppenstärken geringer, was viele Vorteile für die Kinder brachte.

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„Christine Mescher ist einer Leiterin, die immer vorausschauend geplant hat“, sagt Pfarrerin Birgit Gillmann über die Pädagogin. Die beiden haben lange und intensiv zusammengearbeitet. „Sie hatte immer die Kinder im Fokus, auch wenn sich viele Dinge geändert haben. Sie hat einige neue Konzepte eingeführt und hatte dafür ein besonderes Händchen.“

„Viele sagen, die Kinder hätten sich verändert“, meint Mescher. Aber sie hält dagegen: „Sie sind offen, neugierig und wissbegierig.“ Das war früher auch schon so. Aber die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Früher war es die Seltenheit, dass der Nachwuchs in der Kita zum Mittagessen blieb. Heute ist das gang und gäbe. Die Zeit, die die Jüngsten in der Einrichtung verbringen, ist länger geworden. Mescher betont: „Die Kita ist das zweite Zuhause geworden.“ Familie habe sich eben verändert.

Berührender Abschied in Versmold am Samstag

Christine Mescher wird nicht mehr so oft in ihrer Funktion als Kita-Leiterin den Eingangsbereich in Bockhorst betreten. - © Andre Schneider
Christine Mescher wird nicht mehr so oft in ihrer Funktion als Kita-Leiterin den Eingangsbereich in Bockhorst betreten. (© Andre Schneider)

Die Kita veranstaltet am Samstag (14. Juni) ein großes Fest. Dann feiert die Einrichtung ihren 30. Geburtstag. Die Feier zum Silberjubiläum fiel wegen Corona aus. Christine Mescher wird zu diesem Anlass verabschiedet. Dann ist noch einmal Zeit, über die vielen kleinen und großen Situationen zu plaudern. Wie den Brand am benachbarten Neubau. Ein Generationenhaus fing Feuer, während es noch nicht einmal fertig gebaut war – Großaufgebot der Feuerwehr inklusive. „Das war verrückt – zumal wir am gleichen Tag die Feuerwehr mit den Kindern besuchen wollten“, so Mescher. Diese Situation war eine der extremen. Aber es gibt auch viele kleine, die in Erinnerung bleiben. „Ein Kind hat ein Bild von mir im Büro gesehen. Es hat gesagt, dass ich darauf noch so jung aussehe“, sagt Christine Mescher. „Dann hat das Kind gesagt, dass ich noch nicht so alt wie die Oma aussehe.“ Darüber muss die Kita-Leiterin lachen.

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Nach der Feier am Samstag wird Christine Mescher noch einige Zeit die Leitung der Kita innehaben. Bis zu den Sommerferien. Danach übernimmt in Maren Becker eine ebenfalls engagierte Kraft in Bockhorst. Christine Mescher möchte die nächste Zeit dann ganz entspannt auf sich zukommen lassen. Ein neues Vorstellungsgespräch, so viel ist sicher, strebt sie jedenfalls nicht mehr an.

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