
Die evangelische Kindertagesstätte in Bockhorst gehört heute zum aktiven Dorfleben des Ortsteils selbstverständlich dazu. Bis sie in ihrer Form so akzeptiert wurde, hat es aber einige Zeit gedauert. Früher war der Kindergarten abgelegen vom Dorf in der einstigen Schule in Siedinghausen untergebracht. In zwei Gruppen trafen sich dort vormittags 50 Kinder überwiegend im Vorschulalter zum Spielen und Basteln. Als die Räume in Siedinghausen umfassend hätten renoviert werden müssen, entschied sich die evangelische Kirchengemeinde als Trägerin zum Neubau. Zum einen, weil es dafür Fördergelder gab, zum anderen weil bei den Dorfbegehungen zuvor mehrfach darauf hingewiesen worden war, dass ein Kindergarten direkt im Dorf doch eigentlich viel besser wäre.
Das Abrufen öffentlicher Mittel war darüber hinaus an eine weitere Voraussetzung geknüpft: an eine Tagesstätte. Für das ländlich geprägte Bockhorst mit familiären Strukturen „die Sensation schlechthin“, wie Christine Mescher sich erinnert. „Die Kinder gingen mittags nach Hause, wo Mama gekocht hat“, fasst sie das damalige Denken zusammen. Entsprechend schleppend wurde die Übermittagsbetreuung zunächst angenommen.
Viel Überzeugungsarbeitet geleistet
20 Kita- sowie 50 Kindergartenplätze gab es verteilt auf drei Gruppen. „Bis sich das Angebot etabliert hatte, musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden“, sagt Christine Mescher. Überzeugungsarbeit vor allem, dass „man keine schlechte Mutter ist, wenn man berufstätig ist und das Kind über Mittag in der Kita bleibt“.
Heute hat sich das Blatt gewendet – die Kita befindet sich nicht nur geografisch im Herzen des Dorfes. Inzwischen besuchen mehr Ganztags- als Kindergartenkinder die Einrichtung. Mit den veränderten Bedarfen habe sich auch immer die Konzeption geändert, sagt Mescher. Insbesondere im Mittagsbereich mit Essensbetreuung, Schlaf- und Ruhediensten benötigt es viel Personal. Und die räumlichen Voraussetzungen. Seit Bestehen des Kindergartens wurde zweimal umfassend an- und umgebaut.
Längst wird im Kindergarten nicht mehr nur gebastelt und gemalt. Individualität habe einen höheren Stellenwert. „Heute geht es darum, wie sich ein Kind fortbildet, und wie es dabei unterstützt werden kann“, beschreibt Christine Mescher. Vieles geschehe in enger Absprache mit den Eltern. „Ein Einjähriger kann zu Hause schließlich nicht so viel erzählen wie ein fünf Jahre altes Kind.“
Bauchgefühl als guter Ratgeber
Insgesamt sind die Anforderungen ans Personal gestiegen. 13 Kräfte in Teil- oder Vollzeit arbeiten aktuell im Bockhorster Kindergarten und betreuen dort 53 Kinder. Die enorme Altersspanne der Kinder (Ein- bis Sechsjährige) ist eine Herausforderung, die tägliche Öffnungszeit von 7 bis 16.30 Uhr eine weitere. „Selbst eine Vollzeitkraft, die 39 Stunden arbeitet, deckt die Wochenöffnungszeit nicht ab“, verdeutlicht Christine Mescher. Dazu kommen gesetzliche Vorgaben und jedes Jahr aufs Neue das Buchungsverhalten und die Bedarfe der Eltern, die die Chefin vor große Herausforderungen stellen. „Hätte ich beruflich was mit Zahlen und Finanzen machen wollen, hätte ich BWL studiert“, sagt sie.Ihren Beruf liebt sie dennoch, trotz aller Veränderungen. „Kinder sind schon immer Kinder gewesen“, so die Bockhorsterin. Das Lebensumfeld aber habe sich geändert. Der Druck, den die Gesellschaft mache und den sich Eltern selbst machten, sei hoch. „Ich sage Eltern dann: Hört auf euer Bauchgefühl, das ist nicht der schlechteste Ratgeber.“ Gerade in Zeiten, in denen beide Elternteile berufstätig sind, zähle die Qualität, nicht nur die Quantität der gemeinsamen Zeit. „Eltern wollen viel für ihr Kind machen. Wichtiger ist es, etwas mit dem Kind zu tun.“
Mit der ganzen Familie können sie nun am Sonntag den 20. Geburtstag des Kindergartens feiern – und teilhaben am Kita-Alltag der Kinder. Zeit für etwas mehr als nur ein Gespräch zwischen Tür und Angel.