
Versmold. „Allen Bürgerinnen und Bürgern soll im öffentlichen Raum Zugang zu qualitativ hochwertigem Trinkwasser ermöglicht werden – das ist Ziel der EU-Trinkwasser-Richtlinie. Diese Richtlinie hat die Bundesregierung mit einer Änderung des Wasserhaushaltgesetzes in deutsches Recht umgesetzt.“ So heißt es in einer Veröffentlichung Anfang 2023. Die Bereitstellung von Trinkwasser an öffentlichen Orten sei „ein wichtiger Beitrag gerade auch mit Blick auf künftige Hitzeereignisse in urbanen Räumen“.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass auch Ärzte und Apotheker in Westfalen-Lippe den Ausbau dieser Angebote fordern. „In Zeiten von Extremwetterlagen mit anhaltenden Hitzeperioden sei es erforderlich, dass die Menschen ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen können“, formulieren es die Kammern in einer gemeinsamen Pressemitteilung im Juli 2024. Ihr Appell an Städte und Gemeinden in der Region: Es sollten mehr öffentliche Trinkwasserspender eingerichtet werden.
Diskutiert wurde genau darüber zuletzt auch in Versmold, die Verwaltung hat Angebote eingeholt – doch öffentliche Trinkwasserbrunnen wird es in Versmold erst einmal nicht geben. Zu dieser Entscheidung ist mehrheitlich der Ausschuss für Mobilität, Energie, Klima und Umwelt in seiner jüngsten Sitzung gekommen. Konkret ging es um zwei viel frequentierte Standorte in der Innenstadt: auf dem Rathausvorplatz und am ZOB am Brüggenkamp als Teil der neuen Mobilstation.
Trinkwasserbrunnen am Versmolder Rathaus würde 25.000 Euro kosten
Insbesondere eine Trinkwasserstelle vor dem Rathaus wäre mit „erheblichen Kosten“ verbunden, erläuterte Fachbereichsleiter Dirk Niggemann. Gut 25.000 Euro würde die Stadt insgesamt investieren müssen. Der Brunnen selbst kostet je nach Variante zwischen 7.650 und 9.300 Euro, dazu kämen eine neue Anschlussleitung, Tiefbauarbeiten und Installation. Selbst nach Inanspruchnahme von Fördermitteln bliebe ein Eigenanteil von mehr als 10.000 Euro. Die jährlichen Betriebskosten für Reinigung und Wartung lägen bei bis zu 3.000 Euro.
Zu viel angesichts der angespannten Haushaltssituation, schlussfolgerte man im Rathaus. Das sahen auch CDU, FDP und UWG so. „Wie viel Wasserkisten könnte man für dieses Geld kaufen?“, meinte Martin Bohle. Für die Christdemokraten komme eine Investition in dieser Größenordnung für einen einzelnen Trinkwasserbrunnen nicht infrage. Klaus Bißmeier von den Grünen sagte dagegen: „Vor dem Hintergrund von Hitzewellen halten wir Trinkwasserversorgung am Rathaus für dringend erforderlich.“
Ganz auf dem Trockenen müssen durstige Bürgerinnen und Bürger in Versmold übrigens nicht sitzen: Zu den Öffnungszeiten des Bürgerbüros steht dort ein Wasserspender zur Verfügung, an dem es kostenloses Wasser zum Nachfüllen von Trinkflaschen gibt. Bei den Politikern kam die Frage auf, ob ein solches Angebot auch an anderen Stellen denkbar wäre, beispielsweise im SB-Foyer der Sparkasse mit längeren Öffnungszeiten.
In Versmold gibt es acht Refill-Stationen

Im vergangenen Jahr hatte die Stadt insgesamt 43 Gewerbetreibende in der Innenstadt angeschrieben und über die Initiative Refill Deutschland informiert. Das Netzwerk ermöglicht es Menschen, ihre Flaschen kostenfrei in Geschäften oder Einrichtungen aufzufüllen. Bundesweit gibt es aktuell rund 8.000 solcher Stationen, erkennbar an einem Aufkleber und eingetragen in einer Karte im Portal https://refill-deutschland.de.
Acht Refill-Stationen befinden sich nach Angaben der Stadt inzwischen in Versmold. Neben den städtischen Angeboten im Bürgerbüro, im Haus der Familie und der Stadtbücherei gehören das evangelische Gemeindehaus an der Petri-Kirche, die Provinzial-Versicherung an der Ravensberger Straße 12, die Sonnenapotheke an der Münsterstraße 11a, Thiel Optik und Akustik GmbH (Münsterstraße 33) und Vahlkamp Computer (Berliner Straße 15) dazu.
Auch die Stadt Borgholzhausen hatte sich aus Kostengründen gegen einen öffentlichen Trinkwasserbrunnen entschieden und stattdessen bei Gewerbetreibenden die Werbetrommel für die Refill-Initiative gerührt. In Steinhagen wiederum ist jüngst erst ein Trinkwasserbrunnen auf dem Marktplatz in Betrieb genommen worden und Halle hat sich nun doch überraschend für die Installation eines öffentlichen Wasserspenders entschieden.
Bürgermeister sieht auch die Bürger in der Pflicht
Ob nun 24/7 auf einem öffentlichen Platz oder zumindest zu Öffnungszeiten von kommunalen Einrichtungen – Versmolds Bürgermeister Michael Meyer-Hermann appellierte in der Sitzung auch an die Verantwortung und Selbsthilfefähigkeit eines jeden Einzelnen, sich an warmen Tagen eine Flasche Wasser mitzunehmen. „Es muss nicht alles von öffentlicher Hand zu nicht vertretbaren Kosten geregelt werden.“
Letztlich lässt die neue Vorgabe der Bundesregierung zur EU-Trinkwasser-Richtlinie den Kommunen Handlungs- und Entscheidungsspielraum. Trinkwasserbrunnen sollen aufgestellt werden, „sofern technisch machbar und es dem lokalen Bedarf entspricht“, heißt es darin.
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