Versmolder Historiker mit dem Blick für die Herzen hinterlässt Besonderes

Versmold. Für sein letztes großes Projekt hatte Dr. Richard Sautmann nicht mehr viel Zeit. Umso entschiedener, voller Elan und ohne Hadern trieb er es voran – kennzeichnend für das Wesen eines Mannes, der mit Stillstand zeit seines Lebens nicht viel anfangen konnte. Also kontaktierte er seinen Vorgänger und Nachfolger Dr. Rolf Westheider – und binnen eines halben Jahres entstand &bdquo;Versmold in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945“. Das Buch basiert auf einer 2007 im &bdquo;Haller Kreisblatt“ erschienenen Artikelserie. Die Demonstration für den Erhalt der Demokratie in Versmold Ende Januar 2024 hatte den Historiker beeindruckt. Und er beschloss, seinen Beitrag gegen das Vergessen diktatorischer Gräuel und für die Wertschätzung unserer freiheitlichen Werteordnung zu leisten. Er tat das in jenem Stil, der ihn laut Weggefährte Rolf Westheider auszeichnete: &bdquo;Ein schöneres Geschenk hättest du uns nicht machen können. Geschichte populär geschrieben, sodass die Menschen es auch nachvollziehen können, das war immer unser Anspruch“, sagt Westheider beim Pressetermin zum Erscheinen des Buches im Versmolder Rathaus im September. Da ist Richard Sautmann aus Hamburg per Video zugeschaltet, seine Krebserkrankung hat den 58-Jährigen bereits so geschwächt, dass er die Mühen einer Anreise nicht mehr auf sich nehmen kann. Was ihn aber nicht daran hindert, optimistisch, kämpferisch und weltoffen auf die Zukunft der Gesellschaft zu blicken: &bdquo;Hoffnung ist alles. Die Zeiten können schwierig und ruppig sein – aber es gibt eine Zukunft. Und es waren immer Menschen da, die sich in die Bresche geworfen haben.“ Sautmann war immer für eine Überraschung gut Von 2000 bis 2008 war Richard Sautmann Stadtarchivar in Versmold und brachte in dieser Funktion einen neuen Blickwinkel auf die Geschichte ein, setzte mutige Projekte um – viele davon in Zusammenarbeit mit Rolf Westheider. &bdquo;Ihm gelang etwas, das nur wenige Historiker anstreben, nämlich auch die Herzen der Menschen zu berühren. Sein Erfolgsrezept: Geschichte ist nicht für den Elfenbeinturm da, sondern für die Menschen“, erinnert sich Westheider heute an den langjährigen Wegbegleiter. Der sich nach längerer Pause im März plötzlich wieder bei ihm gemeldet hatte – und den Historikerkollegen in bewährt mitreißender Manier für sein letztes, großes Projekt begeisterte. Das passte irgendwie zur Geschichte dieses Mannes: &bdquo;Voller Ideen, stets Impulse setzend, nie stehen bleibend, immer Neues wagend und vor allem: Immer für eine Überraschung gut sein, dabei kühn und unkonventionell – so habe ich ihn erlebt“, schildert es Rolf Westheider. Und fügt dann an: &bdquo;Mit Richard wurde es nie langweilig. In schneller Folge löste ein neues Projekt das vorherige ab. In der Zusammenarbeit gab er Takt und Tempo vor. Es ging Schlag auf Schlag. Nicht immer konnte oder wollte man mit dieser Rastlosigkeit Schritt halten.“ Aufbau von Versmolds Stadtmarketing Doch sie führte auch zu bemerkenswerten Projekten des Duos wie der Ausstellung und der darauffolgenden Publikation zur Geschichte des Waldkrankenhauses in Bad Rothenfelde 2007. Sautmann hatte das südliche Osnabrücker und das Ravensberger Land im Blick. Die Fortführung der Stadtchronik, die Zusammenarbeit mit den Heimatvereinen, die Offenheit für die Geschichte von Vereinen und Verbänden und vor allem auch den bedeutendsten ansässigen Firmen: Aufsätze, Festschriften, Bücher und Ausstellungen kamen in rascher Folge. Die acht Jahre in Versmold waren sehr produktiv. Bürgermeister Michael Meyer-Hermann erinnert in diesem Zusammenhang an einen weiteren Aspekt: &bdquo;Ab 2005 baute er als Stadtmarketingbeauftragter diesen Aufgabenbereich rasch auf und aus. &bdquo;Versmold macht Appetit!“ ist bis heute unser Stadtslogan.“ Wechsel nach Hamburg und Aufgabe bei der Nagel-Group Sein historisches Wirken setzte der Autor, der sein Magisterstudium in Oldenburg absolvierte, zwischenzeitlich selbstständig mit eigenem Büro fort. Unter anderem erstellte er eine facetten- und detailreiche Chronik des traditionsreichen Versmolder Fleischwarenherstellers Wiltmann. Seit vielen Jahren hatte Sautmann seinen Lebensmittelpunkt nach Hamburg verlagert, der Ehemann von Marion Nagel fungierte unter anderem als stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender des Logistik-Riesen. Im Herzen jedoch blieb er immer Historiker – und hinterließ im letzten Schritt kurz vor seinem Tod am 7. November eine 120 Seiten starke Botschaft für die Menschlichkeit.

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