Ihre Lkw kennt jeder: Versmolder Nagel-Group feiert 90. Geburtstag

Versmold. Diese Geschichte findet sich auf der Website der Nagel-Group, im Bericht des &bdquo;Haller Kreisblatts“ über den 75. Geburtstag des Logistik-Konzerns – eigentlich in jeder Publikation über die Historie eines der bedeutendsten Versmolder Unternehmens. Wie Kurt Nagel und sein Bruder Rudolf 1935 den Grundstein für eine beeindruckende Unternehmensgeschichte legten: mit nur einem Lkw und dem Wohnzimmer als Büro. Wenn man ehrlich ist, dürften wohl viele Unternehmensgeschichten so beginnen: in Wohnzimmern, Küchen oder Garagen. Improvisiert eben, ohne großes Kapital, nur mit einer Idee. Was die Geschichte des 26-jährigen Kurt Nagel so besonders macht, ist nicht unbedingt ihr Beginn. Sondern ihre Fortsetzung. Am 22. Mai 2025 feiert der einstige Wohnzimmer-Betrieb seinen 90. Geburtstag: mehr als 11.000 Mitarbeitende europaweit erwirtschaften in 30 Ländern mit temperaturgeführter Logistik nach Unternehmensangaben einen Jahresumsatz von 2,3 Milliarden Euro. 7.000 Kühltransporter seien für die Nagel-Group auf den Straßen unterwegs, 105.000 Sendungen würden täglich bewegt. Das für den Erfolg so essenzielle Netzwerk sei mittlerweile auf 130 Standorte angewachsen, an denen 1,8 Millionen Paletten-Stellplätze vorgehalten würden. Ein Gigant der Logistik. Kurt Nagel baut neuen Firmensitz in Versmold Was aus seiner Idee werden wird, kann der Gründer damals sicher noch nicht ahnen. Doch baut er sein &bdquo;Gebrüder Nagel Fernverkehrsunternehmen“ kontinuierlich und zielstrebig aus. Ab 1952 ohne Bruder Rudolf, der fortan andere Wege geht. Kurt Nagel hingegen nutzt diese kleine Zäsur für entscheidende Weichenstellungen aus: Er kauft ein neues Betriebsgelände an der Friedrich-Menzefricke-Straße in Versmold – heute noch der Verwaltungssitz des Unternehmens – und verstärkt die Expansionsbemühungen. 1956 wird das Unternehmen in &bdquo;Kraftverkehr Nagel“ umbenannt. Und in den folgenden Jahrzehnten entsteht jenes Netz an Niederlassungen, das für die Verantwortlichen einer der größten Erfolgsfaktoren für den Lebensmittel-Logistiker sein wird. Denn zwar verläuft das Wachstum bei Nagel rasant, aber der Markt wird zunehmend umkämpfter, die Renditen sind schwer verdient. Spätestens nach dem Jahrtausendwechsel bekommt es Nagel mit immer größeren, anspruchsvollen Kunden zu tun, die zunehmend eigene Kapazitäten aufbauen. Und der Druck in der Branche wächst stetig. Bernhard Heinrich, damals Sprecher der Geschäftsführung, brachte es zum 75. Geburtstag von Nagel 2010 auf den Punkt: &bdquo;Natürlich werden wir in gewisser Weise zum Wachstum getrieben, weil wir darauf angewiesen sind, unsere Kapazitäten optimal auszulasten. Wachstum bedeutet Kostenoptimierung.“ Versmolder Logistiker hat 1980 mehr als 1.000 Mitarbeitende Nach dieser Devise verfährt von jeher auch Kurt Nagel. 1959 baut er in Hamburg die erste Niederlassung auf, 1969 sind für Nagel bereits 150 Mitarbeitende tätig. Das Netz wächst stetig, allein 1976 werden vier neue Standorte in Bochum, Hilden, Frankfurt und Fürth gegründet. Durch die Übernahme der Bielefelder Spedition Gebrüder Mönkemöller 1980 steigt die Mitarbeiterzahl bei Nagel auf mehr als 1.000. Spannende Einblicke: Fast 1.000 Lkw am Tag: Versmolder Unternehmen Nagel öffnet Mega-Kühlhaus 1982 steigt Kurt Nagels Sohn Kurt Nagel junior in das Unternehmen ein – da ist er kaum 20 Jahre alt. Und schon 1985 tritt er als geschäftsführender Gesellschafter an die Spitze des Logistikers und setzt mit der gleichen Zielstrebigkeit das Lebenswerk seines Vaters fort, der 1992 stirbt. Da hat Nagel in den Niederlanden bereits die erste ausländische Tochtergesellschaft gegründet (1987) und sein Geschäft nach der Wiedervereinigung sofort systematisch in die &bdquo;neuen Bundesländer“ ausgedehnt. Denn nur wenn das Netzwerk umfassend und dicht ist, erfüllt es auch seinen Zweck. Die Gründung der ersten osteuropäischen Gesellschaft in Polen 2002 ist genau so ein Meilenstein im Unternehmen wie die Einweihung der neuen Niederlassung in Borgholzhausen – die damals als die größte Speditionsanlage ihrer Art in Europa gilt. Tod von Kurt Nagel versetzt Versmolder Unternehmen in Schockstarre Dem Wachstum und der Erfolgsstory von Kraftverkehr Nagel scheinen keine Grenzen gesetzt – bis das Unternehmen plötzlich ein Schock ereilt: der völlig überraschende Tod von Geschäftsführer Kurt Nagel am 16. Februar 2008 mit gerade einmal 46 Jahren. Stammsitz im Wandel: Versmolder Unternehmen baut spektakulär um Der Logistik-Konzern muss sich von diesem Verlust erst einmal erholen. Sohn Tobias Nagel, selbst erst 26 Jahre alt, wird langsam an mehr Verantwortung herangeführt. Heute sitzt er als Gesellschafter wie Schwester Beatrice Mentis im Verwaltungsrat, dessen Vorsitz seine Mutter Marion Nagel innehat. In diesem Gremium sollen Vertreter des Familienunternehmens den Managern auf die Finger schauen und die Leitlinien des Logistikers vorgeben. Im operativen Geschäft hat seit 2018 Carsten Taucke als CEO die Fäden in der Hand, Jens Kleiner fungiert als COO (Chief Operating Officer), Michael Lütjann ist CIO (Chief Information Officer) und Dr. Holger Werthschulte CFO (Chief Financial Officer). Neuer Chef setzt in Versmold auf Sparmaßnahmen Taucke hat dem über viele Jahre so prosperierenden Konzern in Deutschland aktuell einen strikten Sparkurs verordnet. So gilt derzeit ein genereller Einstellungsstopp, auch die kaufmännischen Ausbildungsaktivitäten sollen in diesem Jahr ruhen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erforderten vom Konzern, der schon seit 2012 die Marke &bdquo;Nagel-Group“ in den Vordergrund rückt, eine hohe Kostendisziplin, heißt es dazu vom Unternehmen. &bdquo;Branchenweite Konsumveränderungen sowie ein anhaltend hoher Kosten- und Wettbewerbsdruck“ machten diese Strategie nötig. Hintergrund: &bdquo;Das schlechteste Jahr in der Geschichte“ Dabei sind die nackten Ergebnis-Kennzahlen gar nicht so schlecht, wie aus den Finanzberichten hervorgeht, die im Unternehmensregister hinterlegt sind. Womöglich spielen hier die generelle Vorsicht beim Traditionsunternehmen und ein brutal effizienzorientiertes Management zusammen: Taucke verkaufte seit 2017 insgesamt 34 Gebäude in Deutschland und Dänemark an zwei verschiedene Investoren, um sie langfristig anzumieten. Und führte bereits 2019 ein &bdquo;Transformationsprogramm“ mit Arbeitsplatzabbau in Versmold durch. Alles Maßnahmen, um den Konzern schlanker und nach Vorstellungen des Managements flexibler aufzustellen. Auch Tochtergesellschaften wurden auf diesem Weg aufgegeben. Nagel-Group investiert an vielen Standorten in Nachhaltigkeit Parallel baut die Nagel-Group ihr Netzwerk – zumindest in Regionen, in denen sie noch Potenzial sieht – weiter aus und investiert immer wieder mit Partnern vor Ort in neue Standorte oder deren nachhaltige Modernisierung. Vor allem von der Energieeinsparung verspricht sich die Nagel-Group erhebliche Effekte bei der Wirtschaftlichkeit des so kostspieligen Transport- und vor allem Lagergeschäfts. Das Nagel-Netz ist seit seinen Hochzeiten also kleiner geworden, dennoch investiert der Konzern auch weiterhin gezielt in Standorte mit großer Bedeutung. So wie es sich Kurt Nagel in seinem Wohnzimmer womöglich schon 1935 ausgemalt hat. Vielleicht war er aber auch nur besonders gut darin, Chancen zu erkennen, als sie sich ihm boten und dann beherzt zuzupacken. Doch egal, ob Vision oder Entschlossenheit die Entwicklung dieses Familienunternehmens zum Konzern angetrieben haben – besonders bleibt sie in jedem Fall. Aktuelle News bekommen Sie täglich über den WhatsApp-Kanal des HK

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