Kino vor Comeback: Jungunternehmer hat Interesse am Standort Versmold

Versmold/Warendorf. Ein eigenes Kino hat Versmold schon lange nicht mehr. In den vergangenen Jahren konnte zumindest bei Filmabenden in der Kulturbühne etwas Kino-Luft geschnuppert werden. Jetzt soll das Angebot ausgebaut werden. Bürgermeister Michael Meyer-Hermann informierte die Politik darüber, dass Gespräche mit dem Betreiber des Warendorder Kinos Scala laufen. &bdquo;Er kann sich gut vorstellen, hier Kino anzubieten, wir klären gerade Details.“ Eine Nachricht, die viele Versmolder freuen dürfte. In den vergangenen 20 Jahren ist die Zahl der Kinos in Deutschland zurückgegangen. Laut Marktdaten der Filmförderanstalt mit Sitz in Berlin gab es im Jahr 2002 noch 1.844 Spielstätten. Genau 100 weniger waren es Ende 2023. 278 davon befinden sich in NRW - nur Bayern hat mehr Kinos. Zuletzt haben die Versmolderinnen und Versmolder den negativen Trend quasi vor der eigenen Haustür zu spüren bekommen. Vor gut einem Jahr schlossen die Kur-Lichtspiele in Bad Rothenfelde, die bis dahin nächstgelegene Möglichkeit für einen Filmabend vor großer Leinwand. Die Organisatoren des Versmolder Kinobusses mussten sich eine Alternative suchen. Im April 2023 stellten sie in Johannes Austermann einen neuen Partner vor. Seitdem rollt der Bus regelmäßig zum Scala in Warendorf. Gleichzeitig rief die Stadt eine neue Veranstaltungsreihe ins Leben: Jeden Monat zeigte sie in der Kulturbühne (vormals Aula) einen Film. Dank einer Förderung des Landes NRW hatte die Verwaltung eine hochmoderne Kinoausstattung mit Leinwand, Tonanlage und Beamer anschaffen können. Vermolder sollen ein Kino-Wohfühl-Paket bekommen Zwei Spielzeiten hat die Verwaltung in Eigenregie durchgeführt, &bdquo;mit wechselhaftem Erfolg“, fasst Bürgermeister Meyer-Hermann zusammen. Mit der Zeit reifte die Idee, das Projekt in professionelle Hände zu geben. Von einer Zusammenarbeit mit dem Warendorfer Kino-Betreiber erhofft sich der Verwaltungschef künftig ein &bdquo;attraktives Angebot“. Vom &bdquo;Haller Kreisblatt“ auf die Pläne angesprochen, zeigt sich Johannes Austermann sehr angetan von den Voraussetzungen, die die Kulturbühne bietet. &bdquo;Ich war positiv überrascht, sie hat mir sehr gut gefallen“, sagt er und spricht von &bdquo;idealen Bedingungen“ für ein Kinoerlebnis. In der technischen Ausstattung sei die Location mit einem echten Kino vergleichbar: Projektor, Sound, Leinwand, der Saal an sich. Einziges Manko: Filmverleiher arbeiten mit sogenannten DCPs (Digital Cinema Packages). Der Versmolder Projektor ist für diese digitale Filmkopien nicht ausgelegt, weshalb nur Filme aus dem Blu-ray-Segment gezeigt werden können. Also nicht die ganz aktuellen Streifen. Johannes Austermann schweben verschiedene Formate für Versmold vor, beispielsweise Klassiker-Abende, Ferienkino für den Nachwuchs, Filme für Jugendliche oder Senioren-Kino mit Kaffee und Kuchen. Je nachdem, was die Versmolder sehen und erleben möchten. Mit Popcorn, Nachos und Getränken - mit allem, was zu einem &bdquo;Kino-Wohlfühl-Paket“ gehört, wie er sagt. Seine Vorstellung ist, dass er ab Herbst zwei- bis drei Mal im Monat die Kulturbühne bespielt. &bdquo;Ich hoffe, dass es ein Erfolgsmodell wird.“ Bei entsprechender Resonanz wäre mittelfristig auch denkbar, in die Umrüstung des Projektors zu investieren, damit auch aktuelle Blockbuster in Versmold gezeigt werden könnten. Zudem möchte Austermann einen eigenen Ansprechpartner für Versmold beschäftigen. Jungunternehmer ist begeisterter Cineast Der 28-Jährige ist jedenfalls motiviert, das Kino zurück nach Versmold zu bringen und damit ein stückweit einen Kreis zu schließen. Sein Vorgänger in Warendorf, Wilhelm Cordes, war es, der einst in Versmold ein Kino betrieb. &bdquo;Meine Eltern waren damals dort“, erzählt Austermann. Anfang 2019 verabschiedete sich Wilhelm Cordes in Warendorf in den Ruhestand. Angesichts der Entwicklungen der Branche war der Schritt, den Johannes Austermann seinerzeit wagte, durchaus außergewöhnlich: Der gelernte Bankkaufmann wechselte die Branche und machte sich mit nur 22 Jahren als Kino-Betreiber selbstständig. &bdquo;Mit großem familiären und privaten Rückhalt hauchten wir dem traditionellen Lichtspielhaus neues Leben ein und stellten es zukunfts- und krisensicher auf“, schreibt Austermann über sein Herzensprojekt. Der Warendorfer bezeichnet sich als &bdquo;großen Cineast“ und war bereit, dafür das sichere Angestelltenverhältnis aufzugeben. Bei allen Herausforderungen: Um die Zukunft ist dem Jungunternehmer nicht bange. Selbst die Corona-Zeit konnte ihn nicht bremsen. &bdquo;Kino verbindet Menschen und es ist ein Stück Kultur“, sagt Johannes Austermann im Telefonat mit dem &bdquo;Haller Kreisblatt“ und freut sich über guten Zulauf. Am vergangenen Wochenende hätten beispielsweise mehr als 500 Besucherinnen und Besucher bei ihm &bdquo;Alles steht Kopf 2“ gesehen. &bdquo;Die Menschen möchten ausgehen, möchten etwas erleben“, sagt der 28-Jährige. In Streamingdienst sieht der Kino-Betreiber deshalb keine Konkurrenz. Beim Kinobesuch gehe es nicht allein darum, einen Film zu gucken. Open-Air-Kino in Versmolds Nachbarschaft Das Scala befindet sich im historischen Stadtkern von Warendorf in der Klosterstraße 5 und hat eine lange Tradition. Der Ursprung liegt im Jahr 1950. Es verfügt über zwei Kinosäle: einer für 168 Personen und einer für 70. Im Innenbereich befindet sich ein neu gestaltetes Café mit 25 Sitzplätzen. &bdquo;Ich habe nie über die Risiken nachgedacht, sondern immer nach vorne geschaut: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt“, sagt Austermann. Auf seinem Weg probiert er gerne Neues aus. So bietet er diesen Sommer erstmals das Open-Air-Kino im Sassenberger Freibad mit vier Terminen an. Im Herbst startet, laufen die Gespräche wie geplant, dann der erste Kino-Abend in der Versmolder Kulturbühne unter seiner Regie. Die Zusammenarbeit mit der Stadt Versmold sei &bdquo;spitzenmäßig“, lobt Johannes Austermann. Bei dem einen oder anderen dürften Erinnerungen an die Kino-Zeit aufkommen. Früher gab es an der Wiesenstraße und schließlich an der Ravensberger Straße ein Kino. Später organisierte Vorführer Wolfgang Diewald an der Gestermannstraße im Saal des Gasthauses Froböse regelmäßig Filmvorstellungen. Im Mai 1992 endete dieses Kapitel mit dem Kultfilm &bdquo;Rocky Horror Picture Show“ - nun sieht alles nach einem Comeback der Kino-Tradition aus.

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