Mit Backstube und Bistro: Versmolder Biolandwirt eröffnet neuen Hofladen

Versmold. Noch herrscht Baustellen-Trubel mit allem, was dazugehört. An der einen Stelle braucht es einen großen Schritt, um gerade frisch verlegte Leitungen nicht zu berühren. Dann wieder ist Obacht angesagt, um nicht zu stolpern. Zwischendurch Lärm durch Maschinen, die das Gespräch erschweren. Feiner Staub von den Holzarbeiten liegt in der Luft. Es gibt immer wieder Abstimmungsbedarf mit Architekten und Handwerkern. Abriss und Neubau, so sagt Matthias Hoffmeier, wären vielleicht einfacher gewesen. Für ihn aber keine Option. Der Landwirt aus Hesselteich und seine Ehefrau Pirjo Schack wissen, dass die Baustelle an der Oesterweger Straße 52 für alle Beteiligten anspruchsvoll ist. Auch für erfahrene Handwerker, die im Sinne von Nachhaltigkeit ein möglichst umweltfreundliches Bauprojekt umsetzen sollen. Hoher Holzanteil, wenig Stahl, Beton oder Styropor. Das, was von dem fast 100 Jahre altem Gebäude erhalten werden kann, bleibt erhalten. "Wir kommen teilweise an unsere Grenzen", gesteht der Bauherr, lässt sich davon aber nicht entmutigen. "Es soll authentisch sein", sagt der 57-Jährige. Und seine Frau ergänzt. "Das entspricht unserem Denken." Trotz Baustellen-Trubel: Das "Haller Kreisblatt" darf sich schon einmal im künftigen Ladenlokal umschauen. Hinter der Eingangstür werden - wie in vielen Lebensmittelmärkten - zunächst Obst- und Gemüsebereich zu finden sein, außerdem die Getränkeabteilung. Dann geht es in den Hauptraum, wo links mit Blick durchs große Deelenfenster eine Bistro-Ecke entstehen wird. Für eine Tasse Kaffee nach dem Einkauf, für ein Pläuschchen mit guten Bekannten. Einkaufen hat eben nicht nur Nutzen, sondern auch einen sozialen Aspekt. Jeden Tag soll ein Mittagstisch angeboten werden - entweder zum Verzehr vor Ort oder zum Mitnehmen. Gerichte aus regionalen Bioprodukten, Fachfrau dafür ist Ökotrophologin Pirjo Schack. Landwirt plant größeres Sortiment und mehr Umsatz Wichtiger Teil im Markt ist außerdem die Theke, an der Frischfleisch, Wurst und Käse angeboten werden. Es gibt Regale für Milchprodukte, Wein, Kosmetik, Backwaren und alle möglichen anderen Produkte des täglichen Bedarfs. Für all das ist auf mehr als 200 Quadratmetern Platz. "Ein kleiner, normaler Lebensmittelmarkt mit persönlichem Charakter", beschreibt das Ehepaar. Alles Bio. Neu ist, dass künftig in einer kleinen Backstube auch selbst gebacken werden soll. An einigen Tagen sollen hofeigene Brotsorten in den alten Ofen, der noch aus dem Ursprungsjahr des Gebäudes stammt und nun reaktiviert wird. Weiterhin wird Hoffmeier von Bio-Bäckereien mit Backwaren beliefert. Etwa 1.500 Artikel wird er insgesamt im Sortiment haben und damit das Angebot von bisher 1.200 erweitern. Sein Ziel hat der 57-Jährige klar definiert. "Wir wollen den Umsatz verdoppeln." Dafür braucht es zusätzliches Personal zu den bisherigen Angestellten (zwei Vollzeitkräfte sowie vier Minijobber). Matthias Hoffmeier möchte eine Marktleitung einstellen, die ihn als Chef bei Personalplanung und Ladenentwicklung unterstützt. Der 57-Jährige erhofft sich dadurch außerdem wieder mehr Zeit für die Bewirtschaftung seiner 26 Hektar Anbaufläche haben. Die Idee, mit dem alt eingesessenen Bioladen zurück zum Hof zu ziehen, schwirrt dem Paar schon länger im Kopf herum. Die konkrete Planung begann vor etwa zwei Jahren, der Bau im Herbst 2022. Nun, wo das ambitionierte Projekt auf die Zielgerade geht, herrscht wie so oft ein gewisser Zeitdruck. Die ursprüngliche Pläne, im August zu eröffnen, können nicht ganz eingehalten werden. Spätestens Mitte September aber soll alles fertig eingerichtet sein und ein neues Kapitel aufgeschlagen werden. Zuvor wird der Abverkauf an der bisherigen Adresse in der Oesterweger Ortsmitte laufen. In Nachbarschaft zu Versmolds erster Dorfküche Die Hesselteicher Hofstelle gehört zu den prägenden Adressen des kleinsten Versmolder Ortsteils. Die bekannte Fassade fällt vielen bei der Durchfahrt auf. 1972 stellte Matthias Hoffmeiers Vater Walter Hoffmeier auf ökologische Landwirtschaft nach Standards des Anbauverbandes Demeter um. Nachdem Matthias Hoffmeier 1992 den Betrieb übernahm startete er mit der Direktvermarktung in der Scheune. Immer freitags nachmittags, fünf Jahre später im kleinen Hofladen schon an zwei Tagen in der Woche. Einen großen Schritt ging der Landwirt 2011, als er in Oesterweg einen deutlichen größeren Standort gegenüber vom kleinen Lebensmittelgeschäft Margenau bezog. In Hesselteich eröffnete sich dadurch die Möglichkeit für ein Mehrgenerationen-Wohnprojekt. Matthias Hoffmeier und Pirjo Schack haben außerdem den Hesselteicher Dorfverein mit aufgebaut und auf ihrem Hof Versmolds erste Dorfküche initiiert. Antrieb für ihr Handeln ist stets der Nachhaltigkeitsgedanke. Der Nachteil des Standortes in Oesterweg: Hof und Verkaufsstelle lagen fortan einige Kilometer auseinander. Genau das aber erwarteten die Kunden inzwischen. "Die Zeiten haben sich geändert. Heute muss der Laden am Hof sein", schildert der Hesselteicher. Bald gibt es Bio-Bauernmarkt, Biohof und Dorfküche vereint an einer Adresse. Regionalwert AG Münster als wichtiger Partner Der Umbau des früheren Schweinestalls und der späteren Scheune ist so etwas wie sein Herzensprojekt - dafür nimmt Matthias Hoffmeier Stress und unternehmerisches Risiko mit 57 Jahren noch einmal in Kauf. "Klar, es muss sich auch rechnen", sagt Matthias Hoffmeier. Ohne Fördermittel vom Land sowie der Regionalwert AG Münsterland als Partner wäre das Projekt finanziell nicht zu stemmen gewesen. Die Bürgeraktiengesellschaft wurde 2021 gegründet mit dem Ziel, nachhaltig wirtschaftende Betriebe der regionalen Land- und Ernährungswirtschaft zu unterstützen. Bisher bestehen sieben Beteiligungen - eine davon ist der Hesselteicher Bio-Bauernmarkt. "Die Beteiligungen der Regionalwert AG wirken bei dem Partnerbetrieb wie Eigenkapital. Dadurch vermindert sich das einzelbetriebliche Risiko und verbessert sich die Liquidität des Betriebs", heißt es dazu auf der Internetseite der AG. Matthias Hoffmeier ist überzeugt von dem Gedanken, sich enger zu vernetzen und gemeinsam die Landwirtschaft samt Direktvermarktung voranzubringen. "Wir möchten auch andere Bauern motivieren, umzustellen und den Weg zu gehen", sagt der 57-Jährige. Der neue Standort bietet ausreichend Platz dafür: Andere Berufskollegen sollen dort perspektivisch die Möglichkeit erhalten, ihre Produkte selbst zu verkaufen. So muss der Kunde nicht verschiedene kleinere Läden anfahren, sondern kann den Wocheneinkauf an einer Adresse erledigen. Büro für Co-Working über dem Hofladen Matthias Hoffmeier sieht in seinem Konzept einen wichtigen Beitrag zur "Nahversorgung der Zukunft". Um die Zukunft seines Familienbetriebes macht er sich keine ernsten Gedanken. "Ich bin der festen Überzeugung, dass ihn jemand übernehmen wird." Die Grundlage dafür schafft das Ehepaar gerade. Und noch etwas entsteht an der neuen alten Adresse: Über dem Bio-Bauernmarkt befindet sich Bürofläche. Für den Betrieb selbst, aber auch in Form eines Co-Working-Spaces. Modernes Arbeiten unter alten Dachbalken - das gibt es so in Versmold auch noch nicht.

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